Gesang der Geister über den Wassern ...
Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es,
und wieder nieder zur Erde muss es - ewig wechselnd !
Strömt von der hohen, steilen Felswand der reine Strahl,
dann stäubt er lieblich in Wolkenwellen zum glatten Fels,
und leicht empfangen wallt er verschleiernd -
leise rauschend zur Tiefe nieder!
Ragen Klippen dem Sturz entgegen -
schäumt er unmutig, stufenweise zum Abgrund.
Im flachen Bette schleicht er das Wiesental hin -
und in dem glatten See - weiden ihr Antlitz alle Gestirne !
Wind ist der Welle lieblicher Buhler.
Wind mischt vom Grund aus schäumende Wogen:
Seele des Menschen - wie gleichst du dem Wasser !
Schicksal des Menschen - wie gleichst du dem Wind !
Wolfgang von Goethe
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