Nur 280 Millionen Euro
Analyse der Bahn-Pläne: Zu wenig für das Waldviertel
Die Waldviertelautobahn ist tot. Dafür soll die Franz-Josefs-Bahn gestärkt werden. Doch was bringen die angekündigten Investitionen den Waldviertlern? Nicht viel. Eine Analyse.
WALDVIERTEL. Die Autobahn ist tot, lang lebe die Bahn. In den vor den Weihnachtfeiertagen von Verkehrsministerin Leonore Gewessler getwitterten Informationen werde man stattdessen massiv in den Bahnausbau investieren. Die Bezirksblätter haben gemeinsam mit Bahn-Experten die Pläne analysiert und sind vor allem der Frage nachgegangen, was es den Waldviertlern bringt.
Zuerst klingt die Ankündigung nicht schlecht. 850 Millionen Euro werden für den Ausbau von Bahnprojekten verwendet, 500 Millionen fließen in deren Beschleunigung. Macht insgesamt 1,35 Milliarden Euro für die Bahn im nördlichen Niederösterreich. Aber davon fließt laut ÖBB-Rahmenplan nur ein Bruchteil in die Franz-Josefs-Bahn: 127 Millionen Euro soll die Direktanbindung von Horn kosten. Insgesamt sollen laut Bezirksblätter-Informationen rund 280 Millionen Euro investiert werden.
Nur zwei von drei Paketen im Plan
Aber was wird mit diesem Geld gemacht? Dafür lohnt sich ein Blick zurück ins Jahr 2016. Damals wurde in Sigmundsherberg unter anderem vor den Bezirksblättern eine Studie zum Ausbau der Bahn vorgestellt. Darin enthalten sind drei Pakete, die insgesamt eine knappe Milliarde Euro kosten sollten. Aktuell wurden vom Verkehrsministerium aber nur zwei Pakete angekündigt. Diese umfassen Streckenmodernisierungen und die bereits erwähnte Direktanbindung von Horn. Darin inkludiert ist die Beschleunigung der Bahn auf bis zu 160 km/h - wo dies möglich ist. Darüber hinaus werden die ÖBB einzelne Investitionen um fünf Jahre vorziehen, hieß es aus dem Ministerium.
Das für das obere Waldviertel so wichtige Paket 3 mit Streckenbegradigungen in Vitis und Göpfritz fehlt in den aktuellen Plänen. "Diese Maßnahmen sind nicht über das derzeit gültige Zielnetz 2025+ der ÖBB Infrastruktur, das die Grundlage der Netzentwicklung darstellt, abgedeckt. Derzeit laufen die Arbeiten zum Zielnetz 2040+. Das Paket 3 der FJB wird darin analysiert", hieß es dazu aus dem Verkehrsministerium.
Zusätzlich wurden Planungen für die Franzlbahn zwischen Wien Franz-Josefs-Bahnhof und Absdorf-Hippersdorf sowie für eine zweigleisige Einbindung der FJB in die Neubaustrecke Wien- St-Pölten (Strecke Tulln-Tullnerfeld) vereinbart. "Damit soll eine verstärkte Führung von Zügen aus dem Waldviertel über die Neubaustrecke nach Wien West möglich sein, was für die Pendler im Waldviertel deutliche Fahrzeitreduktionen bringen wird. Die Kosten für diese Maßnahmen können erst nach Abschluss der Planungen angegeben werden. Die Realisierung ist bis 2029 geplant", so die Info aus dem Büro der Verkehrsministerin.
Trassenführung von anno 1870 bleibt
Investitionen im oberen Waldviertel sind aber derzeit nicht in Sicht und die Trassenführung von anno 1870 bleibt. Gerald Hohenbichler von der Initiative PRO Franz-Josefs-Bahn begrüßt zwar das Aus der Autobahn, spricht aber insgesamt von einem verkehrspolitischen Bauchfleck. "Die derzeitige Ausbaustrategie bedeutet, dass es bis 2030 - eventuell sogar bis 2035 aufgrund der langen Bauzeit von Paket 3 - falls dieses jemals kommt - kaum spürbare Fahrzeitverkürzungen geben wird. Es wird bis dahin keine einzige Kurvenbegradigung auf der 150 Jahre alten Kurven-/Bogentrasse geben, ja sogar keinen einzigen selektiven Zweigleis-Ausbau," fasst der Experte zusammen. Oder kurz: "Das ist wie eine Autofahrt Gmünd – Wien im Jahr 2030 ohne Ortsumfahrung".
Die aktuell geplanten Maßnahmen werden den Waldviertlern etwa 8 bis 10 Minuten Fahrtzeitverkürzung auf der Strecke Gmünd-Wien bringen. Zum Vergleich: Mit dem typenreinen Einsatz von modernen Cityjets sei schon jetzt eine Viertelstunde Fahrtzeit einzusparen, so der Bahn-Profi.
Bis 2026 in diesem Zustand keine Besserung in Sicht
Hohenbichler dazu: "Die Zahlen, welche zum FJB-Ausbau kursieren, sind eine Vermischung von großteils sowieso anstehenden Instandhaltungsarbeiten und dem Bau der sogenannten „Spange Horn“ welche in dieser Form nichts bringt außer massive Kosten."
Dass den Waldviertlern fünf Jahre alte und noch dazu abgespeckte Pläne als großer Wurf verkauft werden, kommt selbst in den eigenen Reihen nicht gut an, wie eine Nachfrage beim grünen Nationalratsabgeordneten Martin Litschauer bestätigt. Der Waldviertler Politiker habe selbst noch keine Informationen aus dem Ministerium erhalten, aber er spricht sich für eine Nachverhandlung des ÖBB-Rahmenplanes aus. "Da müssen wir schon weiter diskutieren, die Zeit ist in den vergangenen fünf Jahren nicht stehen geblieben."
Die Bahn-Studie aus dem Jahr 2016 finden Sie hier.
Zur Sache: Direktanbindung Horn
- Errichtung einer Verbindungsstrecke nach Horn (rund 3 km Neubaustrecke)
- Elektrifizierung bis Horn
- Umbau Bahnhof Horn
- Umbau Streckenabschnitt von ca. Bahn-km 35 bis ca. Bahn-km 41 der Kamptalbahn bis Horn
- Selektive zweigleisige Ausbaumaßnahmen südlich von Irnfritz und südlich von Sigmundsherberg
- Auch hier soll die Fertigstellung bis 2027 erfolgen.
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