Aus der Geschichte lernen: Waidhofens bewegte Zeiten

BEZIRK WAIDHOFEN. Im Sommer 2017 eröffnet das Haus der Geschichte im Landesmuseum Niederösterreich. Für den Start werden noch Ausstellungsstücke aus dem Bezirk Waidhofen gesucht. Manch Foto, Dokument oder Altagsgegenstand aus den Kellern oder Dachböden des Bezirkes könnte schon bald zum Star der Schau werden.

Stadtchronist Erwin Pöppl erzählt von bewegten Zeiten

Wie bewegt die Zwischenkriegszeit war, darüber gibt der Stadtchronist Doktor Erwin Pöppl Auskunft.
In den ersten Nachkriegsjahren nach 1918 herrschte Krisensituation, Priorität hatte die Sicherstellung der Ernährung. Darum wurden Fisch- und Fleischabgabe, Holzzuteilung geregelt. Für die Stadt gab es eigenes Geld aus Papier, wegen des Krieges herrschte noch Metallmangel. Eine amerikanische Hilfsaktion speiste Kinder aus, und der Schleichhandel florierte.

Rückbenennung von Straßen

Der Kaiser Franz Josefs Platz wurde wieder zum Stadtplatz, die Kaiser Karl Straße zur Böhmgasse, die Hötzendorferstraße (war Oberkommando der KuK-Armee) wurde in Schadekgasse umbenannt. 1922 kamen neue Kirchenglocken nach Waidhofen, nachdem die alten im Krieg eingeschmolzen worden waren. Die Inflation der Kronenwährung war im Steigen begriffen. 1922 eröffnete das Lagerhaus, 1923 das Feuerwehrhaus in der Gymnasiumstraße. 1923 besuchte Bundeskanzler Ignaz Seipel die Stadt, er war auf der Durchreise nach Prag gewesen, um dort Finanzhilfe für die katastrophale Lage Österreichs zu erlangen. Im gleichen Jahr beginnt Carl Knoll seinen Kinobetrieb in der Böhmgasse.

Der Schilling kommt

1925 wurde die Schillingwährung eingeführt. Ab dieser Zeit baute man die Postlinien mit Personentransport aus, die erste Benzinzapfstelle entstand am Hauptplatz, die der ersten bescheidenen Motorisierung gerecht wurde. Auch das Museum in der Wienerstraße und der Museumsverein wurden zu dieser Zeit gegründet. 1927 kam die Molkerei, die in den 90er Jahren geschliffen wurde. Heute steht der Pennymarkt auf diesem Platz. Die Freizeitattraktionen waren Gasselfahren mit einem von Pferden gezogenen Schlitten und Skijöring, bei dem ein Motorrad Schifahrer im Bereich des Jägerteiches zog. Bei der Nationalratswahl 1930 in Waidhofen wurden 1570 Stimmen abgegeben, davon schon 298 für die NSDAP. Der NS-Geist entwickelte sich also langsam in der Stadt.
1931 eröffnete das legendäre Kaffeehaus Todt, der Treffpunkt des bürgerlichen Waidhofens an der Ecke Niederleuthner-Schlossergasse.

Die nächste Krise kommt 1933

1933 ging Österreich wieder einer Krise entgegen, der Weg führte in den Bürgerkrieg. Die „Vaterländische Front“ (damals Staatspartei) eröffnete eine Dienststelle. Das Bürgerkorps, das seit 1798 bestand, musste aufgelöst werden, weil es laut falschen Angaben zu viele NSDAP-Mitglieder hatte.
An der Thaya entstand oberhalb der Gabler-Wehr ein Freibad.
Im Februar 1934 brach der Bürgerkrieg aus, Unruhen gab es auch in Waidhofen. Die sozialdemokratische Ortsgruppe in Waidhofen und die Gemeindevertretung wurden aufgelöst. Am ersten Mai 1934 wurde Österreich zur Diktatur. Bundeskanzler Dollfuß' Rede wird am Hauptplatz übertragen. Und wieder wurden die Straßen umbenannt: Aus dem Hauptplatz wird ein Dollfußplatz, bis er im März 1938 zum Hitlerplatz wurde.

Am 29. März 1935 bekam Waidhofen neue Hausnummern, die bis heute gültig sind.
Von 28. 9. bis 1. 10. fand die große Bezirksausstellung statt und die Elektrifizierung im Umland wurde fleißig weiter betrieben.
Die alten Stadtteile (Extragebäude, Stadtgut) wurden 1936 aufgelöst, die neuen Straßennamen sind ebenfalls bis heute gültig.
Am 30. Juli wurde das olympische Feuer in Laufstafetten durch Waidhofen nach Berlin getragen.
1937 wurde Jasnitz eingemeindet, das Finanzamt zog gegenüber der Post ein.
1938 wurden die Anhänger Hitlers immer stärker präsent, blieben immer weniger geheim, sie spürten die baldige Machtübernahme. Am 24. Februar fand die letzte Kundgebung der „Vaterländischen Front“ statt, deren Leiter Hauptschuldirektor Zirkler war.

Das Ende des Friedens

Am 11. März abends war die letzte Rede von Bundeskanzler Schuschnigg „Gott schütze Österreich“ zu hören. Um 20 Uhr beschritten die NS-Anhänger einen großen Fackelzug, bis um 22 Uhr die Hakenkreuzfahne am Rathaus gehisst wurde.
Funktionäre der Vaterländischen Front wurden eingesperrt, in der Nacht fand die Machtübernahme der Nazis statt.
Am 15. März wurde Österreich ausgelöscht. Der Anschluss ans Deutsche Reich wurde vollzogen. Neuer Bürgermeister von Waidhofen wird Josef Dittrich, der kein radikaler Nazi war und sich keines Verbrechens schuldig machte und daher auch von den Russen verschont wurde, am 8. Mai 1945 musste er dennoch abdanken.
Das Standbild Kaiser Franz Josefs wanderte in den Stadtpark, ab nun galg Österreich als „Ostmark“ im „Dritten Reich“. Der Hauptplatz hieß nun Hitlerplatz.

Schockstarre

Die Böhmgasse galt als Straße der SA, das Parteilokal der NSDAP befand sich im Haus Böhmgasse 6.
Am 6. Mai 1945 fand der letzte Aufmarsch der Nazis statt, höhere Funktionäre des NSDAP verließen die Stadt in Richtung Westen.
Am 9. Mai 1945 kam die Rote Armee an der Thayabrücke an, die Stadt wurde dort für 10 Jahre an die Sowjets übergeben.
Am 10. Mai war die ganze Stadt wie in Starre, nur Gasthaus Tiefenböck hielt geöffnet.

Auch Dietmanns erlebte in der Zwischenkriegszeit eine bewegte Epoche

Zu einem gewissen Wohlstand brachte es die Region um Dietmanns, darum wurden gerade zu ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besonders viele Neubauten errichtet. Die Webere und Baumwollverarbeitung, die Graf Mallenthein 1725 in Siegharts gebracht hatte, war bald auf die gesamte Region übergegangen. Wegen des Wachstums wurde ein zweiter Ortsteil, nämlich Neudietmanns gegründet, der sensationell schnell wuchs. Nach ein paar Betriebsübernahmen und Expansionen, kaufte die Firma Gebrüder Schiel AG im Jahr 1926 die Fabrik und produzierte in Dietmanns zu Baumwolle, Bändern und Seidenwaren auch noch Breitware, also Stoffe. Diese Firma initiierte nach dem zweiten Weltkrieg die Gründung der Arbeitersiedlung Schieldörfel. Trotzdem begann die Bevölkerungszahl wieder zu sinken.

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