Von erzwungener und freiwilliger Handarbeit

Anita Fuchs (re) zeigt "ihr" Feld
5Bilder

In der Eröffnungsfeier am vergangenen Freitag arbeitete Elisabeth Fiedler, Leiterin des Instituts Kunst im öffentlichen Raum, die zeithistorisch-künstlerische Dimension des Projektes heraus.

Es waren mehrere Getreidearten, die der Genetikforscher Nikolay Vavilov gegen Ende des Zweiten Weltkriegs an der geheimen Petersburger Genbank für Pflanzen entwickelte und erforschte. Durch einen Raub kamen die Nationalsozialisten in den Besitz der besagten Sorten, mit denen sie ihrerseits Zuchtbemühungen unternahmen. Angesiedelt waren die Labors des SS-Instituts für Pflanzengenetik auf Schloss Lannach, damals eine Außenstelle des Konzentrationslagers Mauthausen. Und es waren neun inhaftierte Frauen, welche die Arbeiten auf Feld und Acker leisten mussten.

Durch die Ausbringung der Getreidesorten – exakt siebzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges – entrissen die Protagonisten ein düsteres Kapitel Kriegsgeschichte der Vergangenheit. Sie warfen mit ihrem Projekt aber auch einen Blick auf das geopolitisch brisante Thema der globalen Kontrolle von Saatgut. Ein Thema, das als menschliche Ernährungsgrundlage angesehen werden kann. Ein Thema aber auch, das durch den Besuch des Feldes zur interaktiven Erfahrung und zum partizipativen Projekt wird. Vor allem die schwere Handarbeit der Zwangsarbeiterinnen wird eindringlich fokussiert.

In den nächsten Tagen beginnen die Künstlerinnen mit der Ernte des Getreides. Damit nimmt Motiv Nummer 3 Gestalt an, das den Transfer der Ernte nach Rußland und das gemeinsame performative Brotbacken in einem Galerieraum in Moskau im Rahmen der „6th Moscow Biennale Of Contemporary Art“ vorsieht. Man könnte diese prozesshafte Arbeit als künstlerischen Akt einer späten Restitution bezeichnen.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.