Denken Sie bitte an das richtige Outfit
Unangenehm, peinlich, teilweise schmerzhaft, manchmal auch gefährlich und gerne verschwiegen – die Geschlechtskrankheiten.
STEYR. Nach einem deutlichen Rückgang ist die Zahl der Neuerkrankungen in Österreich wieder angestiegen und hat bereits 2012 ein Rekordhoch erreicht. Als Beispiel sei die Syphilis erwähnt: 1993 gab es 124 Fälle, 2002 mehr als drei Mal so viele gemeldete Neuerkrankungen (420), 2009 waren es 575 und 2012 knapp 500 Fälle.
Viele Betroffene haben Angst vor einer Meldepflicht, diese ist jedoch unbegründet. "Solange die ärztliche Behandlung befolgt und die verpflichtenden Nachuntersuchungen eingehalten werden, ist die Meldung anonym und dient rein statistischen Zwecken", erklärt Primaria Almute Loidl, Leiterin Institut für Pathologie am Landeskrankenhaus Steyr. In Österreich besteht diese beschränkte Meldepflicht nach dem Geschlechtskrankheitengesetz nur für die sogenannten klassischen Geschlechtskrankheiten. Daher gibt es Zahlen nur für die Entwicklung der meldepflichtigen Infektionen Gonorrhö (Tripper), Lues (Syphilis), Lymphogranuloma venereum (auch als Vierte Geschlechtskrankheit bezeichnet) und dem in Österreich sehr seltenen Ulcus molle (Weicher Schanker). Im Jahr 2012 wurden laut Statistik Austria 1.875 laborbestätigte Fälle dieser vier klassischen Geschlechtskrankheiten registriert. Am weitaus häufigsten ist die Infektion mit Gonorrhö, gefolgt von Syphilis.
Im Gegensatz zu HIV und Aids wird über die leichter übertragbaren Krankheiten Syphilis und Gonorrhö viel weniger gesprochen, manche Betroffenen glauben, dass diese Krankheiten gar nicht mehr vorkommen. Der Trend der Infektionszunahme ist jedoch nicht nur auf Österreich beschränkt, sondern gilt für ganz Europa.
Außerdem werden heute neben der HIV-Infektion, Hepatitis B, Herpes genitalis, Infektionen mit Chlamydien und Trichomonaden, Filzlausbefall und die Infektion mit Humanen Papillomviren (HP-Viren) zu den Geschlechtskrankheiten - STD (sexually transmitted diseases) gezählt, wenngleich sie nicht ausschließlich durch den Geschlechtsverkehr übertragen werden.
Beispielsweise ist die Infektion mit Chlamydien (zählen zu den Bakterien) weit verbreitet und kann durch schleichende, chronische Entzündungsprozesse unter anderem zu Sterilität führen. Sie wird oft lange nicht erkannt. 100 000 Infektionen werden für Österreich geschätzt. Besonders hinterhältig: 50% aller Männer und sogar 75% aller Frauen zeigen keine Beschwerden.
Auch Humane Papillomviren als Auslöser des Gebärmutterhalskrebses, haben mittlerweile in der Gesellschaft einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Die Impfung gegen die wichtigsten Virusuntergruppen wird seit Februar 2014 für alle in Österreich lebenden Mädchen und Buben in der vierten Schulstufe kostenfrei im Rahmen des bestehenden Schulimpfprogramms angeboten. Immerhin wurden über 50 Prozent aller Schüler zwischen neun und zwölf Jahren im Jahr 2014 gegen HPV geimpft.
Österreicher sind Kondom-Muffel
Trotz dieser positiven Anzeichen hat sich in der Grundproblematik nicht allzu viel geändert. Die Steigerung der Infektionen hat ihre Ursache vor allem in der Tendenz zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit wechselnden Sexualpartnern, mangelnder Aufklärung und auch mangelnder Bewusstseinsbildung. Auch die Tatsache, dass Aids in der westlichen Welt mittlerweile medikamentös sehr gut zu behandeln ist und sich dadurch zu einer chronischen Erkrankung entwickelt hat, die viel von ihrem ursprünglichen Angstpotential verloren hat, fördert die Risikobereitschaft im Umgang mit neuen Sexualpartnern.
"Ein Kondom ist einfach das beste Outfit", meinte der Stardesigner Jean Paul Gaultier im Vorfeld des Life-Balls 2015. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Marketagent.com können mehr als 20% der Österreicher damit nicht sehr viel anfangen, da für sie ungeschützter Geschlechtsverkehr vorstellbar ist. Mehr als 10% der Männer würden laut dieser Umfrage auch bei einem One-.Night-Stand auf ein schützendes Präservativ verzichten.
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