Ärztliche Versorgung: Schwierige Situation in der Stadt Murau

Peter Schmidt, Murauer Bezirksärztevertreter, sieht eine bedrohliche Lage für die Stadt Murau aufkommen. Foto: Waldhuber
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Bezirksärztevertreter Peter Schmidt über die Probleme der ärztlichen Versorgung in Murau.

Interview: Heinz Waldhuber

MURAU. Schlechte Aussichten für die Stadt Murau, was die ärztliche Versorgung betrifft: Von den zwei derzeit tätigen praktischen Ärzten wird einer im kommenden Juni in den Ruhestand treten. Was bleibt ist eine einzige ärztliche Anlaufstelle für mehr als 3.000 Stadtbewohner.
Mehrere Ausschreibungen, um die frei gewordenen Kassenstellen zu besetzen, sind bisher erfolglos geblieben. Und auch in Zukunft erscheint kein Bewerber am Ärzte-Himmel: „Eine untragbare Situation, die das Schlimmste befürchten lässt“, kommentiert Peter Schmidt, Murauer Bezirksärztevertreter für 28 niedergelassene Kollegen im Bezirk Murau und als Radiologe auf der Stolzalpe tätig. Wir trafen ihn während eines Einsatzes als Notarzt des Roten Kreuzes und befragten ihn zur aktuellen Ärzteversorgung in der Stadt Murau.

Murtaler Zeitung: Ist ein Ärztenotstand in der Stadt Murau zu befürchten?
Peter Schmidt:
Tatsache ist, dass von den drei Murauer Kassenärzten Dr. Peter Wallant im Juni 2016 in Pension gegangen ist. Es ist bisher nicht gelungen, diese Stelle trotz mehrmaliger Ausschreibung zu besetzen. Es herrscht einfach kein Interesse an der Praxis und das hat seine Gründe. Sie müsste erst durch einen Umbau behindertengerecht ausgestattet werden und verfügt außerdem über keine Hausapotheke. Und das ist für einen praktischen Art ein nicht zu vernachlässigender wirtschaftlicher Aspekt.

MZ: Und wie sieht es im Juni 2017 aus ?
Schmidt:
Im „worst case“, also wenn es uns nicht gelingt, eine Stelle zu besetzen, bleibt als einziger praktischer Arzt für Murau Dr. Andrea Heitzer übrig. Sie wäre dann für mehr als 3.000 Bewohner die einzige ärztliche Anlaufstelle. Das wäre eine untragbare Situation, denn Krankenstand oder Urlaub würden bedeuten, dass Murau keinen einzigen praktischen Arzt mehr hat und eine Behandlung nur noch über das LKH Stolzalpe möglich wäre.

MZ: Sie sehen dies nicht als Ausweg?
Schmidt:
Nein, denn auch auf der Stolzalpe wird sich niemand finden, der in die Rolle eines praktischen Arztes schlüpft. Außerdem, denken Sie daran, dass von Murau bis auf die Stolzalpe eine Anfahrt über mehr als fünf Kilometer notwendig wäre und dies vor allem für ältere Menschen einfach unzumutbar ist.

MZ: Wie erklärt sich dieses Desinteresse an einer Arztstelle ?
Schmidt:
Ich denke, dass sich hier ein Generationswechsel vollzogen hat. Die heranwachsende Generation an Ärzten hat kaum einen Bezug zur Region. Außerdem will man die Vorteile einer Großstadt, wie etwa Graz, nicht aufgeben. Es ist einfach die fehlende Infrastruktur, die uns diese Sachlage beschert. Das hat sich mit den erfolglosen Ausschreibungen, die bisher getätigt wurden, wieder einmal eindrucksvoll bestätigt.

MZ: Und wie kann man diesem Notstand wirkungsvoll entgegentreten ?
Schmidt:
Ich denke, dass wir uns neue Formen der Zusammenarbeit von Ärzten überlegen sollten. Etwa in Form von Gruppenpraxen oder einem Ärztezentrum. Das wäre ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma. Ich muss allerdings dazusagen, dass das rein theoretische Überlegungen sind, denn in Umsetzung geht so eine Alternative natürlich erst dann, wenn wir die passenden Mediziner dafür finden.

MZ: Wie realistisch sehen Sie also die Schaffung eines Ärztezentrums für Murau?
Schmidt:
Grundsätzlich bin ich guter Dinge, denn sowohl Gebietskrankenkasse wie auch Ärztekammer und Land Steiermark haben ihre Bereitschaft signalisiert, ein solches Projekt für Murau zu unterstützen. Voraussetzung ist allerdings, wie gesagt, die Bereitschaft von mindestens zwei praktischen Ärzten, in Murau tätig zu sein. Das könnten wir durch eine Reihe persönlicher Gespräche erreichen. Dann stehen wir vor der Alternative: Eine Gemeinschaftspraxis im Hause der Ärztin Andrea Heitzer einzurichten – sie hat mit erheblichen Kostenaufwand ihre Ordination den modernen Gegebenheiten angepasst – oder uns die Errichtung eines neuen Ärztezentrums im Murauer Innenstadtgebiet zu überlegen. Letzteres würde im Vollausbau mehr als zwei Millionen Euro kosten.

MZ: Ärztezentrum versus niedergelassene Einzelpraxen ?
Schmidt:
Letztlich ja, aber damit würden wir den Intentionen möglicher Bewerber entgegenkommen. Einzelpraxis bedeutet 24 Stunden Einsatz am Tag und das über das ganze Jahr gesehen. Ein Ärztezentrum würde die Beanspruchung der einzelnen Ärzte deutlich verringern, etwa durch indivuelle Arbeitszeiten, die auch ein freies Wochenende ermöglichen. Unsere bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass bei drei tätigen Medizinern in einem Ärztezentrum sich sogar die Offenthaltungszeiten verlängern könnten. Also eine Win-Win-Situation für alle Seiten. Nicht zuletzt würde ein Ärztezentrum im Murauer Stadtgebiet auch für eine zusätzliche Belebung in der Innenstadt sorgen. Ich denke, dass dies auch im Sinne der Stadtverwaltung sein müsste.

MZ: Und wie realistisch schätzen Sie einen solchen Plan?
Schmidt:
Im Grunde genommen ist so ein Vorhaben durchaus realistisch, vor allem dann, wenn sich endlich Bewerber finden. Und die wollen wir weniger durch öffentliche Ausschreibungen als vielmehr durch persönliche Gespräche gewinnen. Standorte für ein solches Ärztezentrum sind vorhanden, es bedarf also nur des Willens, bei geeigneten Bewerbern auch dieses in die Tat umzusetzen. Optimal wäre natürlich ein Neubau, der könnte bei den derzeit vorhandenen Bedingungen im Jahre 2018 umgesetzt sein.

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