Richtungsstreit bei den Grünen
Birgit Hebein bleibt Parteichefin, geht aber nicht in den Gemeinderat
In den sozialen Medien verlautbart die Chefin der Wiener Grünen, dass sie ihr Gemeinderatsmandat nicht annehmen wird. Parteichefin will sie aber bleiben.
WIEN. Die Neuaufstellung der Wiener Grünen hat in den letzten Tagen Wellen geschlagen: Wie berichtet, wurde Birgit Hebein vom Klub weder zur nicht-amtsführenden Stadträtin noch zur Klubobfrau gewählt, obwohl sie sich für beide Positionen beworben hat. Einige Funktionärinnen und Funktionäre quittierten diese Entscheidung des Klubs mit Unverständnis.
Jetzt hat Hebein reagiert: Auf Facebook kündigte sie an, ihr Gemeinderatsmandat nicht annehmen zu wollen. Parteichefin will sie aber offenbar bleiben. Sie wurde im Juni 2019 für zweieinhalb Jahre, also bis Ende 2021 gewählt und müsste von sich aus zurücktreten, um den Posten frei zu machen. "Mein eingeschlagener Weg, möglichst rasch zu handeln, hat Veränderung möglich gemacht und manchmal auch polarisiert. Das wurde anerkannt: wir haben damit als Wiener Grüne ein Rekordergebnis erreicht. Ich habe meine gesamte Kraft in die Sachpolitik investiert und nicht in parteipolitische Angelegenheiten, insofern ist die Kritik erklärbar, dass ich mich wohl zu wenig um den Aufbau einer Hausmacht im Klub gekümmert habe, doch daran habe ich nie meine Aufgabe gesehen", schreibt Hebein auf Facebook.
Nun wolle sie sich als Parteivorsitzende darauf konzentrieren, "kantige Oppositionspolitik" zu betreiben: "Die Ziele sind einerseits aus Verantwortung für unsere Kinder zu handeln und andererseits den gesellschaftspolitischen Diskurs links der Mitte voran zu treiben."
"Ich bin froh, dass sie bleibt"
Den Schritt nachvollziehen kann Haroun Moalla, der die Grünen im 15. Bezirk anführt und in den letzten Tagen bereits zu den öffentlichen Unterstützern Hebeins zählte: "Das ist ihre persönliche Entscheidung, sie möchte das ganz oder gar nicht machen, und da ist es besser, unabhängig zu sein." Mit Hebein als Parteichefin erhofft er sich Impulse für die inhaltliche Auseinandersetzung innerhalb der Partei: "Ich bin froh, dass sie bleibt. Das haben sich viele gewünscht." Moalla glaubt, dass sich die Partei inhaltlich neue aufstellen müsse, "das reicht von Moria bis zur Frage, was Klimapolitik ist, nämlich nicht nur Radl- und Blumentopfpolitik." Es dürfe da ruhig lange Debatten geben, die auch ungemütlich sein können – aber die Wiener Grünen würden sich "sicher nicht trennen, also Flügelkämpfe sehe ich keine", sagt Moalla.
Zustimmung und Kritik
Ebenfalls unterstützend äußert sich auf Facebook Neo-Gemeinderätin der Grünen Viktoria Spielmann: "Du beweist einmal mehr wahre Größe. Gleichzeitig bin ich unendlich traurig, dass du nicht mehr Teil des Klubs sein wirst", kommentiert sie Hebeins Posting. Bei der "grünen Basis" geben sich in den Kommentaren aber auch viele enttäuscht, dass Hebein die Funktion, in die sie gewählt wurde, nicht ausüben wird. "Das halte ich für einen schweren Fehler. Du wurdest nicht vom Klub in den Gemeinderat gewählt, sondern von Deinen WählerInnen. Diese werden nun nochmals vor den Kopf gestoßen", schreibt etwa der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger.
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