Der Fall „Tradologic"
Prozess wegen Trading-Megabetrugs geht weiter

- Mehr als 200.000 Millionen Euro sollen die Betrüger insgesamt 100.000 Opfern geraubt haben. Vor Gericht wurde gestern und heute die mutmaßliche Rolle der Software „Tradologic" bei diesen kriminellen Machenschaften thematisiert.
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Am Landesgericht Salzburg wurde gestern und heute der Prozess rund um einen weltweiten Anlagebetrug fortgesetzt. Zwei Israelis (43 und 46) müssen sich wegen ihrer mutmaßlichen Rolle in dem Fall verantworten. Ihre Software „Tradologic" soll für die Betrügereien genutzt worden sein.
SALZBURG. Weltweit soll durch den Trading-Betrug ein Schaden von knapp 200 Millionen entstanden sein. Circa 4.500 Österreicher verloren durch die Machenschaften des internationalen Täternetzwerks in etwa zehn Millionen Euro. Die Opfer glaubten, mit ihren Investitionen in „profitable„ Anlageoptionen viel Geld verdienen zu können. Ihnen wurden die Gewinne aber lediglich vorgetäuscht. Ihr Geld sahen sie nie wieder.
Jahrelange Ermittlungen
Über Jahre hinweg ermittelte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) im Falle eines groß angelegten internationalen Tradingbetrugs. Mit einer Vielzahl von verschiedenen Firmen, Websiten und Investitionsoptionen (zum Beispiel xTraderFX, OptionStars/OptionStarsGlobal, GoldenMarkets, SafeMarkets oder option888) wurden Personen zum Kauf von Finanzprodukten animiert. Eine wesentliche Rolle dabei spielten auch in verschiedenen europäischen Ländern wie Bulgarien, Montenegro, Bosnien, Georgien und der Ukraine aktive Call-Center. Über diese soll die Kundenakquise stattgefunden haben sowie die bestehenden Kunden zu weiteren Investitionen „motiviert" worden sein.
Das Trading soll über Software wie „Tradologic" oder „PandaTS" durchgeführt worden sein. Der Anklage zufolge wurde das Trading über diese Programme manipuliert. Den Kundinnen und Kunden sollen so Gewinne vorgegaukelt worden sein, während ihr Geld bereits im Geldwäschenetzwerk versickerte. Auch soll man den Opfern plötzliche Totalverluste vorgetäuscht haben. In diesen Fällen ermutigte man sie dann zu weiteren Investitionen, um ihre Verluste wieder „wettzumachen"

- Die WKSTA ermittelte einige Jahre in dem Fall rund um das betrügerische Netzwerk. Erst im Mai wurde ein Mitglied am Salzburger Landesgericht nicht rechtskräftig verurteilt.
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Erste Verurteilungen
Im Herbst 2020 wurde in Wien der mutmaßliche Haupttäter des Netzwerkes (ein Israeli, der als „Wolf von Sofia" bezeichnet wird), wegen Betrugs und Geldwäscherei zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Im Prozess in Salzburg wurde ein weiteres Mitglied der Gruppe, ein 33-jähriger Kosovare, zu 18-Monaten unbedingter Haft nicht rechtskräftig verurteilt. Auch in Deutschland gab es bereits Verurteilungen.
Die Rolle von Tradologic
In der Fortsetzung der Verhandlung am 6. Juli und 7. Juli setzte man sich am Landesgericht Salzburg vor allem mit der Rolle der Software „Tradologic" und ihrer Führungskräfte auseinander. Den beiden angeklagten israelischen Staatsbürgern im Alter von 43 und 46 Jahren wird vorgeworfen, in die Machenschaften des betrügerischen Netzwerkes involviert gewesen zu sein und diese mit ihrer Software unterstützt zu haben. Zu diesem Zweck wurden am Donnerstag und Freitag mehrere Zeugen einvernommen.
Das sagen die Zeugen
Zwei der befragten Zeugen belasteten insbesondere den bereits in Wien verurteilten „Wolf von Sofia" schwer. Bei ihnen handelt es sich um einen Manager mehrerer Call-Center und einen Back-Office Manager. Auch sie sind aus Israel und sitzen derzeit in Deutschland ihre Haftstrafen wegen ihrer Beteiligung in dem Betrugsnetzwerk ab. Die zwei bezeichnen den mutmaßlichen Haupttäter als sehr manipulativ. Er sei ein Lügner durch und durch und versuche ihnen und Ilan mit seinen Aussagen bewusst zu schaden.
Der Call-Center Manager betonte, dass er, bevor er den „Wolf von Sofia" kennenlernte, bereits jahrelang Call-Center betrieben und nie gegen das Gesetz verstoßen hatte. Der Mitte dreißigjährige Haupttäter habe es geschafft, einen Menschen, der zuvor nicht einmal einen Strafzettel erhalten hatte, in die Drogensucht zu stürzen und zu rechtlich problematischen Handlungen zu verleiten. Die Jahre der Zusammenarbeit seien sehr hart gewesen.

