Susanne Brandsteidl: "Den Schulen fehlen Psychologen"
Stadtschulratspräsidentin Brandsteidl über Engpässe zu Schulstart und Anzeigen gegen Schwänzer.
Jedes Jahr herrscht Unsicherheit: Haben wir in Wien zu Schulbeginn ausreichend Lehrer, um guten Unterricht für alle zu gewährleisten?
SUSANNE BRANDSTEIDL: Ja, fast überall. Bei Volksschullehrern haben wir sogar einen Überhang. Engpässe haben wir in technischen Fächern, in Mathematik, Physik, Chemie.
Es hieß, Sie müssen pensionierte Lehrer zurückholen.
Nur in Einzelfällen. Bei 22.800 Wiener Lehrern fällt das nicht ins Gewicht. In Mangelfächern müssen Lehrer aber natürlich Überstunden machen.
Nicht vorbereitet waren Sie auf die schulpflichtigen Flüchtlinge, die in den vergangenen Wochen nach Wien gekommen sind.
Wir sprechen von 300 schulpflichtigen Flüchtlingskindern. Zudem gibt es 250 ältere unbegleitete Minderjährige. Ihnen ermöglichen wir, falls sie keine Ausbildung haben, als außerordentliche Schüler in Berufsschulen zu gehen.
Die schulpflichtigen Flüchtlinge werden aber nicht am Regelunterricht teilnehmen.
Sie werden in Stammklassen eingeschult, nehmen aber dann an unseren speziellen Einführungskursen "Neu in Wien" teil. Manche werden dort nur kurz bleiben. Bei anderen, etwa wenn sie gar nicht alphabetisiert sind, wird das länger dauern. Sie werden anfangs nur in Turnen oder Zeichnen in der Stammklasse sein.
Anderes Thema: Sie drohen immer wieder mit Anzeigen gegen Eltern, die ihre Kinder zu Schulbeginn nicht in die Schule schicken. Mit wie vielen Anzeigen rechnen Sie?
Ich will, dass zu Schulbeginn alle da sind. Und ich gehe davon aus, dass das dieses Jahr gut gelingt. Die Schule startet zu einem sehr späten Termin.
Da sind die Eltern nicht mehr mit den Kindern auf Urlaub, wollen Sie damit sagen …
Egal, aus welchen Gründen jemand nicht kommt. Ich erwarte, dass alle da sind. Klar ist, dass Eltern im September nicht mehr so leicht Urlaub bekommen.
Viele Schulen klagen über fehlendes Unterstützungspersonal. Fehlen hier Schulsozialarbeiter?
Wir gehen von den 30 Sozialarbeitern aus, die wir bisher hatten. Eine Verdoppelung wäre angesagt. Noch größer ist der Druck aber bei den Schulpsychologen. Da haben wir 26. Und an dieser Zahl hat sich seit 20 Jahren nichts geändert.
Was wäre Ihr Wunsch?
Unter 50 Psychologen findet man in einem Ballungszentrum wie Wien kein Auslangen. Das Bildungsministerium weiß das. Aber beim derzeitigen Budget wird es wohl keine Aufstockung geben.
Zur Person
Susanne Brandsteidl ist seit 2001 amtsführende Stadtschulratspräsidentin für Wien. Die SPÖ-Politikerin ist studierte Sprachwissenschafterin und AHS-Pädagogin. Brandsteidl macht auch innerhalb der SPÖ immer wieder mit umstrittenen Aussagen auf sich aufmerksam. Heftige Kritik übte sie unter anderem an der Umsetzung der Zentralmatura durch das von der SPÖ geführte Bildungsministerium. Zuletzt sprang sie Bürgermeister Michael Häupl in der Arbeitszeitdebatte mit den Lehrern zur Seite. Sie plädiere, so Brandsteidl, für eine Ganztagsschule mit Anwesenheitspflicht von
8 bis 16 Uhr für alle Lehrer.
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