Inkontinenter Physiker hortete in der Justizanstalt St. Pölten Anstaltswäsche
ST. PÖLTEN (ip). Dass einem ehemaligen Häftling der Justizanstalt St. Pölten aufgrund seiner Inkontinenz, Leintücher, so viele er brauchte, zustanden, daran gab es nichts zu rütteln. Kein Verständnis hatten die Beamten dafür, dass er auch mehrere Badetücher und Handtücher, sowie acht Polsterüberzüge und 14 T-Shirts in seinem Haftraum hortete.
Der 49-jährige Kernphysiker tat sich leicht, als Arbeiter in der Wäschekammer mehr, als ihm zustand, mitzunehmen. Anlässlich von Beobachtungen des verantwortlichen Beamten wurde die Zelle des Bettnässers durchsucht, das Zuviel an Wäsche wieder abgenommen und Anzeige wegen Diebstahls erstattet.
Sprechanlage im Haftraum kaputt
Der St. Pöltner Staatsanwalt Michael Lindenbauer wartete darüber hinaus auch mit dem Tatbestand der schweren Sachbeschädigung auf. Die Sprechanlage im Haftraum des Beschuldigten war kaputt. Der letzte, der damit noch ein funktionierendes Gespräch mit Aufsichtsbeamten führen konnte, war der Physiker, der sich wortgewaltig über eine defekte WC-Anlage beschwerte. Einige Minuten nach dem Gespräch folgte der Alarm.
„Da muss man schon stark draufschlagen“, behauptete der zuständige Wachebeamte. „Die Anlage fällt nie von selbst aus, und wenn, dann nur durch Gewaltanwendung!“ Einer der drei Mithäftlinge habe ihm später geflüstert, dass der Akademiker für den Schaden verantwortlich sei.
Kein Bereicherungsvorsatz erkennbar
„Nicht schuldig“, erklärte der besachwaltete Ex-Häftling. Die Anlage sei schon früher kaputt gewesen und das Mehr an Wäsche habe er von drei Beamten erhalten, die Polsterüberzüge etwa deshalb, weil er in der Nacht so viel schwitze.
„Hätte er die Chance gehabt, die Sachen mit nach Hause zu nehmen?“ „Nein, er hätte sie beim Verlassen der Justizanstalt zurücklassen müssen!“ – eine Aussage, die Richterin Doris Zwettler-Scheruga einen Freispruch fällen ließ, zumal hier kein Bereicherungsvorsatz erkennbar sei. Auch im Zusammenhang mit der Sachbeschädigung fällte die Richterin einen Freispruch, da nicht mit der erforderlichen Sicherheit gesagt werden konnte, dass der Physiker die Anlage zerstört habe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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