Gemeinderat
Kinderärztemangel sorgt für politisches Hickhack in St. Pölten
Der vorherrschende Kinderärztemangel beschäftig nun auch die lokale Politik. Die Opposition sieht dringenden Handlungsbedarf in punkto Schul- und Kassenärzten.
ST. PÖLTEN (pw). Jetzt hat das Thema auch den Gemeinderat in St. Pölten in Beschlag genommen. Bei der Sitzung am Montag wurde der vorherrschende Kinderärzte-Mangel in der Landeshauptstadt zur Streitfrage. Seit Anfang Oktober gibt es, wie bereits berichtet, nur mehr einen Kassen-Kinderfacharzt in der 60.000 Einwohner zählenden Stadt. In der Mitte Oktober zu Ende gegangenen Bewerbungsrunde für den Fachbereich Kinder- und Jugendheilkunde in St. Pölten sind erneut keine Bewerbungen eingelangt.
"Beim Fach 'Kinder- und Jugendheilkunde' ist ein generelles österreichweites Problem festzustellen. In der Vergangenheit wurden zu wenig Kinderärzte ausgebildet. Die Politik – aber auch die Spitäler – sind dringend gefordert",
erklärte Walter Sohler von der NÖGKK auf Bezirksblätter-Nachfrage im Oktober. Damit wird der Ball indirekt auch Richtung Gemeinderat gespielt.
Zusatzantrag
Die ÖVP stellte, ausgehend vom Tagesordnungspunkt "Schulärztlicher Dienst" für mehr Schulärzte, in der Sitzung den Zusatzantrag, einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten, der die Stadt St. Pölten für Mediziner als Berufsort noch attraktiver machen und dadurch Ansiedelungen begünstigen soll.
Dies könnte durch eine Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum St. Pölten, eine Zurverfügungstellung von städtischen Räumlichkeiten, einen finanziellen Zuschuss und gezielte Werbemaßnahmen erfolgen. "Warum gibt es hier keine Lösung", stellte VP-Stadtrat Markus Krempl-Spörk die Frage in den Raum.
"Man macht es sich mal wieder leicht", so VP-Gemeinderat Florian Krumböck: "Bei den Schulärzten gebe es klare Verfehlungen, da alle Schüler einmal pro Jahr untersucht werden sollen. Das ist nicht passiert, wofür die Stadt die Verantwortung trage." Natürlich könne man auch bei den Kinderärzten sagen, dass es einen nichts angeht. Die kleinen Gemeinden seien sich hier allerdings ihrer Verantwortung bewusst.
Keine Zuständigkeit
Nach vielem Hin und Her, mehrmaligem Glockenläuten zur Beruhigung der aufgeheizten Stimmung, schaltete sich Bürgermeister Matthias Stadler in die Debatte ein:
"Es ist ein unhaltbarer Zustand, der aber nicht in unserer Zuständigkeit liegt. Uns ist bewusst, wie sehr das System in Richtung einer Mehrklassenmedizin geht. Wir bemühen uns und sind gerne bereit, etwa bei der Gesundheitskasse, oder der Regierung zu intervenieren."
Allerdings sei der Ärztemangel schon zu weit fortgeschritten, um ihn in den Griff zu bekommen. Hier wäre hinsichtlich der Ausbildung dringender Handlungsbedarf. Auch zusätzliche Primärversorgungszentren in der Stadt wären, laut Stadler, wünschenswert. "Die Probleme gehören gelöst, aber nicht durch uns", so der Stadtchef.
Handlungsbedarf
Das sehen die Oppositionsparteien anders:
"Man darf es sich hier nicht als Stadt einfach machen, und das Problem auf Bund und Land abwälzen. Wir müssen selbst aktiv werden, für die Gesundheit unserer Kinder", so VP-Vizebürgermeister Matthias Adl.
Unterstützung kommt von FP-Stadtrat Klaus Otzelberger: "Man habe jetzt zehn Jahre lang zugewartet. Die Stadt muss die Praxisstellen attraktivieren, um einen Kassenarzt zu bekommen."
Nach einem formal für Verwirrung sorgenden Zusatzantrag von SP-Gemeinderat Gerhard Schatzl auf Vertagung wurde die Sitzung für einige Zeit unterbrochen. Schlussendlich wurde ein neuer Zusatzantrag von SP-Vizebürgermeister Franz Gunacker auf Einrichtung einer diesbezüglichen Arbeitsgemeinschaft gestellt und angenommen.
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