Bad Ischl: Tempo 30 im gesamten Stadtgebiet

Wenn der Bad Ischler Gemeinderat in der Sitzung am 27. März 2014 zustimmt, könnte ab Anfang Mai Tempo 30 in der Stadt gelten. | Foto: esebene (YAYMicro)/PantherMedia
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  • Wenn der Bad Ischler Gemeinderat in der Sitzung am 27. März 2014 zustimmt, könnte ab Anfang Mai Tempo 30 in der Stadt gelten.
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BAD ISCHL. Vorbilder gibt es genug. Zum Beispiel Graz: Seit 1992 gilt auf den Straßen der steirischen Landeshauptstadt Tempo 30. Oder München: Auch dort sind 85 Prozent des Stadtgebiets Tempo-30-Zonen.

Trotzdem betritt die Kaiserstadt mit ihrem Vorstoß, im ganzen Stadtgebiet Tempo 30 einzuführen, Neuland. Denn bislang blieben in den zuvor genannten Städten Vorrang- oder Durchfahrtsstraßen von der 30er-Regel ausgespart. In OÖ ist Bad Ischl mit dem geplanten 30er ohnehin Vorreiter: Eine Nachfrage bei der Verkehrsabteilung des Landes ergab, dass noch in keiner anderen Stadt flächendeckend Tempo 30 gilt.

In Bad Ischl soll dies ab Anfang Mai von Ortsein- zu Ortsausfahrt gelten. Einzige Ausnahme: Von Süden kommend, wird Tempo 30 erst ab der Gärtnerei Eder gelten.
Bereits jetzt darf auf der Hälfte der Straßen der Kaiserstadt nur 30 km/h gefahren werden. Oft ist es aber unklar, warum in einer Straße Tempo 30 vorgeschrieben und wenige Meter weiter Tempo 50 erlaubt ist.
Bestes Beispiel: Vom Stadtzentrum via Esplanade und Kaltenbachstraße stadtauswärts. Zunächst gilt 30, dann wieder Tempo 50 – sogar vor der Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe. Nach der Schule gilt wieder Tempo 30. Stückwerk also.

Mehr Verkehrssicherheit
Der Bad Ischler Bürgermeister Hannes Heide argumentiert den Tempo-30-Vorstoß mit einer Erhöhung der Verkehrssicherheit und der Reduzierung des „Schilderwaldes“. „Zudem wurde in den Bürgermeistergesprächen immer wieder der Wunsch für Tempo 30 aus der Bevölkerung geäußert“, sagt Heide. Argumentative Unterstützung bekommt der Bürgermeister für seine Initiative vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) und vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ).

So hat etwa das KFV in einer Studie festgestellt: Wird ein Fußgänger von einem Pkw angefahren, hängen seine Überlebenschancen von der Aufprallgeschwindigkeit ab. Das Todesrisiko bei 50 km/h liegt bei 40 Prozent – bei 30 km/h nur mehr bei acht Prozent. Laut VCÖ verbessert Tempo 30 auch den Verkehrsfluss bei fast gleichbleibender Fahrzeit. Außerdem wirke sich Tempo 30 positiv auf die Gesundheit aus: Der VCÖ fand heraus, dass Tempo 30 zur Verringerung des wahrgenommenen Verkehrslärms um bis zu 75 Prozent führt und weniger Schadstoffe in die Luft geblasen werden.
„Es bedarf sicher einiger Überzeugungsarbeit, aber diesen Argumenten kann man sich nicht verschließen“, so Heide.

FPÖ: „30er ist eine Abzocke“
Komplett unzugänglich für Argumente dieser Art sind jedoch die Ischler Freiheitlichen. Die FPÖ ist die einzige Partei, die bereits im Vorfeld massiv gegen Tempo 30 in Bad Ischl auftritt.
„Punktuelle Tempo-30-Zonen sind ok, aber im ganzen Stadtgebiet nur mehr 30km/h zu erlauben, dafür sehen wir keine Notwendigkeit – das ist eine Abzocke. Wahrscheinlich will die Stadtgemeinde ihr Budget durch weitere Einnahmen aus Radarstrafen aufbessern“, feixt FPÖ-Chef Anton Fuchs.

