Tätigkeitsbericht
Die Kija bietet Workshops, Ombudsstelle und Unterstützung für junge Menschen

Kija Tirol von links: Mag.a Simone Altenberger (Juristin), Mag.a Elisabeth Harasser (Kinder- und Jugendanwältin), Vivien Riedl, BA (Sozialarbeiterin) | Foto: Kija
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  • Kija Tirol von links: Mag.a Simone Altenberger (Juristin), Mag.a Elisabeth Harasser (Kinder- und Jugendanwältin), Vivien Riedl, BA (Sozialarbeiterin)
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Kürzlich veröffentlichte die Kinder- und Jugendstaatsanwaltschaft Tirol (Kija Tirol) ihren Tätigkeitsbericht für 2022/23. Die Tätigkeiten reichen von Kontakten bis hin zu Wortshops. Auch die Ombudsstelle wurde in Anspruch genommen.

TIROL. Vor allem Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 18 Jahren nutzen das Angebot der Kija als Ombuds- und Beratungsstelle. Inzwischen wenden sich auch jüngere Kinder ab etwa 7 Jahren mit ihren Anliegen an die Kija, ebenso wie viele Erwachsene, darunter Eltern, Großeltern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Einrichtungen und Institutionen. Die Kontaktaufnahme erfolgt nach wie vor hauptsächlich telefonisch, gefolgt von Mailanfragen und persönlichen Vorsprachen.

Von Workshops bis Sprechstunden

Insgesamt kam es 2022 zu 3750 Kontakten, 2023 waren es 4540. Insgesamt wurden an 86 Schulen mit 4527 Kindern und Jugendlichen Workshops durchgeführt. Auch in 34 Kindergärten gab es diese Workshops. Hier nahmen 1322 Kinder teil. In den 427 sozialpädagogischen Einrichtungen wurden 2494 Beratung durchgeführt. Es werden 30 Einrichtungen mit insgesamt 66 Wohngruppen regelmäßig alle 4 Wochen besucht. Die Vertrauensperson ist als niederschwellige Anlaufstelle für Kinder in Fremdunterbringung zu sehen.

Herausforderungen und Schwerpunkte in der Arbeit der Ombudsstelle

Kinder und Jugendliche können sich mit allen Fragen und Problemen an die Kija wenden, doch bestimmte Themen treten besonders häufig auf. Dazu gehören psychische und physische Gewalt, Mobbing, Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe, familiäre Konflikte, Kontaktrecht und Obsorge, sowie Jugendschutz, Straffälligkeit und sonstige Rechtsfragen. Vertraulichkeit, kostenlose Beratung, Anonymität und Freiwilligkeit der Inanspruchnahme sind grundlegende Prinzipien aller Beratungen.

Beschwerden aus dem Schulbereich haben besonders zugenommen. Dabei handelt es sich unter anderem um Mobbing, psychisch belastete Schülerinnen und Schüler, Fragen zum häuslichen Unterricht, Schulveranstaltungen, Schulwechsel und Beschwerden über einzelne Lehrpersonen oder spezielle Unterrichtsformen. Die Bearbeitung solcher Fälle gestaltet sich oft äußerst komplex, und für die Betroffenen können oft keine zufriedenstellenden Lösungen gefunden werden.

„Es muss endlich eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit es für Lehrpersonen, die psychische Gewalt ausüben, die zum Teil Generationen von Kindern demütigen und massiv beleidigen, Konsequenzen gibt.“ (Simone Altenberger, Juristin in der Kija)

Kinderschutz in Einrichtungen und Vereinen: Ein wichtiger Schwerpunkt

Die Umsetzung von Kinderschutzkonzepten in Einrichtungen und Vereinen, in denen Kinder und Jugendliche betreut werden, bleibt ein zentraler Schwerpunkt. Diese Konzepte befassen sich mit den Risiken innerhalb der Einrichtung und definieren präventive sowie intervenierende Maßnahmen. Besonders im außerschulischen Bereich, wie Sport-, Kultur- und Traditionsvereinen, ist die Implementierung von Kinderschutzkonzepten von großer Bedeutung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen.

„Eine Verpflichtung zur Umsetzung von Kinderschutzkonzepten ist für alle, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, anzudenken. Dazu müssen allerdings auch die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, z. B. Schulungen und Fortbildungen, sowie finanzielle Ressourcen.“ (Vivien Riedl, Sozialarbeiterin)

Im April wird im Landhaus eine Veranstaltung zum Thema Kinderschutzkonzepte im Kulturbereich stattfinden.

