Interview mit Landeskommandant Thomas Saurer
"Eine reine Provokation"

Schneidiger Landeskommandant: Major Thomas Saurer | Foto: © Andergassen
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Seit zwei Jahren ist der Axamer Major Thomas Saurer Landeskommandant der Tiroler Schützen. 

Ein etwas provokanter Einstieg: Braucht es in Tirol noch die Schützen?
Thomas Saurer:
"Selbstverständlich. Wir haben die Legitimation aus der Geschichte Tirols, die Schützen sind Träger des Traditionsbewusstseins und der Landeskultur – auch gezeigt durch das Ausrücken in Tracht – und sie haben eine wesentliche Stellung in der Tiroler Gesellschaft. Wir wollen Heimat sein und Heimat schenken."

Immer wieder werden die Schützen auf Umzüge oder Zeltfeste reduziert. Dabei ist das Schützenwesen doch viel mehr. Wie gehen Sie mit solchen Vorurteilen um?
"Es passiert sehr viel in den Gemeinden. Von der der Unterstützung von Sozialprojekten bis zur Restaurierung eines Bildstöckels wird vieles im Stillen erledigt. Und ein ganz wichtiger Schritt ist durch die Initiative des ehemaligen Landeskdt. Fritz Tiefenthaler mit dem Nachdenkprozess passiert. Die daraus resultierenden elf Leitmotive geben uns Schützen intern – aber auch nach außen hin – elf gute Gründe, warum wir ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft in Tirol sind."

Das Schützenwesen unterliegt auch der gesellschaftlichen Entwicklung. Wie hat sich das Schützenwesen verändert?

"Die Entwicklung ist ein laufender Prozess. Das Schützenwesen hat sich weiterentwickelt, ohne dass es Substanz verloren hätte. Sowohl in der Gesellschaft als auch für die Gemeinschaft leisten die Schützen sehr viel und ich sehe das Tiroler Schützenwesen auf einem guten Weg in die Zukunft."

Knapp 18.000 Schützen sind derzeit in den Kompanien organisiert. Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
"Es gibt eine stagnierende Tendenz, speziell bei erwachsenen Schützenkameraden. Bei Jungschützen und Marketenderinnen machen wir uns keine Sorgen. Aber wir werden in Zukunft verstärkt für eine Mitgliedschaft in einer Kompanie werben."

Sie wollten bei Ihrer Wahl zum Landeskommandanten im Juni 2020 die Tiroler Schützentradition bewahren, leben, aber auch weiterentwickeln. Ihre Bilanz nach zwei Jahren Schützenwesen in der Pandemie?

"In erster Linie war es Coronakrisenmanagement. Alle Aspekte des Ausrückens, der Festgestaltung oder die der Versammlungen mussten stets angepasst werden. Ohne mein tolles Team in der Bundesleitung wäre es sehr schwierig geworden, dieses Schiff erfolgreich durch die Krise zu manövrieren. Und ich will mit meiner ehrenamtlichen Arbeit meinem Heimatland etwas zurückgeben, will meinen Beitrag dafür leisten."

Frauen sind bei den Schützen nur als Marketenderinnen dabei. Wäre es nicht an der Zeit, sie in die Kompanien aufzunehmen?
"Immer wieder wird dieses Ansinnen von außen in den Verband getragen. Aus Umfragen unter unseren weiblichen Mitgliedern wissen wir, dass die Frauen nicht als Gewehrschützen ausrücken wollen. Die Frauen leisten bei uns in vielen Bereichen sehr gute Arbeit und sind ein wichtiger Teil der Schützen."

Historiker Nikolaus Hagen von der Universität Innsbruck kritisiert wiederholt den „Landesüblichen Empfang“ und verlangt eine gesellschaftliche Diskussion darüber. Wird es die geben?
"Mit mir nicht, denn das ist eine historische, gelebte Tiroler Kultur und ist ein Empfang von unseren Gästen mit militärischen Ehren, nur auf Tirolerisch. Insgesamt wird dieser Willkommensgruß überbewertet."

In der Ukraine herrscht Krieg, die Schützen in Tirol feuern Ehrensalven ab. Ist das zu vereinbaren?

"Selbstverständlich ist das zu vereinbaren, denn eine Ehrensalve ist ein altes Friedenssymbol. Ich entleere den Gewehrlauf, es ist keine Kugel mehr drinnen und ich will dir als Freund begegnen. Ich sehe in solchen Kritiken eine reine Provokation, der ich gerne mit Hintergründen entgegentrete."

Nach dem Eklat des ehemaligen Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes, Jürgen Wirth Anderlan, hing der Haussegen zwischen Nord- und Südtirols Schützen schief. Ist das ausgeräumt?

"Auf jeden Fall. Damals habe ich mich vom Inhalt dieses Videos distanziert. Die Zusammenarbeit hat dadurch nicht gelitten und wir verstehen uns mit den Schützenbrüdern in Südtirol sehr gut. Und die gute Zusammenarbeit der Schützen wurde beim Alpenregionstreffen im Passeiertal erst kürzlich demonstriert."

Wo Sie ja keine Waffen tragen durften. FPÖ-Südtirolsprecher NR Peter Wurm will daher einen Antrag im Nationalrat einbringen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich für das grenzüberschreitende Waffentragen der Schützen einzusetzen. Ist das in Ihrem Sinn?
"Jede Unterstützung in dieser Hinsicht ist gut. Bereits einen Tag nach dem Treffen – wo ich in meiner Rede dieses Thema sehr direkt angesprochen habe – hat es einen gemeinsamen Brief der Bundesleitung an Arge-Alp-Präsident Günther Platter, an Euregio-Präsident Maurizio Fugatti und an den Obmann des Südtirolausschusses, NR Hermann Gahr, gegeben. Es gibt eine EU-Waffenrichtlinie als Grundlage dafür, alle Gewehre der Tiroler Schützen sind mittlerweile registriert. Und ich sehe gute Chancen, dass Italien hier irgendwann einlenkt.“

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Das Abfeuern einer Ehrensalve (mit hochgestellten, historischen Gewehren und Platzpatronen, die in die Luft geschossen werden) gilt als Friedenssymbol. | Foto: © Hassl
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