Psychologie / Psychotherapie
Corona-Phobie und Hypochondrie

Was sind Hypochondrien?

Hypochondrien zählen zu den irrationalen Ängsten. Die betroffenen Menschen sind felsenfest davon überzeugt, an gefährlichen Krankheiten zu leiden (etwa an Herzerkrankungen, an Corona, an Krebs, an HIV, an Multipler Sklerose) oder dass etwas mit ihrem Körper nicht stimme.

Diese Ängste lassen sich auch dann nicht beruhigen, wenn ärztliche Befunde die Sorgen nicht bestätigen.

Ängstlich lauschen die Betroffenen jede Stunde in ihren Körper hinein und missinterpretieren z.B. Muskelverspannungen als Multiple Sklerose, Nachtschweiß und geschwollene Lymphknoten als eine HIV-Infektion und einen erhöhten Puls als einen Herzinfarkt. Der Fokus ihrer Aufmerksamkeit und ihres Denken kreist fast ständig um das Thema Krankheiten.

Film: "Hypochondrie: Eine ernstzunehmende psychische Erkrankung"

Menschen, die unter Hypochondrien leiden werden oft belächelt. Doch ihr Leidensdruck ist intensiv und meist sehr stark.

Die Angst vor COVID

Grundsätzlich ist es gesund und verständlich, dass viele Personen während der ersten Jahre der Pandemie von COVID-19 Sorgen und Ängste um sich selbst und ihre Liebsten hatten. Zudem sind etliche Menschen an den Folgen einer Infektion mit Corona gestorben.

Auch Menschen, die eine Risikogruppe darstellen (derer gibt es viele), sollten eine gesunde Furcht bzw. Sorge vor Corona haben.

Menschen, die psychisch vulnerabel sind, entwickelten jedoch mitunter eine regelrechte COVID-Phobie.

Die angebrachte Furcht und Sorge vor einer Infektion mit COVID-19 kann zu einer Phobie, d.h. zu einer Angststörung werden. Die Angst ist dann der tatsächlichen Gefahr nicht mehr angemessen, also viel zu stark ausgeprägt und steht in keinem Verhältnis mehr zur realistischen Bedrohung durch eine Infektion.

Wenn ich z.B. noch jünger bin, keine Vorerkrankungen habe, einen wirksamen Impfschutz gegen COVID-19 aufgebaut habe und dennoch vor Angst nicht mehr zur Ruhe kommen kann, dann ist bei mir womöglich eine Phobie gegeben.

Ein deutlicher Hinweis auf eine Phobie sind Angstvermeidung und damit einhergehende Verhaltensweisen, die mich zwar kurzfristig entlasten, langfristig allerdings meine Lebensqualität stark einschränken und massiv belasten.

Bei der COVID-Phobie wird also die Angst selbst zum Problem.

Film: "Corona-Phobie - Die Angst vor dem Virus"

Wie erkenne ich eine Corona-Phobie?

Typisch für die Corona-Phobie sind:

  • eine überdurchschnittlich starke Angst, sich mit COVID zu infizieren (Phobie),
  • oder bereits mit COVID infiziert zu sein (Hypochondrie),
  • das ständige Überprüfen oder Testen, ob bei mir selbst oder bei meinen Angehörigen eine Infektion vorliegt,
  • Misstrauen gegenüber negativer Testergebnisse,
  • Misstrauen, dass eine Impfung mich nicht gut schützen wird,
  • Misstrauen, dass andere Menschen trotz unbedenklicher Ct-Werte nicht mehr ansteckend sein können,
  • rationalisierende (scheinbar vernünftige) Ausreden für die Angstvermeidung,
  • Angst an COVID zu sterben (trotz ausreichenden Impfschutzes).
  • Die Betroffenen beschäftigen sich permanent oder übermäßig stark mit der Erkrankung und vernachlässigen stattdessen ihre Arbeit, ihre sozialen Kontakte, ihre Partnerschaften und ihren Freundeskreis.
  • Sie schließen sich noch immer zuhause ein und meiden soziale Kontakte. Manchmal zerbrechen deswegen sogar Partnerschaften.
  • Ein Hinweis auf eine Phobie oder Zwangsstörung kann es auch sein, wenn Menschen gerötete, entzündete und aufgerissene Haut auf ihren Händen haben, weil sie sich zu häufig oder auf falsche Weise zwanghaft die Hände desinfizieren. Die Viren von COVID-19 lassen sich übrigens durch Händewaschen mit Wasser und Seife leicht eliminieren. Es braucht im Alltag nicht einmal ein Desinfektionsmittel. Durch das Reiben der Hände unter dem Wasserstrahl wird das behüllte COVID-Virus rasch zerstört.
  • Sie vermeiden öffentliche Verkehrsmittel.
  • Sie waschen und desinfizieren ihre Hände im Alltag viel zu häufig.
  • Sie vermeiden Arztbesuche, und zwar auch dann, wenn diese sinnvoll und wichtig wären. Damit gefährden Sie paradoxerweise aufgrund ihrer Angstvermeidung ihre Gesundheit erst recht.
  • Sie entwickeln Angst, Panik oder Stress, wenn exakte Hygiene- und Abstandsregeln nicht eingehalten werden können.
  • Oft bilden sie dann auch noch eine Generalisierte Angststörung aus.

Komorbiditäten sind Depressionen, Panikstörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Zwangserkrankungen, Burnout sowie Erschöpfung und Suizidalität.

Was kann mir helfen, gut mit meiner Corona-Phobie umzugehen?

Wichtig sind

  • ausreichender Schlaf
  • eine gute Selbstfürsorge
  • Sport und körperliche Bewegung
  • Entspannungsverfahren und Meditationen
  • Atemübungen
  • u.U. angsthemmende Medikamente wie manche Antidepressiva einzunehmen: So schwächen etwa die Antidepressiva Citalopram, Clomipramin, Duloxetin, Escitalopram, Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin die Symptome einer Angststörung nachweislich ab. Antidepressiva sind meist gut verträglich und haben nur selten Nebenwirkungen.
  • und, das Allerwichtigste: die Angst nicht zu vermeiden, sondern sich ihr auszusetzen, d.h. soziale Kontakte aufrechtzuerhalten, Freund*innen und die Familie zu treffen u.v.m.

Angsttherapie bei COVID-Phobie

Bei einer stark ausgeprägten Angststörung ist das allein aber zu wenig. Hier ist es wichtig, sich psychologische bzw. psychotherapeutische Hilfe zu suchen und eine Angsttherapie zu machen. Viele Psychotherapeut*innen sind mit der Phobie vor COVID bereits gut vertraut, da diese verbreitet ist.

Angstkonfrontation und Angstexposition bei COVID-Phobie

Angstvermeidung ist extrem schädlich, da die Angst dadurch immer größer wird und immer noch früher einsetzt.

Besonders schlimm ist es, wenn Menschen mit COVID-Phobie ihre Ängste und Zwänge über ihre Kinder austragen, etwa ihren Kindern permanent die Hände desinfizieren, den Zwang ausagieren, ihre Kinder ständig zu waschen u.v.m. Kinder spüren dann die Angst und Unsicherheit ihrer Eltern und können dann selbst irrationale Ängste entwickeln.

Wichtig ist es, sich der Angst vor einer Infektion in kleinen Schritten zu stellen, sie immer wieder auszuhalten und durch sie hindurchzugehen. Nur auf diese Weise wird sie im Laufe der Zeit abnehmen.

Dabei sollte die Angstkonfrontation in kleinen Schritten beginnen und nicht zu einer völligen Überforderung führen. Es kann schon sehr hilfreich sein, wenn ich mich mit einer guten Freundin treffe, die nicht auf COVID getestet ist oder die vor kurzem COVID hatte, mittlerweile aber nicht mehr infektiös ist.

Auch können Sie im Rahmen einer Angsttherapie lernen, mit Restrisiken gut zu leben und dennoch ein gutes und erfülltes Leben zu führen.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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