Ein Argument, dem sich die Stadt, seit 2011 die Radarkästen in der Salzburger- und Grazerstraße aufgestellt wurden, häufiger ausgesetzt sieht. Blickt man auf die nackten Zahlen, ist es richtig, dass sich die Radarstrafen positiv auf das Stadtbudget auswirken.

Zum Jahreswechsel 2011/2012, als die Boxen aufgestellt wurden, nahm die Stadt in nur sechs Monaten eine Million Euro ein. Ähnlich die Situation 2013: Da flossen 1,3 Millionen Euro durch Park- und Radarstrafen in die Ischler Gemeindekasse. Rechnet man die Parkstrafen heraus, bleibt immer noch eine Million Euro, die 2013 nur durch die Radargeräte „erwirtschaftet“ wurden.

Zur Sache: Die rechtliche Lage
Bad Ischler Politiker betonen hinter vorgehaltener Hand, dass in einer Tempo-30-Zone, mit Toleranzgrenze, ohnehin 40km/h erlaubt seien. Die BezirksRundschau hat deswegen bei der ÖAMTC-Rechtsabteilung nachgefragt. „Bis zu einer gemessenen Geschwindigkeit von 100 km/h hat ein Abzug von fünf km/h zu erfolgen“, so ÖAMTC-Juristin Silvia Winklhamer. Diese Messtoleranz steht aber in keinem Gesetz, sondern ergibt sich nur aus der Judikatur der Höchstgerichte. Gemeinsam mit der Tacho-Ungenauigkeit ergibt dies eine „Toleranzgrenze“. Doch es wird noch komplizierter: Verkehrsstrafen gelten in Österreich nicht einheitlich. Der Straf-Korridor bewegt sich je nach Bundesland zwischen 0 und 726 Euro. Über Toleranzgrenze, Strafrahmen & Co entscheidet aber am Ende auch nicht das Land, sondern immer die jeweilige Bezirks-hauptmannschaft und die Polizei.

Das sagen die Parteien in Bad Ischl:

„Wir haben uns das lange angeschaut und sind grundsätzlich dafür. Wir werden im Gemeinderat zustimmen. Es gibt eh nicht mehr viele Tempo-50-Bereiche. Mit Tempo 30 in der ganzen Stadt fallen dann die vielen verschiedenen Geschwindigkeitsbeschränkungen weg. Zudem steigt die Verkehrssicherheit und die vielen Verkehrstafeln kommen weg.“
Hannes Kogler, Vizebürgermeister (ÖVP), Bad Ischl

„Zuerst regulieren und dann kontrollieren: Das geht in Richtung Überwachungsstaat. Für uns ist das ein sozialistischer Gedanke – der erste Schritt in Richtung Arbeiter- und Bauernstaat. Wir appellieren vielmehr an die Eigenverantwortung des Einzelnen und sehen für diesen 30er keine Notwendigkeit. In Gefahrenzonen ist das ok, aber in der ganzen Stadt ist das reine Abzocke.“
Anton Fuchs, Stadtrat und FPÖ-Chef, Bad Ischl

„Wir wollen mehr Schutz und Sicherheit für Kinder im Straßenverkehr. Tempo 30 schützt. Im Sommer werden sich wieder Fahrradfahrer und Fußgänger auf Straßen und Plätzen tummeln – und dabei eben viele Kinder. Um die gut zu schützen hilft: Runter vom Gaspedal. Denn überhöhte Geschwindigkeit ist eine der Hauptursachen von Verkehrsunfällen.”
Markus Reitsamer, Gemeinderat, Grüne Bad Ischl

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