- Die befragten Zeugen belasteten vor allem den bereits verurteilten als „Wolf von Sofia" bekannten mutmaßlichen Haupttäter. Die Rolle der beiden Angeklagten ist noch unklar.
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Der Wolf von Sofia
Die Rolle der beiden angeklagten Führungskräfte von „Tradologic" im Bezug auf den Tradingbetrug ist nach den Zeugenaussagen nach wie vor nicht ganz klar. Fest steht jedenfalls, dass einer von ihnen intensiven geschäftlichen Kontakt mit dem mutmaßlichen Haupttäter hatte. Dabei war in der Verhandlung auch die Rede von gemeinsamen Brands, geschäftlichen Meetings und regem E-Mail Verkehr. Auch eine geschäftliche Auseinandersetzung zwischen dem „Wolf von Sofia" und dem 43-jährigen angeklagten „Mastermind" hinter „Tradologic" wurde mehrmals erwähnt.
Gegenüber den RegionalMedien Salzburg betonte, der 43-jährige jedenfalls, dass ihn keine Schuld treffe. Seine Firma habe lediglich die Software für das Trading zur Verfügung gestellt. Der „Wolf von Sofia" und seine Komplizen hätten dann auf verschiedenste Weise die Transaktionen manipuliert, unter anderem auch durch die Aktivitäten der Call-Center Mitarbeiter. Ihn, seinen Kollegen und ihre Firma „Tradologic" trifft aus seiner Sicht keine Schuld. Er wittert in dem ganzen eine Defamierungsaktion seines verurteilten früheren Geschäftspartners.
Statements der Ermittler
Auch zwei deutsche Ermittler aus Saarbrücken wurde heute vor Gericht als Zeugen befragt. Sie beschäftigten sich insbesondere mit der Investmentplattform Option888 sowie auch mit weiteren solcher Brands. Sie schilderten den typischen Verlauf bei einem der Scams.
Das Opfer sieht online eine Werbung zu einer der Trading-Plattformen und beschließt nach einem Blick auf die Website sich anzumelden. Dies kostet eine Gebühr von 250 Euro. Er wird dann von einem Broker kontaktiert, der ihm alles erklärt und ihn zu ersten Tradings animiert. Üblicherweise können dann die Betroffenen eine Zeit lang selbst traden, kommen damit aber meistens weder zu großen Gewinnen oder Verluste. Dann werden sie von einem sogenannten Retention-Manager kontaktiert, der sie als Broker bei den Transaktionen begleitet. An diesem Punkt laufen dann ein paar Trades positiv ab.

- Zwei deutsche Ermittler waren heute als Zeugen geladen. Aus ihrer Sicht wurde definitiv mittels „Tradologic" manipuliert.
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Das Opfer bekommt so das Gefühl, dass mit dem kompetenten Betreuer nun alles sehr gut läuft und will mehr investieren. Die Geschäftsbeziehung wird ausgebaut. An dem Punkt, an dem das Opfer dann nicht mehr zu weiteren Investitionen animiert werden kann, werden riskante Trades initiiert, bei denen dem Anschein nach das ganze Geld verloren geht. Dann bricht der Kontakt ab.
Ein paar Wochen später meldet sich ein Call Center Mitarbeiter. Dieser behauptet, dass der Broker Mist gebaut hat und dadurch das Geld des Opfers verloren gegangen ist. Der vorherige Betreuer sei also gefeuert worden und er werde dem Opfer helfen, mit guten Investitionen sein Geld zurückzugewinnen. Und weiter dreht sich die betrügerische Spirale.
Den Angaben der Ermittler zufolge sei man sicher, dass die Transaktionen über die Software „Tradologic" manipuliert worden seien. Ein einschlägiges Tool sei dabei das sogenannte Watch Level 12 gewesen. Im Rahmen einer Hausdurchsuchung in Bulgarien seien auch Daten sichergestellt worden, die darauf hindeuten würden, dass mit „Tradologic" manipuliert wurde.




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