Michaela Schimanko
"Die Auslage der Eden Bar ist das Instagram der 1980er"
Michaela Schimanko ist Besitzerin der Eden Bar und damit eine Grand Dame der Wiener Nachtgastronomie.
WIEN. Mittwoch, 16 Uhr in der Eden Bar in der Liliengasse 2 in der Inneren Stadt. Eine etwas ungewöhnliche Tageszeit für das Etablissement. Wobei, eigentlich auch wieder nicht. Startet doch bereits eine Stunde später die Afterwork-Reihe, die Besitzerin Michaela Schimanko gemeinsam mit Marianne Kohn von der Loosbar und Djane Mel Merio veranstaltet.
Doch noch herrscht absolute Ruhe in der Eden. Die Bar wird für den Abend hergerichtet und Schimanko klärt noch ein paar Details mit den Mitarbeitern. Dann setzen wir uns oben in die Lounge und plaudern bei einem Kaffee über ihre Kindheit, den Handy-Wahnsinn und warum sie es geil findet, alt zu sein. Es ist ein sehr persönliches Gespräch zwischen zwei Gastrokindern. Auch wenn mein Vater bei weitem keine Berühmtheit war, so wie Heinz Schimanko, der Vater von Michaela.
Wir sind beide Gastrokinder und in den Lokalen unserer Väter aufgewachsen. Ich habe das stundenlange Warten auf meinen Vater gehasst. Wie ist es dir damit ergangen?
MICHAELA SCHIMANKO: Mein Gott, es wird irgendwann selbstverständlich. Ich hab mich als Kind schnell daran gewöhnt. Ich hatte meine Nachhilfestunden am Nachmittag im Moulin Rouge, da dort auch das Büro war. Jedoch habe ich sehr schnell die Diskrepanz nach außen mitbekommen. Was du beispielsweise besser nicht erzählst. Und so bewegst du dich auf diesem Grat der Gastronomie. Insbesondere übers Nachtgeschäft konnte ich meinen Mitschülern nichts erzählen. Es war für Außenstehende sowieso immer ein Mirakel, etwas Verpöntes.
War es schon immer dein Ziel, in die Fußstapfen deines Vaters Heinz Schimanko zu treten?
Nein. Ich wollte eigentlich Archäologin werden. Das ist es dann nicht ganz geworden. Ich habe nach der Matura begonnen Jus zu studieren und hab nach zwei Jahren abgebrochen.
2001 hast du die Eden-Bar übernommen. 2002 ist dein Sohn auf die Welt gekommen, zwei Jahre später deine Tochter. Wie hast du Job und Familie unter einen Hut gebracht?
Zu Beginn war ja noch mein Vater da. Als er 2005 verstorben ist, wurde es schwierig. Das war dann wirklich hardcore.
Wie hast du das alles damals geschafft?
Trotz Kindermädchen und einem engagiertem Mann habe ich durchschnittlich nur drei, vier Stunden pro Nacht geschlafen. Denn ich hatte ja nicht nur die Eden Bar, sondern auch die Reiss Bar. Das war richtig anstrengend. Daher habe ich mich auch 2008 von der Reiss Bar getrennt. Es war einfach zu viel. Damals habe ich 80 bis 100 Stunden in der Woche gearbeitet.
Die Eden Bar ist eine Größe in Wiens Lokalszene. Was ist dein Erfolgsgeheimnis?
Die Eden Bar ist 112 Jahre alt und bei guter Betreuung wird es die nächsten 100 Jahre so weiter gehen, denn das Flair ist einzigartig. Ich persönlich bin der Meinung, eines der Erfolgsgeheimnisse der Eden Bar ist die Doppeltür. Du gehst durch diese hinein und lässt die Realität einfach draußen. Drinnen gibt es kein Tageslicht und damit bist du in der Zeitmaschine Eden Bar gefangen.
Man lässt seine Probleme vor der Tür. Machst du das auch?
Ja, natürlich. Du kannst keine Probleme in den Job mitnehmen. Du musst für die Kunden und fürs Geschäft da sein. Erst, wenn du heim gehst, bist du wieder privat.
Hier haben zahlreiche Promis – teils anonym – die Nächte durchgefeiert. Geht das heutzutage noch?
Mein Gott, in Zeiten von Instagram & Co. – irgendwer bekommt es mit, irgendwer postet es – kann man heute nichts mehr geheim halten. Früher ging das noch. Da haben wir unsere prominenten Gäste gefragt, ob sie in die Fotoschau unserer Auslage möchten. Das war das Instagram der 1980er-Jahre. Unsere Gäste genießen noch immer die Privatsphäre bei uns, weil sie wissen, dass wir sie nicht posten. Aber heute kannst du das nicht mehr so beeinflussen. Irgendwer wird immer in der Menge gesichtet und abgelichtet.
Aber Fotoverbot gibt es noch keines in der Eden Bar?
20 Jahre lang war unser Slogan: Was in der Eden passiert, bleibt in der Eden. Aber seit dem Handy-Wahnsinn kannst du das nicht mehr kontrollieren. Daher laufen Überlegungen bei uns, ob wir den berühmten Punkt auf die Handykameras unserer Gäste kleben sollen.
Was war dein bisher schönstes Erlebnis in der Eden Bar?
Das schönste Erlebnis für mich ist immer wieder, wenn sich jemand bei mir für eine Privatparty bedankt. Wir hatten vor kurzem einen 60er hier und das Geburtstagskind hat mir gleich am nächsten Tag in der Früh ein Mail geschrieben und sich für die schöne Party bedankt. Das sind die Momente, für die du das machst. Wenn die Gäste am Samstag glücklich rausgehen und sagen „Oh mein Gott, das war eine tolle Nacht, Danke!“
Und das Schlimmste? Gab es überhaupt so einen Moment, wo du dir gedacht hast: Aus, Schluss, Ende?
Sicher, das gibt’s immer. Jedoch wenn jemand wirklich zu viel hat oder sich ganz daneben benimmt, dann nehme ich ihn ganz lieb an der Hand und bringe ihn raus. Dadurch hat dieser Moment nicht viel Chance, zu einem Erlebnis zu werden.
Die erste Besitzerin der Eden-Bar war Operettensängerin Emmy Stein. Mit dir ist erneut eine Frau an der Macht – wird deine Tochter auch in deine Fußstapfen treten?
Nein, mein Nachfolger wird mein Bruder Heinz-Rüdiger. Meine Tochter ist erst im Maturajahr und möchte Forensik studieren. Sie hat einfach gesehen, wie stressig es für mich war und hat daher keine Ambitionen in die Gastro zu gehen. Und ich habe ihr auch immer gesagt: „Kind, lern was! In die Gastro kannst du noch immer gehen.“
Also ich freu mich, wenn Bewerberinnen und Bewerber Erfahrungen aus der Gastronomie mitbringen.
Das versteh ich, denn wer in der Gastro gearbeitet hat, ist stressresistent. Wir sind alle schussfest.
Letztens hast du zu mir gesagt: „Ich find es geil, alt zu sein!“ – dabei bist du doch gar nicht so alt. Aber was ist denn für dich geil am Alter?
Ich darf jetzt sagen, was ich mir denke.
Hast du das früher nicht gemacht?
Na, du bist schon vorsichtiger und diplomatischer. Jetzt genieße ich durchaus den kommenden 60er, sag viel lockerer, was ich mir denke. Muss mir nicht mehr so viele Gedanken machen. Es wird auch viel leichter akzeptiert. Nein, ich find das eigentlich super.
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