St. Pölten wählt "genau nach Punkt und Beistrich"
Die Neuwahl im Herbst sorgt bei 1.896 Beisitzern in Bezirk und Stadt St. Pölten für Frust.
ST. PÖLTEN (bt). Während andere mit ihren Familien feiern, Sonntagsausflüge machen oder einfach nur entspannen, sitzen sie in Schulklassen, Hinterzimmern von Gasthäusern und Gemeindestuben. Von 6 Uhr früh bis 20 Uhr an jedem Wahlsonntag.
Die Bezirksblätter haben einige der 1.896 Wahlbeisitzer im Bezirk gesucht und mit ihnen gesprochen. Über die Liebe zur Demokratie, den Schaden – und jetzt auch den Spott, den man ertragen muss.
Geteilte Meinungen
Vor allem, da sich unsere Kommissionen nichts zu Schulden kommen lassen haben, hält sich die Begeisterung in Grenzen: "In St. Pölten hat es einmal eine Nachwahl gegeben. Seitdem wird ganz genau darauf geschaut, dass alles nach Punkt und Beistrich geht", so Harald Ludwig, Bezirksgeschäftsführer SPÖ. Die Entscheidung sei zu akzeptieren, so Matthias Adl, Bezirksgeschäftsführer ÖVP. "Vom Grundsatz her ist es mir aber unverständlich, warum die gesamte Wahl wiederholt werden muss." Akzeptanz lässt auch Nicole Buschenreiter von den Grünen walten, aber: "Ich kann nicht ermessen, inwieweit die Wiederholung nicht gewollt ist." Hingegen stärkt die Entscheidung das Demokratie-Vertrauen von Erich Königsberger, Bezirksobmann FPÖ.
Aus Liebe zur Demokratie
"Ein Beisitzer hat schon gesagt, die können mich alle ganz doll lieb haben", erzählt Maria Hromecek, Vorsitzende der SPÖ Neidling. Seit 16 Jahren fungiert sie als Wahlbeisitzerin. "Es ist meine Pflicht als Sozialdemokratin bei den Wahlen präsent zu sein", sagt sie. Einen Cent dafür gesehen hat sie noch nie. Hromecek bittet jene, die die Wiederholung verschuldet haben, um Genauigkeit, denn "wir waren es nicht". Durch das gegenseitige "Auf-die-Finger-Schauen" ist es ihr unverständlich, wie es überhaupt zu Fehlern kommen kann.
Für die ÖVP in St. Pölten als Beisitzerin tätig ist Marion Gabler-Söllner. "Man sollte die Demokratie mitgestalten, das will ich meinen Kindern vorleben", begründet sie. "Wenn genau von jenen Parteien, die Kandidaten stellen, keine Wahlzeugen dabei sind, und im Nachhinein vieles hinterfragt wird, dann ist das für mich nicht ganz klar", kritisiert sie.
Für Wahlbeisitzer der Hauptstadt gibt’s 12 Euro pro Stunde. Am Land ist eine kleine Stärkung gebräuchlicher. Doch auch das ist kein Muss. Wie Maria Hromecek erzählt gibt's in Neidling nur Leitungswasser, sonst nichts.
Zur Sache: So viele Beisitzer gibt’s im Bezirk
1.896 Wahlbeisitzer und Ersatzbeisitzer gibt es in Bezirk und Stadt St. Pölten.
Stadt: 75 Sprengel à 3 Beisitzer und 3 Ersatzleute macht 450.
Bezirk: 121 Sprengel macht 726. Dazu kommen 39 Gemeindewahlbehörden à 9 Beisitzer und 9 Ersatzleute. Das macht 702.
Bezirkswahlbehörde: 9 Beisitzer und 9 Ersatzbeisitzer, insgesamt also 18.
In St. Pölten Stadt kommt auf zwei SPÖ- ein ÖVP-Beisitzer. Verhältnis beruht auf dem Ergebnis der Nationalratswahl.
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