20 Jahre für „Kettenphantom“
Der 56-jährige Montenegriner hat die Höchststrafe erhalten
¶SANKT ANDRÄ/NÖ. Angesichts schwer traumatisierter Opfer im Zeugenstand stand das Urteil gegen den 56-jährigen Montenegriner Svetislav Danilovic nach einer relativ kurzen Beratung fest: Das „Kettenphantom“ wurde zur Höchststrafe von 20 Jahren verurteilt und muss anschließend bis zu zehn Jahre in eine Anstalt für gefährliche Rückfalltäter.
Kettenphantom: „Bin kein erpresserischer Entführer“
Der Angeklagte, der bereits mehr als 40 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbrachte, legte gegen das Urteil der St. Pöltener Geschworenen Nichtigkeit und Berufung ein, zumal er sich nicht als erpresserischer Entführer sieht. Mit der Planung von Geiselnahmen in Öster-reich begann der diesbezüglich erfahrene Danilovic Anfang 2009. Per Internet forschte er seine Opfer, bevorzugt Bankdirektoren und deren Angehörige, aus. Mehrfach drang er bereits im Vorfeld in die Wohnobjekte ein, verschaffte sich dabei jene Ortskenntnisse, die er für seine Vorhaben benötigte, und deponierte etwa die Ketten, die er um den Hals seiner Opfer legte, in greifbarer Nähe.
Während die Familie schlief...
Mit einem Warnschuss aus seiner Pistole versuchte der Schwerverbrecher Ende September 2009 ein weiteres Opfer von seiner Verfolgung abzuhalten. Abermals bewaffnet war er in das Haus einer Familie in St. Andrä-Wördern eingedrungen, während das Ehepaar und seine beiden Kinder schliefen. Der Hausherr, durch Geräusche geweckt, hielt Nachschau und verfolgte den flüchtenden Montenegriner. In dem Glauben, der Schuss, den der Täter abgegeben hatte, sei aus einer Schreckschusspistole, setzte er seine Verfolgung fort, bis er dem Mann im hinteren Bereich seines Gartens gegenüberstand. „Geh wieder zurück ins Haus, sonst bring ich dich um“, drohte er diesmal erfolgreich und flüchtete vom Tatort.
Von einem „Supergau“ für die Opfer sprach Staatsanwalt Karl Fischer, deren Gutachter schwerste traumatische Störungen diagnostizierten, die teilweise bis heute nachwirken und ihr Leben massiv beeinträchtigen. Der Angeklagte behauptete, er habe schon als Jugendlicher die Straßen seiner Heimat „aufgeräumt“, versuche, wie Gerichtssachverständige Heidi Kastner ausführte, seine Taten „schönzureden“. Er sei weder geisteskrank noch leide er an einer Persönlichkeitsstörung. Die Wahrscheinlichkeit, nach seiner Haftstrafe wieder auf seine Art von Geldbeschaffung zurückzugreifen, sei extrem hoch, müsse aber zum gegebenen Zeitpunkt nochmals überprüft werden. Die Forderungen von Zigtausenden Euro für Schadenersatz und Schmerzensgeld nahm Danilovic an, wohl wissend, dass er dazu nie mehr in seinem Leben in der Lage sein wird.
Zur Sache
Am 20. Mai 2009 und im Oktober 2009 verübte er folgende Einbrüche:
Am 20. Mai 2009 brach er in Pöchlarn in das Haus eines Bankiers ein, fesselte die Frau mit Handschellen und Kabelbinder, fixierte sein Opfer in der Sauna und floh nach sieben qualvollen Stunden mit der Beute.Besonders dramatisch verlief die Geiselnahme Mitte Oktober 2009 im Haus einer Bankdirektorin aus dem Bezirk Korneuburg, die das Kettenphantom schon aus seiner kriminellen Karriere in der Schweiz kannte, wo er eine Liste mit etwa 200 der reichsten Schweizer durchforstete. Für seine ähnlich gelagerten Delikte wurde er dort zuletzt zu elf beziehungsweise 14 Jahren Zuchthaus verurteilt.Bestens vorbereitet drang der Täter gegen ein Uhr nachts in das Haus in Stetteldorf ein und weckte mit vorgehaltener Pistole die Frau und deren Lebensgefährten. Der Maskierte fesselte seine auf dem Bauch am Boden liegenden Opfer und verklebte ihnen die Augen, sackte Schmuckstücke, Geld und andere Wertgegenstände ein und speicherte ein Erpresserschreiben mit einer Lösegeldforderung von einer Million auf dem Computer. Nach etwa zwei Stunden fesselte er die Frau an einen Sessel in der Dusche, legte ihr eine Kette zweimal um den Hals und fixierte diese so, dass beim Umfallen des Sessels die Gefahr einer Strangulierung bestand. Ihren Lebensgefährten fesselte er mit einer Kette auf einem Hochstand und ließ ihn dort fixiert zurück.
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