Gefahren der Schlafstörungen
Zweiter Vortrag des Mini-Med-Wintersemesters in Spittal mit Angelika Kugi
SPITTAL. „Schlafstörungen sind für den Betroffenen nicht nur unangenehm, sie haben auch ernsthafte gesundheitliche Folgen.“ Die gesundheitlichen Folgen reichen von Bluthochdruck über Herzschwäche bis zum Schlaganfall. Darauf hat Angelika Kugi, Oberärztin am Landeskrankenhaus Villach, im zweiten Vortrag des Mini-Med-Wintersemesters in Spittal hingewiesen. Moderatorin Edeltraud Lenhard dankte der „absoluten Spezialistin ihres Fachs“ eingangs dafür, wieder honorfrei zu referieren, um dann unter „Mini Med bewegt“ im gut besetzten Ahnensaal von Schloss Porcia mit den Mini-Med-Studenten zur Einstimmung Atemübungen zu absolvieren.
Angelika Kugl, die seit gut zwei Jahrzehnten in ihrer Abteilung Innere Medizin ein Schlaflabor betreibt, wies darauf hin, Experimente an Mäusen hätten gezeigt, dass ein zweiwöchiger Schlafentzug das Immunsystem zusammenbrechen lasse und den Tod bedeute. Bei Menschen, die unter Schlafstörungen leiden – unter den 65-Jährigen und älteren sei das jeder Zweite – werde zwischen mehr als 100 Schlafstörungen unterschieden. Die Referentin ging näher auf die häufigsten Erkrankungen im Schlaf ein: Schlafapnoe, Unruhige Beine sowie Ein- und Durchschlafstörungen.
Auch Frauen schnarchen
Symptome der „obstruktiven Schlafapnoe“ seien unregelmäßiges Schnarchen – ein Phänomen, das nicht nur Männern vorbehalten ist, sondern auch Frauen mit zunehmend Beginn der Wechseljahre – nächtliche Atemaussetzer und Müdigkeit während des Tages. „Abgesehen davon, dass der Partner unter dem Schnarchen leidet, setzen die Atemaussetzer den Organismus des Betroffenen selbst massiv unter Druck“, so die Expertin. „Blutdruck und Zuckerspiegel steigen, der Herzschlag beschleunig sich, Stresshormone werden ausgeschüttet. Schon fünf solcher Atemaussetzer pro Stunde stellen eine ernsthafte Gefahr dar.“ In so einem Fall soll unbedingt ein Schlaflabor aufgesucht werden.
„Schlafhygiene" als Therapie
Als Therapie empfiehlt die Schlafmedizinerin eine „Schlafhygiene“, das heißt: abend kein schweres/spätes Essen, kein Alkohol, kein Sport, keine Schlafmittel. Die promovierte Internistin ergänzte im Gespräch mit der WOCHE: Wenn der Arzt Tabletten verschrieben hat, sei nichts dagegen einzuwenden. Doch sollten die Medikamente äußerst dosiert eingenommen werden. Ihr grundsätzliches Nein beruhe darauf, dass Schlafmittel abhängig machten, also zur Sucht werden können! Unter den 570.000 Einwohnern Kärntens seien mehr als 20.000 von der Schlafapnoe betroffen.
Die Symptome bei den Unruhigen Beinen (Restless Legs), von denen fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung betroffen sei, äußern sich in Kribbeln, Ziehen oder Brennen, in erster Linie in Ruhephasen oder beim Zubettgehen. Besonders Patienten mit Eisenmangel, Zuckerkranke und solche mit Nierenschwäche hätten mit Unruhigen Beinen zu kämpfen. Hier rät die Medizinerin zu Bewegung. Medikamente der Wahl seien solche, die auch bei Parkinson eingenommen werden – wiederum nur in kleiner Dosierung.
Angst vorm Schlafengehen
Die dritte häufige einschlägige Erkrankung seien Ein- und Durchschlafstörungen ohne körperliche oder psychische Ursachen. Von dieser sogenannten angelernten Insomnie sei immerhin ein Viertel der Menschheit betroffen. Dazu stellte die Medizinerin auf der Leinwand einen Teufelskreis dar: Beginnend mit der körperlichen Reaktion (Anspannung, Schlaflosigkeit) geht es weiter zum Gedanken „Bestimmt kann ich heute wieder nicht schlafen“ bis zum Gefühl der Wut, Hilflosigkeit und Resignation.
In diesem Fall rät die Schlafexpertin, ein Schlaftagebuch zu führen, auf besagte Schlafhygiene zu achten, zu der auch ein verdunkeltes Zimmer gehört, auf jeden Fall die Zeitdauer im Bett zu verkürzen (kein Mittagsschlaf!) und Entspannungsübungen durchzuführen. Ihr Tipp: Nicht zu Bett gehen, wenn man nicht müde ist, nicht im Bett bleiben, wenn man nicht schlafen kann. Vorsicht ist angesagt, wenn im Bett über nicht bewältigte Probleme gegrübelt wird: „Wer dann nicht einschlafen kann, wird schon bald Angst haben, überhaupt schlafen zu gehen.“
Schlafmangel und Fettleibigkeit
Schließlich wies Angelika Kugi noch auf den signifikanten Zusammenhang von Schlafmangel und Fettleibigkeit hin. Während sich die Schlafdauer stetig verringere (von acht und mehr Stunden 1960 über sieben Stunden 1995 verbrachten 2005 30 Prozent der 35- bis 64-Jährigen weniger als sechs Stunden im Bett), werden die Menschen immer dicker. Dr. Kugi: „Wer wenig schläft, hat mehr Zeit zum Essen.“ Dieses Phänomen betreffe besonders diejenigen, die im Schichtdienst arbeiten. Der gute Rat zum Schluss („Was Oma immer schon wusste“): Frühstücke wie ein Kaser, iss mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann!
Mini-Med-Studenten erhoffen Hilfe
Die meisten Mini-Med-Studenten suchten den Vortrag tatsächlich deswegen auf, weil sie unter (Ein-) Schlafproblemen litten und sich hilfreiche Tipps erhofften. Die Büroangestellte Andrea Stauder aus Villach, begleitet von Richard Findenig, klagt seit einem dreiviertel Jahr über Schlafstörungen, zurückzuführen auf Stress im Beruf: „Nur am Wochenende schlafe ich ohne Probleme.“
Genau umgekehrt ist es bei Gudrun Dueler: „Seit ich älter bin und nicht mehr arbeite leide ich unter Schlaflosigkeit.“ Solange die Spittalerin ihr Acht-Stunden-Tag im Beruf ausgefüllt hatte, habe sie das Problem nicht gekannt. Schon seit drei Jahren kämpft selbstständige Kunststofffechniker Wolfgang Prandl aus Klagenfurt mit der Schlaflosigkeit.
Sorgen wegen der Einnahme von Schlaftabletten machen sich Elisabeth Terradillos und Hubert Auer. Die Seebodenerin, die ihre Schlafprobleme auf die Arbeit und die Pflege ihes Vaters zurückführt, versucht, wie sie sagte, die Menge der verschriebenen Medikamente so gering wie möglich zu halten. Und der Spittaler hofft, eines Tages seine Einschlafschwierigkeiten auch ohne Arznei in den Griff zu bekommen.
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