Die unterschätzte Gefahr Hagenbach
Wer den Hagenbach als Wildbach deklariert, erntet mitunter spöttische Blicke. Zu Unrecht. Experten haben jetzt das wahre Gefährdungspotenzial erhoben. Das Ergebnis ist für St. Andrä-Wördern ernüchternd: Ein weitaus größeres Areal als bisher angenommen ist von Überflutungen betroffen. Die Gemeinde ist mit diesen Sorgen freilich nicht allein: So sind etwa auch in Sieghartskirchen Dutzende bewohnte Häuser bedroht.
ST. ANDRÄ-WÖRDERN / SIEGHARTSKIRCHEN (cog). Erst Anfang des Jahres hatten Bewohner der Auhof-Siedlung Alarm geschlagen – sie fürchteten einen Dammbruch beim Hagenbach und eine Flutung der dortigen Häuser. Der Damm hatte sich in miserablem Zustand befunden. Im Frühjahr schließlich wurde die Hochwasser-Sicherheit des Hagenbachs und seiner Dämme durch Spundwände verbessert. Doch die Gefahr ist nicht gebannt, wie jetzt eine vom Land beauftragte Studie zeigt.
Entwicklungsflächen bedroht
Rund 40 Hektar – also weit mehr als bislang angenommen – sind von größeren Hochwasserereignissen (30-, 100- und 300-jährige Hochwasser) bedroht. Problematisch dabei sind die schmalen Durchlässe zur Au hin – etwa die Eisenbahnbrücke –, wodurch massive Rückstauungen und somit Überflutungen beidseitig des Hagenbachs passieren können. Rund um den Unterbachverlauf befinden sich zudem potenzielle Entwicklungsflächen für die Gemeinde. Daraus ergeben sich heikle juristische Fragen, was künftige Baubewilligungen anbelangt.
Zu größeren Problemen könne es laut Franz Hahn von der Abteilung Wasserbau beim Land nicht unbedingt bei einem 30-jährigen, aber in jedem Fall bei einem 100-jährigen Hochwasser kommen: „Wir haben im Rahmen der Studie auch Maßnahmenvorschläge erarbeitet, wie bereits bebaute Siedlungsgebiete geschützt werden können. Da ist sicher Handlungsbedarf. Die Dämme sind alle am Limit.“
Gegen Panikmache
Bürgermeister Alfred Stachelberger (SPÖ) will zu den Ergebnissen noch keine Stellung beziehen: „Gemeindevertretern wurde ein Rohbericht präsentiert. Ich möchte aber noch die endgültige Fassung abwarten, um dem nicht vorzugreifen. Für uns im Vordergrund steht natürlich, wie man Bevölkerung und Flächen in einem Extremfall schützen kann. Da verlassen wir uns ganz auf das Land,“ verweist er auf seine Vorstellung zur Finanzierung notwendiger Maßnahmen, wie etwa der Bau eines Rezessionsbeckens eine wäre.
Gefahrenzone im Visier
„Den Hagenbach darf man nicht unterschätzen“, betont der zuständige Gebietsbauleiter Christian Amberger von der Wildbachverbauung im Lebensministerium, wo man derzeit an einem Gefahrenzonenplan für die Gemeinde arbeitet. Diese Untersuchung berücksichtigt alle von Wasser oder Erosion bedrohten Flächen, die von Besiedelung freizuhalten sind.
Große Maßnahmen müssen warten
St. Andrä-Wördern ist freilich keine Ausnahme. Viele niederösterreichische Gemeinden sind von Hochwasser bei Bächen betroffen. Überall dort wurde und wird die Gefahrenlage vom Land erhoben. „Panik erzeugen die Ergebnisse aber großteils keine. Die Problematik ist meist überall bekannt, wenn auch nicht immer in dem Ausmaß“, so Wasser-Experte Hahn.
In Sieghartskirchen etwa sind rund 90 Häuser von Hochwasser bedroht. „Wir haben schon einige Projekte am Laufen“, erklärt Bürgermeister Johann Höfinger (ÖVP). Zumindest kleine Maßnahmen wie Räumung der Böschungen und Sicherung der Dämme wurden hier wie auch in St. Andrä-Wördern bereits umgesetzt. Sorgen bereiten in Sieghartskirchen Kleine und Große Tulln. Bei zweiterem Fluss ist im Rahmen des Hochwasserschutzes auch die Revitalisierung geplant. Die Maßnahmen bei der Kleinen Tulln (Rückhaltebecken) mussten jedoch vorerst in eine spätere Zukunft verschoben werden.
Zur Sache
Info-Veranstaltung
Die von der NÖ Landesregierung beauftragte Studie zur Untersuchung der Wasserabflusswerte im Hagenbach wird am Dienstag, 23. November, um 18 Uhr in St. Andrä-Wördern vorgestellt. Im Rahmen der Bürgerinformation besteht die Möglichkeit, die Ergebnisse mit den Experten zu diskutieren.
Die Ergebnisse der Studien aller betroffenen Gemeinden werden nach und nach auf die Homepage des Land NÖ (www.noel.gv.at) übertragen und sind dort für jeden einsehbar.
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