Corona verstärkt Konkurrenzkampf in Wald und Gebirge
"Dem Wild bleibt nur die Flucht"

Gams im Tiefschnee, Flucht kann tödlich enden. | Foto: Hofer
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  • Gams im Tiefschnee, Flucht kann tödlich enden.
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  • hochgeladen von Georg Larcher

BEZIRK. Schon ein Jahr lang hält der Corona-Lockdown die Menschen in ihren Häusern und der unmittelbaren Umgebung, Urlaubsreisen sind kaum möglich. Zur Erholung locken die Berge: "Füße vertreten und Sport" ist in der Corona-Pandemie erlaubt. Wälder und Almen waren noch nie so gut besucht wie im Sommer 2020. Der Trend hielt über Herbst und Winter an, im kommenden Frühjahr wird die Natur wohl noch mehr beansprucht werden.

Erholungssuchende

Ing. Christoph Schaffenrath, MSc, Leiter vom Telfer Umweltbüro, kann ein Lied davon singen. Skitourengeher oder Schneeschuhwanderer aus Nah und Fern, viele aus der Stadt, dringen in "unbekannte" Berghänge vor: "Am Kupf und überall sind Leute unterwegs." Sogar in der Nacht ziehen Menschen mit Stirnlampen und auf Skiern oder Schneeschuhen durch den Wald: "Es gibt keine Tages- und Nachtzeit mehr, wo nicht jemand unterwegs ist. Kein Wunder, wenn unser Wild in eine enorme Stresslage gerät", so Schaffenrath.
Wenn Menschen Ruhe und Erholung finden, zieht das hier lebende Wild den Kürzeren. Die enormen Schneemengen heuer verschärften das Problem, schildert Schaffenrath:

"Das Wild ist im Winter auf Sparflamme eingestellt. Wenn es dann aufgescheucht wird und flüchten muss, noch dazu durch den tiefen Schnee, werden die letzten Energiereserven verbraucht, das endet oft tragisch."

Gamswild reagiert im Hochgebirge noch empfindlicher. Auch für Reh- und Rotwild enden solche Fluchten manchmal tödlich.

Verständnis und Appelle

Bezirksjägermeister Thomas Messner hat auch Verständnis für den Bewegungsdrang der Menschen:

"Die Leute suchen oft Bereiche, wo sie alleine sind und selber Ruhe finden, meiden beliebte Routen, Hütten und Massenansammlungen. Das ist dann ein Problem, wenn sie den Weg mitten durch den Wald suchen und das Wild aufschrecken."

Eine Folge dieses Drucks auf die Tiere sind dann schadhafte Wälder. Damit steigt auch der Druck der Behörden auf die Jäger, die für ein Gleichgewicht von Wild und Wald sorgen müssen:

"Das Wild kann sich oft nur mehr in Jungwäldern aufhalten, findet hier Deckung und Nahrung. So entstehen enorme Verbiss- und Schälschäden. Die Jägerschaft muss dann wieder für den Schaden aufkommen und muss handeln."

Der Teufelskreis geht weiter: Denn wie soll der Wildbestand auf ein gesundes Maß – sowohl für den Wald als auch für das Wild selbst – reduziert werden, wenn sich die Tiere verstecken?
Mit mehr Rücksicht kann viel Schaden vermieden werden, meint Messner. "Für Unbelehrbare sollte die Jägerschaft aber auch die Möglichkeit haben, härter durchzugreifen."

VIDEO zum Thema:

Lenkungsmaßnahmen wirken leider wenig, meint Messner. Bei der Jägerschaft ist die Geduld längst am Ende, wenn Appelle nicht mehr nutzen: "Bitte verlasst nicht die üblichen Routen!"
Wildruhezonen und besonders Bereiche von Fütterungen sollten großräumig gemieden werden, Hinweistafeln sind ernst zu nehmen. "Ich bin weniger für Zurückweisungen und Strafen", meint Christoph Schaffenrath, er setzt weiter auf Aufklärung, hofft auf mehr Verständnis für die Zusammenhänge von Wild-Wald, für mehr Interesse für die Abläufe der Jagd in Tirol.

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