In Wien
Experte fordert Maßnahmen wegen wohnungsloser Jugendlicher
Besorgniserregende Zahlen: Ein Drittel der Obdachlosen in Wien ist zwischen 18 und 30 Jahre alt. Der Geschäftsleiter der "Heilsarmee" fordert im Gespräch mit MeinBezirk.at nun Maßnahmen.
WIEN. "Wenn man es nicht schafft, diese jungen Erwachsenen zu integrieren, dann gehen sie uns verloren. Und dann werden wir sie auch nicht zurückbekommen", meint Roland Skowronek. Mit den eindringlichen Worten des Geschäftsleiters der "Heilsarmee" sind junge Obdachlose in Wien gemeint. "Junge Erwachsene sind unsere Zukunft. Das sind jene Menschen, die einmal unsere Pension finanzieren sollen. Auch deswegen ist diese Zahl so bedrückend", sagt er gegenüber MeinBezirk.at.
Die tragische Zahl, von der Skowronek spricht: 4.000 Personen, sprich ein Drittel aller Wohnungslosen in Wien, ist zwischen 18 und 30 Jahre alt. "Auch aufgrund der wirtschaftlichen Situation ist die Befürchtung groß, dass diese Zahl weiter steigen wird. Wir gehen außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus."
Sehr hohe Dunkelziffer
Skowronek hebt insbesondere die sogenannten "Care Leaver" (z. Dt. Personen, die ihren Betreuungsanspruch auf Fürsorge verlieren) hervor. Das sind jene jungen Menschen, die mit dem Erreichen der Volljährigkeit ihren bisherigen Anspruch auf Kinder- und Jugendhilfe verlieren. Diese werden dann etwa vom "SOS Kinderdorf" oder einer Pflegefamilie direkt in prekäre Wohnsituationen oder in die Obdachlosigkeit entlassen.
"Viele junge Erwachsene sind mit ihrem 18. Geburtstag plötzlich auf sich allein gestellt. Da gibt es keine Übergangszeit. Mit 18 Jahren hatte man aber noch nicht die Möglichkeit, sich so auf das Leben vorzubereiten, dass man selbstständig zurechtkommt", so Skowronek. "Wenn ich daran denke, wie ich mit 18 Jahren unterwegs war, wäre das nicht so einfach gewesen." In Österreich ziehen junge Erwachsene übrigens durchschnittlich mit 25 Jahren aus: "Da hat man doch wesentlich mehr Zeit, um auf das Leben vorbereitet zu werden."
Leistbares Wohnen im Fokus
Gerade bei jungen Erwachsenen, die von der Kinder- und Jugendhilfe betreut wurden, gibt es oft Brüche in der Familie: Überforderte Eltern, Bildungsarmut, Sucht oder psychische Probleme sind da Themen. "Dazu kommen ganz viele andere Faktoren. Dann fällt es umso schwerer, allein zurechtzukommen. Klar gibt es Beratungsstellen, aber die muss ich erst mal finden und mich dazu aufraffen, dort hinzugehen, was auch nicht immer so einfach ist, wenn ich kein intaktes Umfeld habe", so Skowronek.
Seine zentrale Forderung: leistbares Wohnen. Außerdem brauche es ein Gesamtkonzept, das alle Bedürfnisse junger Erwachsener in Krisensituationen einbezieht: "Dazu bedarf es einer engen Zusammenarbeit von Wohnungslosenhilfe, Sucht- und Drogenkoordination, Kinder- und Jugendhilfe und Organisationen aus dem Bereich Gesundheit und Arbeitsmarktintegration", fordert Skowronek. Junge Erwachsene müssen stärker in den Fokus rücken: "Es geht um Empowerment und darum, eigene Perspektiven und Ziele zu entwickeln. Das klingt zwar selbstverständlich, aber oft braucht es dabei doch ein wenig Begleitung."
"Heilsarmee" hilft Menschen in Not und begleitet sie bei der Entwicklung von Perspektiven für Leben und Glauben.
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