Psychotherapie / Psychologie
Sexualstraftäter*innen

Behandlung und Sexualtherapie als Präventionsmaßnahme

Unter Sexualstraftäter*innen fallen all jene Personen, die gegen die sexuelle Selbstbestimmung ihrer Mitmenschen verstoßen. Sexuelle Delikte beginnen bei ungewollten Küssen und Berührungen im Intimbereich und enden bei schweren Vergewaltigungen von Erwachsenen und Kindern mit z.T. tödlichem Ausgang für die Opfer.

Eine Psychotherapie bzw. psychologische Hilfe für Sexualstraftäter*innen dient vor allem der Prävention von weiteren sexuellen Straftaten. Somit geht es hier auch indirekt um Opferschutz. Zudem können Sie als Täter*in im Rahmen einer Psychotherapie lernen, ihre sexuellen Impulse besser zu kontrollieren und Ihr aggressiv-sexuelles Potenzial nicht mehr auszuleben.

Film: "Unheilbar pädophil Wenn Papa auf Kinder steht"

Unter Sexualstraftäter*innen finden wir Personen, die

  • entwicklungsverzögert sind
  • die unter sexuellen Fixierungen leiden, wie etwa unter Voyeurismus, Exhibitionismus
  • die selbst sexuell oder psychisch schwer traumatisiert sind und die eigene erlittene Gewalt an ihre Opfer weitergeben
  • die unter dissozialen Persönlichkeitsstörungen oder unter malignem Narzissmus leiden und keine Empathie für ihre Opfer haben

Bereits hier wird ersichtlich, dass es sich bei Sexualstraftäter*innen keinesfalls um eine homogene Gruppe handelt.

Die Ziele einer Psychotherapie sind:

  • die Prävention weiterer sexueller Übergriffe und Gewaltdelikte
  • die Behandlung der zugrundeliegenden, psychodynamischen Ursachen. Bei männlichen Tätern sind dies etwa ein mangelnder Selbstwert, Unsicherheiten in der eigenen männlichen Identität oder eigene sexuelle Gewalterfahrungen und Bindungstraumen. Es geht darum, diese Störungen aufzudecken und zu verstehen, um dann einen besseren Umgang damit zu finden, der es nicht mehr nötig macht, sexuelle Übergriffe zu begehen.

Film: "Sexualstraftäter - Für immer einsperren?"

Dabei sind ergänzend zur Psychotherapie folgende Behandlungen möglich:

  • medikamentöse und somatische Behandlung mittels Psychopharmaka: Eine medikamentöse Kontrolle sexueller Impulse ist nur dann sinnvoll, wenn die Betroffenen stark motiviert sind und die Medikation psychotherapeutisch begleitet wird. Ein häufig verschriebenes Medikamente ist dann Cyproteronacetat (Androcur®), welches die Wirkung der körpereigenen Hoden-und Nebennierenrindenandrogene an den androgensensiblen Rezeptoren hemmt. Emotionale Instabilität, eine hohe Impulsivität, Traumafolgesymptome oder Persönlichkeitsstörungen können jedoch die Wirkung der medikamentösen Therapie wieder aufheben.
  • verhaltenstherapeutisches Training: hier sind vor allem kognitive Methoden, um sich selbst besser steuern zu können oder Skills zur Emotions- und Impulsregulation hilfreich. Auch die Schematherapie ist eine wesentliche Ergänzung in der Behandlung von Sexualstraftäter*innen.
  • tiefenpsychologische Ansätze: Es werden bessere Bindungsstile und Bindungsmuster gelernt und mit dem Psychotherapeuten neue, korrigierende Beziehungserfahrungen gemacht.
  • psychodynamische Methoden, damit der/die Täter*in nachreifen kann und erwachsene Verantwortung für seine/ihre Taten übernimmt
  • In der integrativen Traumatherapie können die Betroffenen lernen, eigene Traumafolgesymptome konstruktiver zu bewältigen. Auf diese Weise erleben sie ein Mehr an Selbstwirksamkeit, was die Gefahr geringer werden lässt, eigene sexuelle und körperliche Gewalterfahrungen an die Mitmenschen weiterzugeben.

Film: "Wie muss die Gesellschaft mit Pädophilen umgehen? Unter Pädophilen."

Viele pädophile Menschen entscheiden sich gegen das Ausleben ihrer Bedürfnisse, weil sie dies nicht mit ihrem gesunden Gewissen vereinbaren können. Diese „Trotzmacht des Geistes“ (Viktor Frankl) kann nur als eine hohe kognitive Reife und als psychische Gesundheit gewertet werden und spricht für ein hohes inneres Strukturniveau. Die betroffene Person spürt dann trotz ihrer Neigung, dass es für sie im tiefsten Innersten nicht stimmig ist, die Integrität von Kindern zu verletzen. Der Schutz der Personenwürde und der Wert des Kindes sind für sie das höhere Gut. Das Unterdrücken und Aushalten der angeborenen Orientierung und der Beziehungswünsche kostet sie dennoch viel Kraft und Energie.