Kinderrechte: Herausforderungen für Politik und Gesellschaft

Die Kija weist explizit darauf hin, dass alle Kinder das Recht auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung haben, wie es nicht nur in der UN-Kinderrechtekonvention, sondern auch im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (BVGKR) festgehalten ist.

Die Kinderrechte sind weitgehend bekannt und die Beteiligung junger Menschen in vielen Familien und Institutionen hat einen höheren Stellenwert erhalten. In der Gesellschaft wird vermehrt über Probleme gesprochen als früher, was zu einer Zunahme der Nutzung von Beratungsangeboten durch Kinder und Jugendliche führt.

„Es sind in den vergangenen Jahren zwar einige Verbesserungen erreicht worden, vieles ist aber noch zu tun. Es ist der Auftrag der Kija, hartnäckig und lästig zu sein und die besten Lebensbedingungen für alle Kinder und Jugendlichen in Tirol einzufordern.“ (Elisabeth Harasser, Kinder- und Jugendanwältin)

Jedoch, so Elisabeth Harasser, hätten viele junge Menschen den Eindruck, dass ihre Anliegen von Politik nicht gehört werden würden. Hier würde daher noch Handlungsbedarf bestehen. 

Forderungen an Politik und Gesellschaft durch die Kija

  • Stellenwert von jungen Menschen erhöhen: Der Stellenwert der Kinder und Jugendlichen, ablesbar auch an den öffentlichen Budgets, ist erschütternd gering. In andere Bereiche wird viel schneller investiert! Was leider gänzlich fehlt, ist das politische Bewusstsein für die Bedeutung präventiver Maßnahmen.
  • Fremdunterbringung: In Tirol waren 2022 857 Kinder und Jugendliche fremduntergebracht. Österreichweit waren es 12 888. Zudem gab es in Tirol 276 Pflegekinder. Die Herausnahme eines Kindes aus seiner Familie ist für alle Beteiligten eine traumatische Erfahrung. Überforderte Familien müssen schon viel früher unterstützt werden. Der präventive Ansatz in der Kinder- und Jugendhilfe sollte unbedingt stärker berücksichtigt werden, damit man nicht erst dann eingreift, wenn es schon zu spät ist. Es geht darum, die Kinder- und Jugendhilfe neu zu denken, die bestehenden Systeme zu hinterfragen. Dazu braucht es auch neue Kooperationsformen, viele unterschiedliche Angebote und vielfältige Lösungen, es gibt keine einzige Wahrheit für alle.
  • Einheitliche Qualitätsstandards: Durch die „Verländerung“ (15a-Vereinbarung) der Kinder- und Jugendhilfe hat sich die Situation – wie von vielen Fachleuten vorausgesagt – verschlechtert. Jedes Bundesland verfolgt eigene Wege. Es muss aber garantiert sein, dass alle Kinder in Österreich die bestmögliche Versorgung bekommen, unabhängig davon, wo sie leben. Dazu sind einheitliche Rahmenbedingungen unerlässlich und eine aussagekräftige Statistik. Im Moment ist es unmöglich einen sinnvollen Vergleich der Zahlen der einzelnen Bundesländer zu ziehen und davon Rückschlüsse abzuleiten.
  • Schule: Seit vielen Jahren ist bekannt, dass das österreichische Schulsystem starr und veraltet ist. Die Schwächen wurden in den letzten Jahren sehr deutlich sichtbar. Es fehlt aber leider in Österreich der Mut zu einer umfassenden Neustrukturierung. Keine der kostenintensiven Maßnahmen der letzten Jahrzehnte hat für die Kinder und Jugendlichen wirklich etwas gebracht. Das Schulsystem leidet an der überbordenden Bürokratie, nicht mehr zeitgemäßen Lehrplänen, wenig zielführenden Schulversuchen und viel zu viel parteipolitischem Einfluss.
  • Lehrerdienstrecht: Für Lehrpersonen, die psychische Gewalt ausüben, indem sie Kinder demütigen, schikanieren und massiv beleidigen, muss es endlich auch Sanktionen geben.
  • Finanzierung von Fachkräften für die Umsetzung von Kinderschutzkonzepten: Die Verpflichtung zur Erstellung von Kinderschutzkonzepten in Schulen, Kindergärten, Vereinen usw. ist sehr erfreulich. Damit daraus wirklich gelebter Kinderschutz wird, braucht es aber die nötigen Ressourcen zur Unterstützung.
  • Kindercheck: Analog zum eingeführten Klimacheck für neue Landesgesetze muss unbedingt auch ein Kindercheck verpflichtend vorgesehen werden.

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