Österreichischer Botschafter in Berlin im Gespräch
Peter Huber: "Ich verstehe den Unmut"

Dr. Peter Huber ist seit vielen Jahren im diplomatischen Dienst. Nach Tirol kommt er sooft es möglich ist. | Foto: © Österreichische Botschaft
  • Dr. Peter Huber ist seit vielen Jahren im diplomatischen Dienst. Nach Tirol kommt er sooft es möglich ist.
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Der Kitzbüheler Peter Huber ist seit 2017 österreichischer Botschafter in der deutschen Hauptstadt Berlin.

Wie geht es einem Tiroler in der deutschen Bundeshauptstadt?
Peter Huber: Berlin ist eine spannende Stadt, die nicht aufhört zu überraschen. Als österreichischer Botschafter in Deutschland habe ich eine der interessantesten und zugleich herausforderndsten Stellen, die das österreichische Vertretungsnetz zu bieten hat. Dem Tiroler fehlen eigentlich nur die Berge.

Und wie kommen Sie generell mit der deutschen Mentalität zurecht? Gibt es große Unterschiede darin?
Es gehört zum Rüstzeug eines Diplomaten, auf die Gepflogenheiten des Gastlandes und die Mentalität der Bürgerinnen und Bürger einzugehen. In Deutschland kommt man sehr schnell zum Thema, bringt die Sache auf den Punkt und trifft eine klare Entscheidung.

Deutschland wählt heuer. Wer wird Ihrer Meinung nach Merkel als KandidatIn nachfolgen?
Das ist die derzeit am häufigsten gestellte Frage. Deutschland steht mit sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl im September am Beginn eines Superwahljahres. Mit Ausnahme von Vizekanzler Olaf Scholz für die SPD haben die anderen Parteien ihre SpitzenkandidatInnen noch nicht nominiert. Es stehen uns also spannende Monate bevor.

Deutschland befindet sich wie Österreich im Lockdown. Beeinträchtigt das die Arbeit als Botschafter?
Die Corona-Pandemie und die Lockdowns haben unsere Art zu arbeiten stark verändert. Die vielfältigen, persönlichen Kontakte haben sich in den digitalen Raum verlagert. Umso wichtiger war es, dass man auf bereits bestehende und belastbare Netzwerke zurückgreifen konnte, die man über die Jahre aufgebaut und vertieft hat. Besonders dann, wenn rasches Handeln notwendig war, wie bei der Wiedereinführung von Grenzkontrollen, dem Offenhalten von Flughäfen für in die Heimat zurückkehrende Österreicher oder der Freigabe medizinischer Schutzausrüstung.

Deutschland verfolgt eine wesentlich andere Asylpolitik als Österreich. Erfahren Sie da des Öfteren Kritik von der deutschen Seite?
Genauso wie Deutschland, ist auch Österreich um eine gesamteuropäische und krisenresiliente Lösung in der Flüchtlings- und Migrationsfrage bemüht. Daher sind auch unsere Innenministerien in engem und regelmäßigem Austausch. Punktuell gibt es natürlich unterschiedliche Auffassungen, die wir aber, wie unter guten Freunden üblich, offen besprechen. Unser gemeinsames Ziel bleibt ein funktionierendes europäisches Asylsystem.

Der Haussegen hängt speziell zwischen Tirol und Deutschland wegen der Transitfrage schief. Welche Bemühungen laufen durch die Bundesregierung, hier Tirol vor der Transitlawine zu schützen?
Transit ist, seit ich Botschafter in Berlin bin, eines der Hauptthemen, die mich täglich beschäftigen. Zur Entlastung der Bevölkerung am Brennerkorridor wurde im Juli 2019 der sogenannte 10-Punkte-Plan verhandelt, den es umzusetzen gilt. Die oft als schleppend kritisierte Umsetzung hängt auch damit zusammen, dass es um riesige Infrastrukturprojekte geht, die Zeit in Anspruch nehmen. Zudem muss auch der regionale Kontext gesehen werden, der nicht nur Österreich und Deutschland betrifft. Am Ende des Tages braucht man Deutschland, Österreich, Italien, Bayern, Tirol und Südtirol, die das Problem gemeinsam lösen müssen.