Pädophilie und Prävention von sexueller Gewalt an Kindern

Menschen, die pädophile Neigungen haben, kommen aus allen Altersgruppen, biologischen Geschlechtern, sexuellen Orientierungen (heterosexuell, schwul, lesbisch, bisexuell), Berufen und sozialen Milieus. Die Entstehung und Entwicklung der Pädophilie hat biopsychosoziale Ursachen, darunter auch eine erbliche Disposition und ist keine bewusst gewählte sexuelle Vorliebe. Manche pädophilen Personen sind ausschließlich pädophil, manche stehen auch auf erwachsene Menschen.

Einige Betroffene bemerken ihre Neigung bereits im frühen Jugendalter. Mitunter gibt es Zwölfjährige, die jüngere Kinder zum Sex zwingen.

Manche wiederum realisieren ihre Pädophilie erst im Erwachsenenalter, wenn sie nie erotische Bedürfnisse zu Gleichaltrigen spüren und bei der Selbstbefriedigung von Kindern phantasieren.

Pädophile Menschen müssen lernen, mit ihrer sexuellen Präferenz gut umzugehen.Dies umfasst den völligen Verzicht, was erotische und sexuelle Handlungen an Kindern betrifft, welche den Kindern direkt oder indirekt (etwa im Rahmen der Kinderpornographie) schweren Schaden zufügen und sie traumatisieren.

Leben pädophile Personen ihre Neigung aus und missbrauchen Kinder, so verdrängen sie in der Regel, dass sich die kindliche Sexualität massiv von der erwachsenen unterscheidet. Sie spalten ihre Scham- und Schuldgefühle ab oder manipulieren ihren Opfern Schuldgefühle, Selbsthass und Scham. In diesem Fall werden die kindlichen Opfer auch noch emotional durch diese Täter-Opfer-Umkehr traumatisiert.

Oft wird vergessen bzw. tabuiert, dass auch Frauen pädophile Täter*innen sein können. Ich kenne mehrere Männer, die als Kinder von Mutter oder Großmutter sexuell missbraucht wurden. Hierbei handelt es sich um ein großes Tabu, weil die Frau als sexuelle Straftäterin nicht mit dem romantisierten und verklärten Ideal der Mutterliebe zu vereinbaren ist. Trotzdem scheint die Anzahl pädophiler Frauen geringer zu sein als die der Männer, wobei sich Opfer von pädophilen Frauen auch seltener Hilfe suchen dürften.

Übrigens: Die meiste sexualisierte Gewalt an Kindern wird nicht von pädophilen Menschen ausgeübt. Oft sind es nicht-pädophile Mütter, Väter, Großeltern oder Geschwister, welche über die sexuellen Handlungen an ihren Kindern Macht ausüben. Die Täter sind vor allem heterosexuelle Männer.

Dieser familiäre Kindesmissbrauch macht es den Kindern besonders schwer, sich zu wehren oder die Übergriffe zu melden, da sie ja von ihren Eltern emotional völlig abhängig sind, diese lieben und Loyalitätskonflikte haben.

Was macht eine Psychotherapie mit Sexualstraftäter*innen schwierig?

Viele Sexualstraftäter*innen haben keine Empathie für die Not, das Leiden und das Elend ihrer Opfer. Deshalb sind sie auch wenig bis gar nicht zu einer Therapie motiviert. Manchmal spielen sie der Psychotherapeutin ihre Empathie auch nur vor, etwa dann wenn eine Gerichtsverhandlung noch bevorsteht, um Strafmilderung zu erlangen oder um aus einer Haft oder dem Maßnahmenvollzug vorzeitig entlassen zu werden. Das Motiv ist dann die Manipulation des Gerichts und des Psychotherapeuten.

Eher selten suchen sie sich eine Behandlung, weil sie selbst unter ihrer sexuellen Perversion und ihrem sexuell-gewaltvollen Verhalten leiden.

Allein die Bereitschaft zu einer Psychotherapie, auch wenn die Motivation fragwürdig ist, kann eine Psychotherapie allerdings erfolgreich machen und dem/der Betroffenen helfen, vor allem dann, wenn die therapeutische Beziehung gut und solide ist.

Dabei ist es für die Psychotherapeutin ein guter Hinweis, wenn der/die Sexualstraftäter*in beim Ansprechen der Straftat Schuldgefühle oder Reue empfindet (Cave! Manche spielen Reue, Schuldgefühle und Scham nur vor und fühlen diese gar nicht). Echte Reue und Schuldgefühle machen den Therapieerfolg wahrscheinlicher, weil der/die Täter*in dann nämlich über Empathie verfügt.
Oftmals empfinden die Täter*innen diese Emotionen eben nicht, vor allem pädophile Straftäter*innen. In diesem Fall besteht das Ziel der Therapie darin, dass die Betroffenen ihr sexuell-perverses und deviantes Verhalten besser kontrollieren können. Auch das Üben von Empathie und mentalisieren-Können sind wesentliche Bausteine.

Fazit:
Psychotherapie kann die Rückfallgefahr manchmal vermindern, allerdings nicht in einem erhofften Ausmaß. Hier dürfen wir uns keinen Heilsversprechungen oder Illusionen hingeben, vor allem dann nicht, wenn es sich bei den Täter*innen um Personen mit malignem Narzissmus oder mit dissozialen Persönlichkeitsstörungen handelt, die kein Unrechtsbewusstsein haben.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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