Der erste Wackelzahn ist raus! Bräuche - Stories - Rituale

"Stimmts Mama?! Wenn ich den Zahn jetzt aufs Fensterbrett lege, holt ihn in der Nacht die Zahnfee und tauscht ihn gegen eine Münze ein!" Mit diesem Sager wurden schon so manche Eltern in Stress versetzt, als der erste Zahn des Sprösslings raus war.

Was? Zahnfee? Bei uns in Oberösterreich? Den Kleinen aber dann beibringen, dass das ein Brauch aus dem englischsprachigen Raum ist, der bei uns eigentlich nicht heimisch ist, dafür hat man als Elternteil doch nicht das Herz. Wer möchte schon dem kleinen Liebling einen so wichtigen Traum zerstören. Außerdem ist der Verlust des ersten Zahnes ein bedeutender Schritt in Richtung Schuleintritt und neuen Lebensabschnitt. Dazu braucht es auch ein passendes Ritual.

Nachdem eine Bekannte mir erzählte, sie habe eine besondere Münze im Internet ersteigert, weil Wochenende war als der Zahn rausfiel und die Bank zu hatte, begann ich selbst zu überlegen, wie ich die Sache lösen würde. Außerdem fing ich an zu recherchieren, ob es nicht auch noch andere Bräuche aus unserer Region gibt. Spannender Weise wurde ich ganz in der Nähe fündig. In Reichraming war es Brauch, den ersten verlorenen Wackelzahn in ein Mäuseloch - "a Mauslucka" zu stecken, erzählte der Gödi meines kleinen Buben. Er wollten sich sogar noch genau erinnern können, in welchem Loch in "da Gruab", dem tiefen Keller, er das Milchzähnchen versenkt hatte.

Justin fand das cool. Der Gödi war immerhin ein wichtiges Vorbild. Ich fand diese Variante ebenfalls sehr charmant und da unser Haus auch relativ alt ist, war ich mir sicher, zumindest im Keller ein passendes Mausloch zu entdecken. Die Sage von der Zahnfee war allerdings zu diesem Zeitpunkt schon so eingeprägt, dass ich mich entschied doch eine Münze zu legen, und zwar eine englische One Pound Münze - schließlich flog die Zahnfee ja aus England zu uns ein ; - )

Im Nachhinein fand ich dann heraus, dass die Art des Rituals - ob Münze oder Mausloch eigentlich gar nicht so wichtig gewesen wäre. Als der Zahn endlich heraußen war und in einer vergoldeten Kaffetasse von Omi auf dem Fensterbrett in seinem Zimmer lag, fragte mich mein Kleiner, ob ihn heute noch die Zahnfee holen würde. Weil ich mir vor lauter Müdigkeit nicht mehr so sicher war, ob ich gleich noch im Bett meines Sohnes einschlafen würde, antwortete ich sicherheitshalber: "Heute oder morgen. Heut' bist du so spät ins Bett, ich weiß nicht, ob sie da noch kommt...?" Am nächsten Morgen kam er runter in die Küche. Von Münze und Zahnfee war keine Rede. "Ach, ich glaube es war schon zu spät, gestern", antwortete Justin, als ihn Papa nach dem Verbleib des Milchzähnchens fragte. "Ich werde ihn einfach in ein Mausloch stecken, sobald ich vom Kindergarten heimkomme..."