Wie beurteilen Sie persönlich die Tiroler Maßnahmen gegen den überbordenden Brennertransit? Gibt es Interventionen diesbezüglich bei Ihnen für die Bundesregierung?
Aus der Sicht der Tiroler Bevölkerung, die tagtäglich mit dem Schwerlastverkehr konfrontiert ist, verstehe ich den Unmut darüber und das Gefühl, dass nichts weitergeht. Die Maßnahmen sollen verhindern, dass es zu weiteren Anstiegen kommt. Selbstverständlich werde ich von deutscher Seite darauf angesprochen.

Welche Maßnahmen werden getroffen, um die Deutschen zur Planung und zum Bau der Zulaufstrecken zum Brenner Basistunnel zu bewegen?
In Deutschland ist man mit der Trassenplanung nun soweit fortgeschritten, dass die kommende Bundesregierung eine Entscheidung treffen kann. Es sind aber auch andere kurz- und mittelfristige Maßnahmen zu nennen, die zumindest einen Teil des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene bringen sollen. Hier können etwa zusätzliche Verladeterminals für die Rollende Landstraße Entlastungen bringen. Auch Mautkorridore über Staatsgrenzen hinweg könnten dazu beitragen, den Verkehr auf andere Transitrouten zu verlagern.

In ganz Europa gibt es Reisewarnungen, der Tourismus als Wirtschaftsfaktor liegt am Boden. Gibt es bilaterale Gespräche bezüglich einer Öffnung?

Seit Ausbruch der Pandemie ist der deutsch-österreichische Tourismus ein Dauerthema meiner Arbeit. 2019 entfielen mehr als ein Drittel aller Nächtigungen in Österreich auf Touristen aus Deutschland und im Coronajahr 2020 war deren relativer Anteil sogar noch höher. Die aktuelle Infektionslage und damit verbundenen Maßnahmen der Regierungen in beiden Ländern erlauben derzeit keine touristischen Aktivitäten. Die Gespräche, ab wann und zu welchen Bedingungen dies wieder möglich wird, laufen.

Wie oft sind Sie noch zu Besuch in Tirol und haben Sie noch familiäre Verbindung nach Kitzbühel?
Ich versuche, so oft wie möglich nach Tirol zu kommen. Meine Familie lebt in St. Johann und betreibt dort ein Unternehmen. Tirol ist für mich im Sommer wie im Winter das ideale Urlaubsland. Im Sommer zieht es mich in die Berge zum Wandern und Radfahren und im Winter zum Skifahren und Langlaufen.

Zur Person

Peter Huber (* 16. Oktober 1967 in Kitzbühel) ist ein österreichischer Diplomat, der seit 1. Dezember 2017 Botschafter in Berlin ist.
Nach dem Besuch des Bundesgymnasiums St. Johann in Tirol studierte er von 1987 bis 1992 Rechtswissenschaft an der Universität Innsbruck. Von 1992 bis 1994 war er Teilnehmer des 29. Diplomlehrgang an der Diplomatischen Akademie Wien.
Von 1994 bis 1995 wurde er Master of Laws der Georgetown University Law School. 1995 wurde er von der Universität Innsbruck zum Doktor der Rechte promoviert.
Im Jänner 1996 trat in den auswärtigen Dienst und wurde bis September 1996 in der Rechts- und Konsularsektion beim Bürgerservice beschäftigt. Von September 1996 bis März 1997 wurde er in der Abteilung Internationale Organisationen beschäftigt. Von März 1997 bis Oktober 1997 war er der Ständigen Vertretung Österreichs nächst dem UNO-Hauptquartier zugeordnet.
Von Oktober 1997 bis August 1999 wurde er in der Abteilung Internationale Organisationen beschäftigt. Von August 1999 bis August 2002 war er Botschaftsrat nächst dem UNO-Hauptquartier. Von September 2002 bis März 2005 war er Botschaftsrat in Paris. Von März 2005 bis Juli 2008 wurde er in der Abteilung Internationale Organisationen beschäftigt, derer stellvertretende Leitung er im November 2005 übernahm. Von August 2008 bis April 2011 leitete er die Abteilung Internationale Organisationen.
Von April 2011 bis September 2012 war er Bürovorsteher des Büros von Staatssekretärs im Außenministerium Wolfgang Waldner. Von September 2012 bis Dezember 2013 war er Bürovorsteher des Büros des Staatssekretärs im Außenministerium Reinhold Lopatka.
Von Jänner 2014 bis November 2017 war er Botschafter in Madrid und war in Andorra mitakkreditiert. Seit 2017 ist er Botschafter in Berlin. (Quelle: Wikipedia)

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