Chef über fünfzig Nadeln
Jetzt ist Hochsaison bei Schneidern: Katzelsdorferin sattelte von Sekretärin zu Schneiderin um.
KATZELSDORF / BEZIRK / NÖ. Dass hier ein kreativer Kopf wohnt, das wird einem schnell bewusst: Ein großer Türkranz mit weißer Masche ziert die Haustüre, dann geht's hinauf in den ersten Stock in das Reich der 57-Jährigen. Ein Ballkleid in orange ist der Hingucker, eine Schere liegt auf dem Tisch, ein Nadelkissen hält Köstlbauer in Händen, mit dem sie gerade an der Ballrobe arbeitet.
Nicht immer jedoch saß Köstlbauer an der Nähmaschine – ursprünglich war sie Sekretärin, hat jedoch vor sechs Jahren ihr Hobby – schließlich hat sie neben ihrer kaufmännischen Ausbildung auch das Textile in der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt Spengergasse absolviert – zum Beruf gemacht. "Mein Mann hat gesagt, mach Dich selbständig", einen Job hab' ich – auch bedingt durch mein Alter – nicht mehr bekommen.
Keine Sorge über Nachwuchs
Wie es im Gewerbe mit Nachwuchs steht? "Bei den Lehrlingen verzeichnen wir einen Rückgang", informiert Innungschefin Annemarie Mölzer, Mode- und Bekleidungstechnik in der Wirtschaftskammer, "da es aber auch die schulische Ausbildung gibt, machen wir uns keine Sorgen", sagt sie auf Nachfrage der Bezirksblätter und betont, dass derzeit auch die Arbeit ganz und gar nicht ausgehe. "Die Bälle sind für uns Hochsaison", so Mölzer. Einerseits müssen Kleider gekürzt oder angepasst werden, andererseits werden welche entworfen und genäht: "Viele Frauen wollen einfach nicht mehr das Kleid von der Stange oder gar weitere drei Frauen in der gleichen Robe antreffen", sagt die Innungs-Chefin.
"Unflexibel darfs net sein"
Genug Arbeit gibt's auch in Adelheids Änderungsschneiderei: "Jetzt sind's die Ballkleider, im Herbst die Dirndl und die Zippverschlüsse der Jacken". "Unflexibel darfst nicht sein, oft ist schnelles Abarbeiten gefragt", lacht die vierfache Mutter: "Oft kommen die Leute am Freitag und erklären mir, dass die Hose, die plötzlich zu eng ist, bereits morgen am Ball getragen werden soll", erzählt sie.
Im Bezirk Tulln gibt es in der Sparte Mode- und Bekleidungstechnik 31 Unternehmen, davon sind sechs Änderungsschneidereien und sieben Kleidermacher.
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