40 Jahre alt, 50 Mal am Schneeberg
Markus, du bist erst 40 und warst schon 50 Mal am Schneeberg. Wie das?
Mein Vater hat mir die Berge gezeigt. Als Kind waren wir oft auf Urlaub im Engadin, und mit 12,13 hab ich schon meine ersten 3000er bestiegen. Mit 17 hat er mich erstmals auf den Schneeberg mitgenommen.
Gibt es denn nach 50mal noch Fleckerl, die du nicht kennst?
Der Schneeberg ist zwar mittlerweile bestimmt der Berg, den ich am besten kenne. Eine halbe Stunde Anfahrt aus Baden ist ja nicht viel. Aber trotzdem ist der Berg jedes Mal anders, das ist ja das Faszinierende.
Der Schneeberg ist ja für seine Wetterkapriolen bekannt...
Tatsächlich. Ich kenne Leute, die sich unendlich verirrt haben. Viele unterschätzen ihn auch. Er ist zwar nur knapp über 2000 Meter hoch, aber dennoch hochalpin. Ich habe den Schneeberg noch nie wolkenlos erlebt. Und die Wolke kann sich schnell zu einem Sturm oder starken Regen oder Nebel oder Gewitter entwickeln.
Bist du schon einmal hoch oben in ein Gewitter gekommen?
Zum Glück nicht. Aber ich wüsste, was man machen müsste: Ich würde mich zusammenkauern, eine möglichst kleine Fläche bilden mit möglichst wenig Kontakt zum Erdboden. Ganz falsch wäre es, sich flach hinzulegen.
Hattest du schon mal so richtig bedrohliche Erlebnisse am Schneeberg?
Zum Glück bin ich noch nie in Not geraten, ich plane meine Touren sehr genau und wenn die Wetterprognose unsicher ist, sage ich lieber ab. Geärgert hat mich aber kürzlich sehr die Wasserpolitik bei den populären Hütten, Edelweißhütte und Sparbachhütte. Ich hatte auf der letzten Tour meine Wasservorräte schon ausgetrunken und wollte bei den Brunnen in der Nähe der Hütten nachfüllen. Und alle Brunnen waren abgesperrt, und die Hütten waren auch zu. Da frage ich mich schon: Gibt es nicht ein Grundrecht auf Wasser? Es kann schließlich bedrohlich werden, wenn man nichts mehr zu trnken hat und stundenlang bis zum nächsten Brunnen wandern muss.
Jetzt gerade kommst du von einer Tour zurück, die du immer schon mal machen wolltest: nämlich eine, die dich richtig fertig gemacht hat. Ist das nun gelungen?
Jawohl, es war eine 12stündige Wanderung vom Wirtshaus Singerin (577m) weg, über Schnellerwagsteig, dem wildromantischen Kuhschneeberg (1500m), Gipfel Klosterwappen (2076m), Schönleiten zum südlichen Grafensteig, die Kienthalerhütte und die beeindruckende Rote Wand zurück zum Ausgangspunkt. Ja, danach war ich wirklich fertig.
Wie sieht bei so einer Tour die Energiebilanz aus?
Ich habe sicher 5000 Kalorien verbraucht und sieben Liter Wasser getrunken. Durch meine vielen Schneeberg-Touren in den letzten zwei Jahren habe ich übrigens 25 Kilo abgenommen. Natürlich trainiere ich dafür auch, am Mountainbike oder am Hometrainer im Winter. Und es kommt mir meine sportliche Jugend zugute: Muskeln haben bekanntlich einen Memory-Effekt.
Was macht dich zum Bergsteiger? Der Wunsch, fit zu sein?
Bestimmt ist ein Gipfelsieg jedes Mal etwas ganz Besonderes. Darüber hinaus liebe ich die Landschaft und ich fotografiere auch gerne.
Gehst du allein oder in Begleitung?
Meistens allein, ehrlich gesagt. Es gibt nicht wirklich viele Leute, die so große Touren machen möchten, und wo auch das Tempo passt.
Fürchtest du dich nicht, allein einen Unfall zu haben?
Ich habe immer ein altes Handy mit langer Akku-Kapazität bei mir, der Notruf sollte ja überall funktionieren. Darüber hinaus schätze ich die Arbeit der Bergretter. Wenn sie dich vor einem Aufstieg warnen, dann lasse ich es auch bleiben, denn die kennen sich aus. Wie gesagt, ich bin vorsichtig und habe Respekt vor der Natur. Selbstüberschätzung kann bitter bestraft werden. Die Fischerhütte hat zum Beispiel einen Notraum, der in Bergnot geratenen Menschen das Leben retten kann und jederzeit zugänglich ist. Nun wurde mir erzählt, dass es verantwortungslose Menschen gibt, die die Noträume skandalöserweise für Partyzwecke missbrauchen. Das schädigt die Hüttenwirte, die sich dann natürlich überlegen, den Raum zu sperren.
Hast du noch ein großes Ziel?
Ja, der Elbrus (5642m) im Kaukasus. Der Elbrus gilt in Bergsteigerkreisen als der höchste Berg Europas und nicht der Mont Blanc. Das hängt natürlich davon ab, wo man die innereurasische Grenze zieht.
Alle Fotos: Markus Freilinger/privat
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