Schließung wegen Personalmangels
Betriebe bangen um ihre Zukunft

Mittlerweile steht fest: Die Filiale der Bäckerei Schiller in der Linzer Straße in Braunau wird nicht wiedereröffnet. | Foto: BRS
  • Mittlerweile steht fest: Die Filiale der Bäckerei Schiller in der Linzer Straße in Braunau wird nicht wiedereröffnet.
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Der akute Personalmangel führt auch im Bezirk Braunau dazu, dass immer mehr Arbeitgeber resignieren und über eine Schließung nachdenken.

BEZIRK BRAUNAU (ebba). Der Personalmangel zieht sich mittlerweile durch sämtliche Branchen und Berufe. Händeringend wird nach Arbeitskräften gesucht. Manche Betriebe im Bezirk Braunau denken sogar über eine Schließung nach, sollte sich die Situation nicht bald bessern.

Egal ob im Supermarkt, beim Bäcker oder im Modegeschäft – nahezu überall hängen Zettel mit Stellenausschreibungen. In der Gastronomie ist das Phänomen kein neues, doch die Branche ist auch jetzt wieder besonders betroffen. „Dabei hat sich in der Gastro mittlerweile vieles verbessert: Nicht nur die Bezahlung, auch die Arbeitsbedingungen, da viele Betriebe ihre Öffnungszeiten reduziert haben“, erklärt Ambros Weiß vom Hotel-Gasthof Weiß in Munderfing, der auch Geschäftsführer im Restaurant „Garage“ in Mattighofen ist.

„In unserem Hotel haben wir derzeit keine Probleme. Anders sieht es in der Garage aus. Nachdem die Chefköchin gekündigt hat und zwei weitere Köchinnen in Karenz gegangen sind, haben wir gemerkt, wie schwierig es ist, jemanden zu finden. Seit acht Monaten suchen wir schon einen Koch oder eine Köchin, doch es kommen kaum Bewerbungen. Manche tauchen auch einfach nicht zum Vorstellungsgespräch auf“, erzählt Weiß.

Die Konsequenz: Um das bestehende Personal zu entlasten, werden die Öffnungszeiten im Restaurant reduziert. Darüber hinaus führt Weiß im Herbst/Winter die 4-Tage-Woche ein. "Viele wollen nicht mehr so gerne am Abend arbeiten. Wir haben Samstag und Sonntag Abend geschlossen. Und trotzdem, es findet sich niemand. Geht es so weiter, ist es möglich, dass wir die Garage vorübergehend schließen müssen", so Weiß.

Um die Jugend wieder mehr für einen Job in der Gastro zu begeistern, brauche es eine bessere Imagepflege, meint Weiß. Er selbst möchte im nächsten Jahr eine Kampagne zum Anwerben von Lehrlingen starten, wozu auch ein Mitarbeiter-Vorteils-Katalog gehört.

Letzte Konsequenz

Bereits geschlossen hat Bäckermeister Peter Schiller eine seiner Filialen in der Linzer Straße in Braunau. Grund dafür war eine unerwartete Kündigung. Erst hieß es, die Filiale wird vorübergehend geschlossen, doch Schiller erklärt nun: „Wir werden hier nicht mehr aufsperren. Wir finden kein Personal, dabei hätte eine Arbeitskraft für die Filiale gereicht. Und die Bezahlung wäre auch nicht so schlecht gewesen. Doch es mag einfach keiner mehr – ist eh überall so. Vom AMS* werden die Leute zu stark unterstützt, da zahlt es sich für sie kaum noch aus, arbeiten zu gehen“, kritisiert Schiller. Durch die Schließung entgehen dem Bäcker geschätzt 20 Prozent des bisherigen Umsatzes.

Auch Hans Klinger vom Rathmacherhof in Lochen am See hat die Notbremse ziehen müssen. „Mitarbeiter kündigen heutzutage schneller mal, weil eh überall gesucht wird.“ Da das bestehende Personal nicht mehr ausreichte, um die Qualität weiter aufrechtzuerhalten, entschied er sich für die Schließung und sucht jetzt einen neuen Betreiber für die Gastronomie.

Verzweifelte Suche

„Der Personalmangel trifft uns massiv“, sagt auch Bruna Matera vom Café-Restaurant Graf von Matera in Braunau. Küchenpersonal sucht die Café-Betreiberin seit drei Monaten. Vier bis fünf offene Stellen bietet sie insgesamt an. Mithilfe ihrer Familie und Freunden stemmt sie das Geschäft derzeit noch. „Zum Glück kann ich kochen, sonst hätte ich ein Problem.“ Auch sie kritisiert: „Die Leute, die uns das AMS* schickt, würden nur etwa hundert Euro mehr verdienen. Also äußern sie gleich, wo sie überall Schmerzen haben, damit man sie ja nicht einstellt. Der Staat zahlt einfach zu viel!“ Bruna Matera schließt nicht aus, irgendwann einen Schlussstrich ziehen zu müssen: „Es kann durchaus sein, dass ich irgendwann sage, ich kann nicht mehr. Ich frag mich wirklich, wo sind die Leute, die noch arbeiten wollen?“

„Die meisten wollen maximal aushelfen – und am liebsten schwarz arbeiten. Personal für 30 bis 40 Stunden zu finden, ist sowieso unmöglich“, schildert Verena Friedl vom Brauhaus Bogner in Braunau. Auch hier mussten die Öffnungszeiten angepasst werden. War früher werktags noch Mittag geöffnet, sperrt das Brauhaus jetzt erst um 17 Uhr auf. Am Wochenende herrscht zu Mittag und am Abend Betrieb. Über eine Schließung denken die Friedls jedoch nicht nach. „Da schauen wir lieber, dass wir Abstriche machen. Weniger Sitzplätze, eine kleinere Speisekarte … irgendwie wurschteln wir uns schon durch.“

* Zum Vorwurf, dass der Staat Arbeitslose zu stark finanziell unterstütze, meint Stefan Seilinger vom AMS Braunau: "Ich bin überzeugt, dass das Arbeitslosengeld per se nicht zu hoch ist. Diskutieren kann man über die fehlende Absenkung mit fortlaufender Arbeitslosigkeit. Arbeitsmarktpolitisch gefährlich sehe ich die Kombination aus Arbeitslosengeld und Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung. Diese ist regelkonform, verhindert die Armutsgefährdung und dient dem sozialen Frieden. Verfestigt jedoch nachweislich die Arbeitslosigkeit und fördert somit künstlich die Verknappung der Arbeitskräfte."

Hauptgründe für den Personalmangel in nahezu allen Branchen laut AMS Braunau:

• Der Aufschwung nach der tiefen Depression im Frühjahr 2020, wegen Covid, kam in allen Branchen gleichzeitig, sodass trotz Rekordbeschäftigung im Bezirk ein eklatanter Mangel auf der Arbeitskräfteseite vorherrscht.

• Verstärkt wird dieses Phänomen zusätzlich, da weniger Personen auf den Arbeitsmarkt drängen, als Personen diesen verlassen.

• Wenn jedes Teilzeitbeschäftigungsverhältnis um zehn Prozent aufgestockt werden könnte, wäre eine spürbare Entspannung erwartbar. Dies scheitert hauptsächlich an der ungenügenden Kinderbetreuung, die ein höheres Arbeitsvolumen bei den Frauen verhindert.

• Was die Erwerbsquote der Generation 60+ betrifft, ist Österreich im Niemandsland. Es müsse den Firmen gelingen, die Mitarbeiter länger im Aktivstand zu halten.

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