Alarm nach Studie
Zwei Drittel der Altbaumieten in Wien sind zu hoch

- Wer in Wien im Altbau wohnt, der müsse oft zu tief in die Tasche greifen. Das stellt man bei Miet-Bremse.at nach einer Studie fest.
- Foto: Stadt Wien/Christian Fürthne
- hochgeladen von Johannes Reiterits
In einer neuen Studie im Auftrag von Miet-Bremse.at wurden Altbaumieten in Wien erhoben. Die Ergebnisse alarmieren die Verantwortlichen. 64 Prozent dieser festgestellten Mieten seien höher, als rechtlich überhaupt zulässig. Im Schnitt zahlt man um 245 Euro pro Monat zu viel, noch stärker betroffen sind Mieterinnen und Mieter mit befristeten Verträgen.
WIEN. Wohnen ist in Zeiten der Teuerung ein ordentlicher Preistreiber. Besonders die Mieterinnen und Mieter in den sogenannten Altbauten, also Gebäuden, die vor dem Jahr 1945 errichtet wurden, müssen zu oft und zu tief in die Geldtasche greifen.
Das hat eine aktuelle Erhebung durch die "Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung" ergeben, die im Auftrag von Miet-Bremse.at erstellt wurde. Dazu wurden 1.500 Interviews repräsentativ für Wien geführt, davon 285 mit Altbaumieterinnen und -mieter. So wurden etwa die aktuellen Kosten abgefragt.
Das Ergebnis: Sieht man sich sämtliche Verträge in diesem Altbau-Segment an, so wurde in 64 Prozent der erhobenen Fälle festgestellt, dass die Miete überhöht war. Im Durchschnitt aller untersuchten Fälle lag die Überschreitung bei rund 245 Euro pro Monat – und somit über dem rechtlich zulässigem Rahmen, ermahnt Armin Gferer von Miet-Bremse.at: "Wenn wir diese Ergebnisse auf den gesamten Markt umlegen, dann zahlen die Mieterinnen und Mieter in Wiener Altbauten pro Jahr über 300 Millionen Euro zu viel an Miete."
Befristete Verträge noch teurer
Noch stärker trifft die Überteuerung laut den präsentierten Daten Mieterinnen und Mieter, die über einen befristeten Vertrag im Altbau verfügen. In dieser Kategorie wurde eine Überhöhung in 84 Prozent der Fälle festgestellt, und das im Durchschnitt von sogar um 329 Euro pro Monat. Etwas besser sieht es bei den unbefristeten Verträgen aus. Dort wurden überhöhte Mieten in 59 Prozent der Fälle festgestellt, im Schnitt um 209 Euro pro Monat.
Laut Gesetz müssten befristete Mietverträge um ein Viertel günstiger sein, als gleichwertige unbefristete Wohnungen, erklärt Gferer: "Das könnte auch ein unerwünschter Nebeneffekt des Mieterschutzes sein, da Vermieter bei den befristeten Mietverträgen oft rausholen wollen, was sie mit unbefristeten Mietverträgen nicht an Rendite erzielen können." Es kommt auch auf den Wohnort an. Betroffen von einer generellen Überhöhung der Altbaumieten sind jedoch fast alle Bezirke.

- In diesen Gebieten wurden überhöhte Altbaumieten festgestellt.
- Foto: Miet-Bremse.at
- hochgeladen von Johannes Reiterits
Um die geografischen Unterschiede zu veranschaulichen, hat Miet-Bremse.at die Studienergebnisse zusammen mit einer Auswertung von rund 2.000 anonymisierten, firmeneigenen Falldaten als Grundlage herangezogen, um eine "Karte des Mietwuchers" mit den am stärksten überhöhten Altbaumieten zu erstellen. Diese zeigt, dass "die klassischen Gründerzeit-Zinskasernen außerhalb des Gürtels wieder im Mittelpunkt des Mietwuchers stehen", so Stefan Schleicher, Vorstand der Jufina, zu der Miet-Bremse.at gehört.
Effekte gefühlt noch höher
In der Studie hat man sich jedoch nicht nur die tatsächliche Überhöhung in dem Immobiliensegment angesehen, sondern auch, wie die Mieterinnen und Mieter die Lage einschätzen. 77 Prozent der Befragten halten Altbaumieten in Wien generell für zu hoch. Rund die Hälfte der Interviewpartner gab an, dass ihre eigene Miete sehr oder etwas überhöht sei.
Immerhin fast ein Drittel, genauer gesagt 31 Prozent, finden, dass die Wohnkosten sehr belastend sind und "man so auf Dinge verzichten" müsse, um sich das noch leisten zu können. Hier zeigen sich jedoch durchaus geografisch größere Unterschiede. Jene, die diese Angabe getätigt haben, wohnen vor allem im Westen und Süden Wiens. Etwas entspannter ist die Lage innerhalb des Gürtels, aber auch über der Donau.

- Besonders "auf Dinge verzichten" müssen Mieterinnen und Mieter im Westen und Süden Wiens, stellt man in einer Grafik dar.
- Foto: Miet-Bremse.at
- hochgeladen von Johannes Reiterits
So oder so, bei Miet-Bremse.at empfiehlt man klares Vorgehen. So soll man im Altbau von Fachleuten die aktuellen Verträge überprüfen lassen. Auch bei der Plattform bietet man ein solches Service an: "Überhöhte Mietzahlungen zurückzufordern ist weitaus einfacher, als die meisten Menschen glauben", versichert Schleicher. Die weit verbreitete Angst vor der Rache des Vermieters sei in den allermeisten Fällen unbegründet, so Schleicher, da derartige Verfahren für alle größeren Vermieter "ein alltäglicher Routinevorgang" sei.
Teuerungsfaktor Lage abschaffen
Nach wie vor gibt es bestimmte Gegenden, in denen man aufgrund der vermeintlich besseren Lage draufzahlen muss. Dabei sei das "Konzept des Lagezuschlags tot", will Schleicher wissen. Er fordert ein Umdenken der Politik beim aktuellen Mietrecht: Durch die Entwicklung der Grundstückspreise sei dieser Zuschlag innerhalb des Gürtels mittlerweile so hoch, dass der rechtlich zulässige Hauptmietzins dort inzwischen deutlich über dem Marktniveau liege.
"Hier deckelt das Mietrecht also gar nichts mehr, während der Lagezuschlag in anderen Teilen Wiens zu einer Gutachten-Lotterie geworden ist, die selbst für Fachleute immer undurchschaubarer und willkürlicher wird", erklärt Schleicher. Auch der Umstand, dass das Kassieren unzulässig hoher Mieten in Österreich mit keinen Strafen verbunden sei, fördere laut Schleicher ein "exzessives Ausreizen" des bestehenden Mietrechts zulasten der Haushalte.
Weitere Themen:



Link einfügen
Video einbetten
Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.
Karte einbetten
Social-Media Link einfügen
Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.
Code einbetten
Beitrag oder Bildergalerie einbetten
Foto des Tages einbetten
Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.