„Schäme mich für ÖVP, bei der auch ich Mitglied bin“

- Musste sich bei den Bürger-abende viel anhören – Bürgermeister Franz Angerer.
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Viel um die Ohren gehauen bekam Bürgermeister Franz Angerer im Zuge der Bürgerabende in den einzelnen Schärdinger Stadtteilen. Dabei erbosten sich die Menschen über die Korruption der Bundespolitiker – und über die geplante Einstellung einer speziellen Zugverbindung.
BezirksRundschau: Herr Angerer, in Schärding haben Bürgerabende bereits Tradition. Auch heuer fanden drei Infoabende statt. Wo brennt es den Schärdingern unter den Nägeln?
Franz Angerer: Die vordringlichsten Fragen waren über den Hochwasserschutz, das Altenheim, Nachmittagsbetreuung sowie die Einschränkungen im Landeskrankenhaus. Natürlich war auch das anstehende Sparpaket immer wieder ein Hauptdiskussionsthema.
BezirksRundschau: Und wie sieht es mit dem immer wieder auftauchenden Thema Gemeindezusammenlegung aus?
Angerer: Natürlich war das auch Thema. Hier ist für den Bürger klar erkennbar, dass eine gemeinsame Verwaltung und die Zusammenarbeit im Bauhof, bei Kanal, Wasser, Kinderbetreuung, EDV und anderen Dienstleistungen nichts mit Heimat- oder Identitätsverlust zu tun hat. Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass die Qualität für den Bürger gleich bleibt oder sogar steigt, die Kosten aber sinken. Es darf aber kein „drüberfahren“ geben, sondern es müssen klar die Vor- und Nachteile aufgezeigt werden, bevor entschieden wird. Aber es fehlt leider am politischen Mut, die gegenwärtigen Strukturen wirklich zu verändern.
BezirksRundschau: Stimmt es, dass die mögliche Einstellung der Zugverbindung Schärding - Ried ein heiß diskutiertes Thema war?
Angerer: Ja, das wurde immer wieder gefragt. Dazu kann ich aber sagen, dass wir uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen wehren werden, weil wir diesen Zug allein schon für unsere arbeitenden Bürger und Schüler benötigen. Sehr enttäuscht bin ich übrigens von der zuständigen Ministerin, die durch ihre Unwissenheit von einer „Nostalgiebahn“ spricht. Weiters erbosten sich die Bürger auch über Parteienfinanzierung und Korruption.
BezirksRundschau: Sie meinen damit die Vorwürfe gegen die Bundes ÖVP in Sachen Parteienfinanzierungen – Schlagwort Telekom? Was sagen eigentlich Sie als ÖVP-Bürgermeister dazu?
Angerer: Ich schäme mich für diese Partei, bei der auch ich Mitglied bin, dass sie im Korruptionssumpf mit drinnen steckt. Ich erwarte mir eine lückenlose Aufklärung und das alles bis auf den letzten Cent zurückgezahlt wird. Denn weitaus die meisten unserer Funktionäre leisten hervorragende Arbeit für den Bürger. Einige wenige machen aber vieles zunichte. Die Politik schuldet uns deshalb längst klare, strenge Gesetze zu Korruption und Parteienfinanzierung.
BezirksRundschau: Weil wir schon beim Thema sind: Was sagen Sie zum Widerstand bei den versprochenen Einsparungen der Nationalratsabgeordneten?
Angerer: Während die Politik der Bevölkerung ein Sparpaket verordnet, ist der entsprechende Einsparungswille der politischen Kräfte nicht erkennbar. Sparen ja, aber nicht bei mir – so der Tenor einiger überbezahlter Parlamentarier. Dabei bin ich überzeugt, dass Spitzenpolitiker erst dann wieder ernst genommen werden, wenn sie bei sich selbst mit Strukturbereinigungen zu sparen beginnen. Denn die, die mehr haben, müssen mehr zur Konsolidierung beitragen.
BezirksRundschau: Hand aufs Herz – was bringen Ihnen persönlich die Bürgerabende?
Angerer: Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, auf die Bürger zu hören, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
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