Naturschutz
Bürgermeister befürchten Landflucht durch EU-Verordnung

Salzburger Bürgermeister der "Europa 2027 Steuerungsgruppe" mit Organisatorin Gritlind Kettl und Vortragenden Georg Juritsch (5.v.li.). | Foto: Julia Hettegger
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Salzburger Bürgermeister stehen der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur kritisch gegenüber. Der Salzburger Experte Georg Juritsch sieht das Bundesland hingegen in einer sehr  günstigen Ausgangslage.

SALZBURG. Neun Salzburger Bürgermeister der "Europa 2027 Steuerungsgruppe" ließen sich die kürzlich beschlossene EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur aus erster Hand erläutern. Mitte Juli wurde im Plenum des Europäischen Parlaments trotz ablehnender Haltung der derzeit größten Fraktion im Europäischen Parlament die Verordnung mit knapper Mehrheit beschlossen. Österreich hat sich im Rat enthalten. >>HIER<< liest du mehr darüber.

Umstrittener "Artikel 9" gestrichen 

Allerdings gab es viele Änderungsanträge und Abschwächungen im Text. Insbesondere wurde vom EU-Parlament die Streichung des umstrittenen "Artikel 9" beantragt. Darin geht es um agrarische Ökosysteme, und zwar um den Schmetterlingsindex, Landschaftselemente, Humus in Ackerböden und Wiedervernässung trockengelegter Torfmoorflächen.

Rat vertritt schärfere Position als Parlament

"Rat und Kommission haben in ihrem Gesetzesantrag aber die umstrittenen Punkte des Artikel 9 noch drinnen. Es folgen mehrere Trialogveranstaltungen zur Kompromissfindung. Ein möglicher Beschluss kann Ende des Jahres erfolgen, ein Inkrafttreten frühestens Mitte 2024", erklärt Salzburgs Referatsleiter für Agrarwirtschaft und Bodenschutz, Georg Juritsch, der die Bürgermeister ausführlich über die EU-Verordnung informierte. 

"Die Verwirrung ist daher – auch unter unseren Salzburger Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern – groß", sagt Gritlind Kettl, Leiterin der Stabsstelle EU-Bürgerservice und Europe Direct Land Salzburg, Organisatorin der Sitzung in der Steuerungsgruppe. Erstmalig sei es so, dass der Umweltministerrat eine schärfere Position als das Europäische Parlament vertrete.

Gritlind Kettl, Leiterin der Stabsstelle EU-Bürgerservice und Europe Direct Land Salzburg | Foto: Julia Hettegger
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Landflucht befürchtet

Kritisch zeigten sich die anwesenden Salzburger Bürgermeister. Günther Mitterer, Präsident des Salzburger Gemeindeverbandes und ÖVP-Bürgermeister von St. Johann befürchtet, dass es durch Maßnahmen zur "Renaturierung" oder "Rückbauung" in der Landwirtschaft "zu Landflucht und Ausdünnung der Infrastruktur in den ländlichen Regionen" kommen werde.   

Bürgermeister Günther Mitterer | Foto: österreichischer Gemeindebund
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Netto-Null-Bodenverbrauch bis 2050

Auch der angestrebte Netto-Null-Bodenverbrauch bis 2050 des "Soil Monitoring Law"*) kritisieren die Bürgermeister. "Wir als Bürgermeister sind unseren Bürgerinnen und Bürgern, Landwirtinnen und -wirten sowie Firmeninhaberinnen und -inhabern verpflichtet. Wir wollen weiterhin gesund wachsen können", sagt Norbert Meindl, ÖVP-Bürgermeister in Lofer (Pinzgau).
*)Soil Monitoring Law ist ein Vorschlag für eine EU-Richtlinie zum Bodenschutz. Dieser, von der Kommission vorgelegte Vorschlag, wird aktuell ebenfalls vom Europäischen Parlament und von den Mitgliedstaaten diskutiert.

Norbert Meindl, ÖVP-Bürgermeister von Lofer | Foto: Franz Neumayr
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"Salzburg in günstiger Ausgangslage"

Georg Juritsch bestätigt die maßgebliche Betroffenheit der Kommunen beim Thema Flächen- und Bodenverbrauch, wie auch bei der Wiederherstellung der Natur. "Die Umsetzung erfordert ein neues Denken in der nachhaltigen Planung und Kommunikation. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern kommt hier eine Schlüsselfunktion im Interessenausgleich zu", so Juritsch. Generell sieht der Experte Salzburg in einer günstigen Ausgangslage: "Wenn wir es in Salzburg mit unserem intakten landwirtschaftlichen Ökosystem nicht schaffen, die vorgegebenen Ziele umzusetzen, wie sollen es dann naturfernere Gebiete schaffen?", stellt Juritsch in den Raum. 

Die konkreten Ziele

Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur sieht u.a. folgende Ziele vor, die jetzt in den Trialogveranstaltungen diskutiert werden:

  • Verbesserung des Artenschutzes in Natura-2.000-Gebieten* und darüber hinaus;
  • Umkehr des Rückgangs von Bestäuberpopulationen bis 2030 und danach Vergrößerung ihrer Populationen;
  • Kein Nettoverlust an städtischen Grünflächen bis 2030, anschließend Zunahme bis 2050 und eine Baumüberschirmung von mindestens 10 Prozent sowie Nettozunahme an Grünflächen, die in Gebäude und Infrastruktur integriert sind;
  • Zunahme der biologischen Vielfalt in landwirtschaftlichen Ökosystemen insgesamt und positive Entwicklung bei Wiesenschmetterlingen, Feldvögeln, organischem Kohlenstoff in mineralischen Ackerböden und Landschaftselementen mit großer Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen;
  • Die Wiederherstellung und Wiedervernässung von landwirtschaftlich genutzten entwässerten Torfmooren und Torfabbaugebieten;
  • In Waldökosystemen Zunahme der biologischen Vielfalt insgesamt und positive Entwicklung in Bezug auf die Vernetzung der Wälder, Totholz, den Anteil von Wäldern mit uneinheitlicher Altersstruktur, Waldvögel und den Bestand an organischem Kohlenstoff;
  • Entfernung von Hindernissen in Flüssen, damit mindestens 25.000 Flusskilometer bis 2030 in frei-fließende Flüsse umgewandelt werden.

*Das Netzwerk Natura 2000 umfasst in Österreich 350 Gebiete, davon sind 284 als Europaschutzgebiete rechtlich verordnet. Es sind u.a. Schutzgebiete der Kategorien Nationalpark, Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet und geschützter Landschaftsteile.

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