Segelkunstflugweltmeister Dietmar Poll eröffnet jungen Piloten neue alte Welten
Die Segelkunstflugsaison ist vorüber, aber die Segelflugsaison noch lange nicht.
Für wirkliche Freunde der Luftfahrt hat Dietmar Poll ein wahres Schmankerl bereitgehalten, die Rückkehr zu den Wurzeln des Segelfluges. In Schlesien, heute in Polen gelegen, begann vor 100 Jahren der Segelflug. Damals wurden die sehr einfach gebauten offenen Gleiter mittels Gummiseil in die Luft gebracht und konnten kurze Gleitflüge von wenigen Sekunden vollenden. In Grunau (heute Jezow Sudecki) entstand eine der ersten Deutschen Segelflugschulen, oberhalb Hirschbergs (heute Jelenia Gora) gelegen, der Heimat der großen Fliegerin Hanna Reitsch und des Raketenentwicklers Wernher von Braun. Hirschberg liegt am Fuße des Riesengebirges und hier herrscht fast immer Wellenwetter, die berühmte Welle im Herbst heißt Moazagotl, benannt nach dem Bauern Gottlieb Mozart (zufällige Namensgleichheit mit Amadeus=Gottlieb), der diese genau beschrieb. Wolff Hirth und Dr. Küttner hatten diese Wellenaufwinde dann wissenschaftlich erforscht. Es konnten bisher Höhen von weit über 10000 m erflogen werden, und das heute noch ohne amtliche Höhenbeschränkungen.
Eine kleine Gruppe von begeisterten Segelfliegern aus Österreich, Bayern und Schweden kamen mit nach Polen, wo Dietmar Poll seit 25 Jahren gern gesehener Gast ist und in die Familie der dortigen Segelflieger aufgenommen wurde. Eigenschaften wie Mißgunst und Neid sind in diesem Lande fremd, man freut sich miteinander an sportlichen Erfolgen aller, so durfte Poll im Sommer erstmals auch Polnischer Segelkunstflugstaatsmeister werden, begleitet von sehr herzlicher Freude seiner Mitbewerber und Veranstalter.
Alle Teilnehmer waren in Grunau in der geschichtsträchtigen Segelflugschule und Wiege des Segelfluges untergebracht. Herrliche Aussicht am Morgen über das Tal bis zur Schneekoppe ließ da schon mal gute Laune aufkommen. Mit dabei waren wieder die drei von Poll und zwei Freunden restaurierten Oldtimer-Segelflugzeuge Ka6, Max & Moritz und die Fromme Helene und ein weiterer Pilatus B4. Die drei Ka6en hatten im vergangenen Jahr für Furore gesorgt, als damit in 5 Tagen insgesamt 6000 Streckenkilometer geflogen wurden.
Als Startart konnte zwischen dem Gummiseilstart, bei dem 20 Leute, die sogenannten Gummihunde, einen Gummi auf 600 kp vorspannen, mit dem dann das Segelflugzeug in die Luft katapultiert wird, und dem Rollstart, bei dem das Segelflugzeug auf einer gepflasterten Anlaufspur den Berg hinunterrollt, bis es von selbst fliegt, gewählt werden. Im Hangwind und in der herbstlichen Thermik wurden Höhen von fast 1000 m über der Startstelle erreicht und die Flugzeuge wieder oben am Berg gelandet. Die Hoffnung auf die ersehnte Welle „Moazagotl“ wurde heuer nicht erfüllt, die Windrichtung hatte nicht genau gestimmt, obwohl die Gesamtwettersituation diese erwarten ließ. Aber wunderschöne Flüge in dieser friedlichen Umgebung trösteten mehr als genug darüber hinweg.
Die sehr gastfreundlichen polnischen Fliegerfreunde bereiteten abends nette Stunden bei offenem Kaminfeuer, Filmvorträgen und an einem Tag mit Besuchen in Museen und örtlichen Sehenswürdigkeiten. So gibt es mehr als 40 Schlösser und große Gutshäuser der damaligen Deutschen Einwohner, die heute liebevoll restauriert werden, aber auch in einem Miniaturenpark detailgetreu nachgebaut wurden.
Grunau, die wahren Segelflieger kommen sicher wieder.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.