EU-Gemeinderäte: EU-Monster "zahnloser" machen
Die WOCHE sprach mit vier EU-Gemeinderäten aus dem Bezirk über ihre Einstellung und ihre Funktion innerhalb der Europäischen Union.
BEZIRK SPITTAL (ven). Im Bezirk Spittal gibt es einige EU-Gemeinderäte, die als Verbindungsglied zwischen dem großen - und für viele weit entfernten - Apparat in Brüssel und den ländlichen Regionen und Gemeinden fungieren. Die WOCHE sprach mit vier von ihnen aus dem Bezirk Spittal.
"Vernetzung der Regionen"
Alfred Tiefnig, Vizebürgermeister in Irschen, ist seit 2009 zusätzlich EU-Gemeinderat. "Ich weiß wie wichtig die Vernetzung der Regionen untereinander und ihre Etablierung im europäischen Raum ist", sagt er zur WOCHE.
Als EU-Gemeinderat hat er ein offenes Ohr für jene Anliegen der Irschner, die verstärkt mit der EU zu tun haben, zum Beispiel wenn es um Förderungen oder Regulierungen geht. "Für die Menschen ist es wichtig, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben, der sich wirklich damit auskennt, wie die EU funktioniert."
Er könne "definitiv etwas bewirken. Die EU ist kein starres Gebilde sondern entwickelt sich ständig weiter. Dieser Entwicklung die richtige Richtung zu geben, daran arbeite ich. Dafür sehe ich auch insofern sehr gute Chancen, weil unser Landeshauptmann Peter Kaiser als Mitglied des Ausschusses der Regionen für die nächsten drei Jahre die Präsidentschaft der Euregio Senza Confini übernimmt – einem Zusammenschluss der Regionen Kärnten, Friaul-Julisch Venetien und dem Veneto. Das ist sozusagen auch ein direkter Draht nach Brüssel", so Tiefnig. Er möchte auch Menschen weiterhin informieren und ihnen Europa näherbringen.
Einblick in Brüssel
Heidi Penker, Vizebürgermeisterin in Gmünd, hat sich ebenfalls als EU-Gemeinderätin beworben und dadurch Einblick in Brüssel bekommen. "Es ist hochspannend!" Sie besuchte viele Veranstaltungen und ist sehr interessiert, wie EU-Gesetze gemacht werden, die in den einzelnen Ländern oft noch verschärft zur Anwendung kommen. "In einem Gemeinderat ist man sich über kleinere Projekte nicht einig, und hier müssen alle Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten", vergleicht sie. Für sie ist die EU sehr wichtig.
Pro-europäisch eingestellt
In Malta ist Bürgermeister Klaus Rüscher seit rund drei Jahren EU-Gemeinderat, "weil ich die europäische Entwicklung bzw. den EU-Gedanken sehr wichtig finde. Die EU ist wie der Bürgermeister in einer Gemeinde für alles verantwortlich", sagt er. Er sei - schon allein von seinem Geschichte-Studium her - pro-europäisch eingestellt. "Wir hatten vorher noch nie so lange Frieden in Europa. Die gemeinsame Währung, das Reisen, das finde ich schon sehr positiv", so Rüscher, der sich über Entwicklungen am laufenden hält.
Verbesserungspotenzial
Obwohl sie alle politischen Funktionen in ihrer Gemeinde Radenthein zurückgelegt hat, ist Silvia Wirnsberger noch immer EU-Gemeinderätin. "Die EU hat viele Vorteile, allerdings auch Verbesserungspotenzial", sagt sie. Es sollten ihrer Meinung nach gleiche Bedingungen in allen Ländern - bezüglich Lohn, Landwirtschaft, Wettbewerbsbedingungen - herrschen. Als ausgebildete EU-Fundraising-Managerin habe sie mitbekommen, dass es in punkto Geldfluss ein großes Ost-West-Gefälle gebe. "Es fließt sehr viel in Projekte in den Osten, das bekommt man so gar nicht mit, wenn man sich nicht intensiv damit beschäftigt" kritisiert sie. Außerdem findet sie, es gebe noch zu viel Bürokratie in der EU. "Hier sind hauptsächlich Theoretiker am Werk, die die Praxis nicht wirklich miterleben." Insgesamt ist die froh, in der EU zu leben. "Ich bin ein pro-europäischer Mensch. Ich bin zwar für Grenzschutz, aber nicht für Grenzsperrung", sagt sie abschließend. Sie glaubt, durch die EU-Gemeinderäte solle das "Monster EU" viel zahnloser werden und in die Gemeinden gebracht werden.
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