28 Angeklagte
Prozess gegen Tischlerkartell: Wettbewerbsbeschränkende Absprachen
Wettbewerbsbeschränkende Absprachen im Bereich Bau- und Möbeltischlereien stehen im Zentrum eines Prozesses am Landesgericht St. Pölten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft klagte 28 Männer und Frauen, sowie elf Unternehmen, die in 107 Ausschreibungsverfahren jeweils zugunsten eines Betriebes Scheinangebote an Auftraggeber vorgelegt hätten, die diesen veranlassen sollten, dem von ihnen jeweils begünstigten Unternehmen den Zuschlag zu geben.
+++Update 7.12.+++
Prozess – Tischlereikartell (Update)
Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um wettbewerbsbeschränkende Absprachen zwischen Tischlerei-Unternehmen kam es am Landesgericht St. Pölten auch zu einer ersten Verurteilung (nicht rechtskräftig). Ein steirischer Unternehmer fasste eine Geldstrafe von 7.700 Euro aus. Seine Firma erhielt eine diversionelle Geldbuße in Höhe von 61.650 Euro.
Diversionsangebote gab es bereits für die Mehrzahl der insgesamt 28 Beschuldigten am ersten Verhandlungstag, eine Angeklagte wurde freigesprochen. Das Verfahren gegen den Erstangeklagten wurde ausgeschieden und auf Februar vertagt, da ein Zeuge nicht zum Prozess erscheinen konnte.
Der Mostviertler, der durch eine der Kronzeuginnen belastet worden war, zeigte sich, laut Verteidiger Alexander Enzenhofer, grundsätzlich geständig und kooperativ.
Jenen drei Beschuldigten, die am Prozess nicht teilnehmen konnten, wurden ebenfalls diversionelle Angebote in Form von Geldbußen zugestellt. Nach der Begleichung der Bußen werden die Verfahren gegen die Betroffenen eingestellt.
Wenig überraschend kamen für zwei weitere Angeklagte aus dem Bezirk St. Pölten Land Diversionen nicht infrage. Das Ausmaß ihrer Beteiligung an den Preisabsprachen führte am dritten Verhandlungstag zu Verurteilungen mit entsprechend hohen Geldstrafen. Auch diese Entscheidungen der Richterin sind, wie bereits jene der beiden Vorangegangenen Prozesstage noch nicht rechtskräftig.
ST. PÖLTEN/NÖ. Zu dem mutmaßlichen Tischlereikartell gehörten zwischen 2013 und 2019 Betriebe im gesamten Bundesgebiet. In Niederösterreich sollen Firmen aus den Bezirken St. Pölten, St. Pölten Land, Krems Land, Mödling, Wr. Neustadt, Neunkirchen, Scheibbs und Bruck /Leitha an den rechtswidrigen Absprachen beteiligt gewesen sein.
Land NÖ als mögliches Opfer
Als mögliche Absprache-Opfer nannte die Staatsanwaltschaft unter anderem das Land Niederösterreich etwa bei Aufträgen im Zusammenhang mit Landeskrankenhäusern oder Landesberufsschulen, die Stadt Wien, Wiener Krankenfürsorgeanstalten, die Österreichische Nationalbibliothek, Stift Herzogenburg, sowie die Bundesimmobilien-Gesellschaft. Es handelte sich dabei um sogenannte „beschränkte Ausschreibungen“, bei denen aufgrund eines relativ geringen Auftragsvolumens nur eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird.
100 Personen beschuldigt
Ursprünglich konnten rund 100 Personen als Beschuldigte ausgeforscht werden. Viele von ihnen erhielten aufgrund ihrer geständigen Verantwortung bereits vor dem Prozess Diversionsangebote, wobei nach der Zahlung der entsprechenden Geldbußen das Verfahren gegen sie eingestellt wird.
Bis zu 66.510 Euro Geldbußen
Auch für jene Angeklagten, die sich am ersten Prozesstag schuldig bekannten, endete der Prozess mit einer Diversion, wie etwa die Mandanten der Verteidiger Philipp Zeidlinger und Hans Peter Pflügl. Auch Verteidiger Roland Schöndorfer rechnet mit einem Diversionsangebot. Sein Mandant konnte beim Prozess nicht anwesend sein, fällt jedoch ebenfalls in die Kategorie der „kleinen Fische“. Während Geschäftsführer und Angestellte, je nach Beteiligung an den Straftaten und ihrem Einkommen mit Geldbußen zwischen 220 und 12.750 Euro bedacht wurden, stiegen die Geldbußen für Firmen bis zu 66.510 Euro. Eine der Beschuldigten wurde von den Vorwürfen freigesprochen. Seitens der Staatsanwaltschaft gab es vorerst keine Erklärung.
Noch mindestens zwei Prozesstage
Der „harte Kern“, darunter auch der Mandant von Verteidiger Alexander Enzenhofer, sitzt vermutlich noch zumindest zwei Tage auf der Anklagebank. Nachdem im Zuge von Durchsuchungen, die aufgrund von Hinweisen des Wiener Stadtrechnungshofs 2019 stattfanden, unter anderem E-Mails mit belastenden Inhalten sichergestellt wurden, kam es auch zu belastenden Aussagen gegen jene Angeklagten, die sich auch im Prozess keiner Schuld bewusst sind.
Den Angeklagten, allesamt bis dato unbescholten, drohen im Falle eines Schuldspruchs bis zu drei Jahre Haft.
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