"War mit vier Mördern in einem Zimmer"

Herbert Lugschitz unterrichtet in der JVA Suben Häftlinge.
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SCHÄRDING, SUBEN (ebd). Im Interview spricht der 67-jährige Schärdinger über seine Ambitionen, warum er nur jungen Häftlingen hilft und wie es zum Treffen mit vier Mördern kam.

Herr Lugschitz, Sie stellen Ihr Wissen Häftlingen der Justizanstalt Suben zur Verfügung. Wie ist es dazu gekommen?
Begonnen hat das ganze Weihnachten 2013, als die Direktorin der Schärdinger Handelsakademie an mich herangetreten ist, ob ich Interesse hätte, das zu machen.

Und für Sie war das gleich klar?
Ich bin Christ und will mich als Pensionist an der Gesellschaft nützlich machen. Manche machen ja was beim Roten Kreuz, ich will Menschen helfen, die sehr weit gefallen sind. Meine Zielsetzung ist es, dass die Insassen nach der Entlassung zumindest die Hoffnung auf einen Beruf haben.

Wie hat eigentlich ihr Umfeld darauf reagiert?
Meine Frau hat das sofort akzeptiert. Bekannte sehen darin einen sinnvollen Beitrag. Es hat bisher noch niemanden gegeben, der gemeint hat, dass das Blödsinn wäre.

Sie sagen, dass Sie nur junge Häftlinge unterrichten, warum?
Ich würde es nicht für einen 60-Jährigen machen, weil mir da der berufliche Aspekt fehlt und ich mich nicht als Unterhalter sehe. Vielmehr soll der Unterricht ein Sprungbrett ins Berufsleben sein.

Was genau unterrichten Sie?
Rechnungswesen und Englisch für Berufsreifeprüfungen. Ein Häftling hat sogar den Handelsabschluss nachgemacht.

Mit wie vielen Insassen haben sie bisher gearbeitet?
Mit vier. Dabei arbeite ich mit jedem Häftling ein bis eineinhalb Jahre einmal die Woche für zwei Stunden.

Sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden?
Die ersten drei haben ihre Prüfungen bestanden. Für mich war das im vorhinein nicht sicher, ob sie bestehen werden. Aber alle waren sehr motiviert. Vor allem der erste Insasse. Der hat sogar Hausübungen von mir verlangt.

Baut man da nicht auch eine persönliche Beziehung zu den Insassen auf?
Ich bin mit allen per Sie, weil ich Distanz wahren will. Aber ich bemühe mich um einen respektvollen Umgang. Denn wenn ich sie wie den letzten Dreck behandeln würde, würde es nicht funktionieren.

Also gehen Sie auf Distanz?
Ja, obwohl ich von einem Insassen die Familie kennengelernt habe. Andere erzählen, wie es ihnen in Haft ergeht. Erstaunlich ist, dass es sich im Gurunde bei allen vier um nette Menschen handelt. Über die Straftaten und Verurteilung spreche ich nicht. Das würde nur zu Diskussionen führen. Ich will nur helfen.

Sie sprechen von denjenigen, die mit Ihnen arbeiten, von Auserwählten. Wie ist das zu verstehen?
Es sind ja von den rund 350 Insassen im Grunde nur wenige dafür geeignet. Die Vorauswahl treffen die zuständigen Justizbeamten. Genommen werden auch nur solche, bei denen abzusehen ist, dass sie es schaffen

Hand aufs Herz. Wenn Sie mit Häftlingen alleine sind, haben Sie da keine Angst?
Nein, ich fühle mich nicht bedroht oder fürchte mich. Was vielleicht auch daran liegt, dass ich das Kind eines Exekutivbeamten bin. Ich war den Anblick von Waffen gewohnt und mit meinem Vater auch in Justiztanstalten. Die Exekutive ist daher generell nichts Fremdes für mich.

Kam es in den bisherigen drei Jahren zu irgendwelchen Problemen?
Nein.

Stimmt es, dass Sie mit vier Mördern in einem Raum waren?
Ja, ich war unlängst bei einem Beratungsgespräch in der JVA Suben dabei. Dazu waren vier Mörder aus anderen Justizanstalten hergebracht worden. Es ging um das Thema Fernstudium.

Und?
Es ist erstaunlich. Wenn man mit diesen Personen redet, sind das ganz normale Menschen.

Werden Sie ihre Dienste auch weiterhin anbieten?
Ja, aber es kommt auf die Umstände an. Ob die Rahmenbedingungen so gut bleiben wie sie sind.

Können Sie diesen "Job" weiterempfehlen?
Ja. Wer Interesse hat – aktuell werden Lehrer für Deutsch und Mathematik gesucht.

Herbert Lugschitz unterrichtet in der JVA Suben Häftlinge.
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Foto: Cityfoto
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