Wirte laufen gegen Allergie-Verordnung Sturm
Wirte müssen ab Dezember die Inhaltsstoffe ihrer Gerichte angeben. Diese sind sich einig und sprechen von Bevormundung, Verunsicherung der Gäste und bürokratischem Wahnsinn.
BEZIRK. Unter Niederösterreichs Wirten herrscht Unruhe. Nach der Ungewissheit beim Nichtraucherschutz, droht den Gastronomen schon das nächste Unheil. Ab 15. Dezember müssen laut EU-Verordnung auf den Speisekarten alle Inhaltsstoffe welche Allergien auslösen können angeführt werden. Für viele Wirte ein büroratischer Wahnsinn, alleine die umzusetzende "VERORDNUNG (EU) Nr. 1169/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES" hat 46 Seiten. Die Bezirksblätter haben Wirte und Kunden im Bezirk Waidhofen befragt, was sie von der Kennzeichnungspflicht halten.
Stefan Kainz, Obmann der Wirtegemeinschaft Waidhofen ist wenig begeistert: "Meine Speisekarte hat jetzt acht Seiten. Nachher sind es wahrscheinlich 16." Eigentlich soll die Angabe von möglicherweise allergenen Zutaten Sicherheit für die Konsumenten schaffen. Kainz ist aber überzeugt, dass wahrscheinlich das Gegenteil eintritt und Gäste verunsichert werden. "Irgendwo zwischen all den Angaben findest du dann dein Gericht. Du isst in Wahrheit eine einzige Verordnung", ärgert sich der Tell-Chef. Noch ein Detail stört den Gastronomen: Durch das Zerlegen der Speisen in einzelne Zutaten würden die eigentlich geheimen Rezepte öffentlich.
Kritik an Bevormundung
Kainz: "Unsere Gäste sind ja mündige Leute. Wenn jemand eine wirklich schwere Allergie hat, dann sagt derjenige das auch und wir können uns anpassen. Das war bisher nie ein Problem". Jedenfalls sei in seinem Lokal noch niemand an einem allergischen Schock gestorben, so Kainz. Sein Fazit: "Die EU schreibt uns wie kleinen Kindern alles vor. Selbst entscheiden dürfen wir nicht mehr."
Sein Tipp an die Wirte-Kollegenschaft: Eine Art Beipackzettel für die Speisekarte, den man dem Gast auf Verlangen vorlegt. Dieser enthält dann sämtliche Inhaltsstoffe und verschandelt nicht den Menüplan, so der Gastronom.
Ähnlich sieht das auch Michael Stocker, der Gasthäuder in Waidhofen und Karlstein betreibt: "Wenn ich eine 46-seitige Verordnung durcharbeiten muss, damit ich ein Schnitzel servieren darf, werden es sich viele überlegen ob sie überhaupt noch frisch kochen und nicht eher auf Tiefkühlware zurückgreifen". Den Wirt trifft die Verordnung besonders hart: Er stellt etwa einmal im Monat die Speisekarte je nach Saison um. "Wenn dann in der Speisekarte von Gemüse die Rede ist, wird es im Mai wahrscheinlich eher Spargel geben und im Winter Wurzelgemüse", erklärt der Gastronom. Die Folge: Er muss jedes Mal die Speisekarte neu aufsetzen.
Stocker selbst bekocht oft Stammgäste, die Allergien haben. Probleme hätte es dabei aber noch nicht gegeben. "Wenn jemand auf eine bestimmte Zutat allergisch ist, na dann koche ich eben etwas anderes." Der Wirt des K12 will die Verordnung jedenfalls boykottieren so lange es geht. "Damit bringt man die kleinen Gastronomen um", ist er überzeugt. Stockers Fazit: "Das ist doch ein Zirkus!"
Vegan und Vegetarisch
Während die Wirte schäumen, sind nicht alle Konsumenten unglücklich. Denn: Auch ob Speisen für vegetarische oder vegane Ernährung geeignet sind muss zukünftige angegeben werden. "Endlich weiß ich, ob Gerichte tierische Zutaten enthalten. Das war bisher oft schwierig, da oft auch die Kellner selbst nicht wussten, ob in einem bestimmten Gericht beispielsweise Eier enthalten sind", kann eine 30-jährige Veganerin aus Waidhofen, die namentlich nicht genannt werden will, der neuen Regelung auch Positives abgewinnen.
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