Immer auf Suche nach der Arbeitskraft

- Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer flankiert von Jochen Werderitsch und Gabriele Leber (links) sowie von Josef Luipl und Karl-Heinz Snobe (rechts).
- hochgeladen von Barbara Pototschnig
Der akute Facharbeitermangel ruft Minister, Industrie, Wirtschaft und AMS auf den Plan.
Die Zukunft der Arbeit war vergangene Woche Thema auf der Burg Oberkapfenberg. Der Wirtschaft gehen bald die Facharbeiter aus. "Österreich wird zusätzlich 150.000 Fachkräfte brauchen", sagte Rudolf Hundstorfer, Bundesminister für Arbeit und Soziales, bei seinem Vortrag, dem eine Diskussionsrunde folgte. "Der Geburtenrückgang holt uns ein", sagte der Minister. "Alle buhlen um die 15-Jährigen." Die landläufige Meinung "ohne Matura bist du nichts" teilt er nicht.
Den vielen Maturanten gegenüber stehen 10.000 Jugendliche ohne Abschluss. Es sind oft Schulabbrecher. Helfen sollen Jugendcoaches in der 8. und 9. Schulstufe. Aufgefangen werden Lehrstellensuchende in der überbetrieblichen Lehrausbildung. "Den Betrieben bleiben so die Mühen des ersten Lehrjahres erspart", sagte Hundstorfer ironisch. 19- bis 24-Jährige mit "unerfreulicher Lebensgeschichte", so der Minister, können in den Produktionsschulen für sechs bis neun Monate unterkommen. So blieben sie weg von Wettcafés. In den Betrieben selbst versuchen Hauslehrer Lücken in Mathematik und Deutsch zu schließen. Darum will Hundstorfer die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr ausweiten. "Egal was, tut es", so der Minister.
Bei den älteren Arbeitskräften ginge es neben Tätigkeitsschutz, gleitendem Übergang in die Pension und Korridorpension darum, sie zu requalifizieren. "Ein Bauarbeiter mit kaputten Bandscheiben muss umlernen", sagte Hundstorfer. Vor allem die 7200 Invaliditätspensionisten unter 50 Jahren will er rehabilitieren. Zudem bedauert Hundstorfer, dass Frauen vorwiegend drei Berufe lernen und 47 % der arbeitslosen Frauen keine Qualifikation hätten. Den Frauen will er die Technik schmackhaft machen. Jedoch müsse die Kinderbetreuung am Land verbessert werden.
Böhler Edelstahl habe durch die Lehrwerkstätte ,noch' keinen Lehrlingsmangel, sagte Personalchef Josef Luipl. Elternabende sollen Interessierte locken. Laut Gabriele Leber, Leiterin der Stadtwerke Mürzzuschlag, bräuchten vor allem junge Frauen mehr Frustrationstoleranz. Ihnen sei der Rücken zu stärken. Zudem müsse Lehre attraktiv belegt sein. Karl-Heinz Snobe: "Viele Arbeitssuchende erfüllen die Anforderungen der Betriebe nicht."
Politik und Wirtschaft versuchen Arbeitskräfte zu mobilisieren
Nach Linz gibt es in der Obersteiermark mit rund 170.000 Einwohnern die größte Wertschöpfung durch Industriebetriebe. Doch 85 Prozent der Unternehmen sind auf der Suche nach Facharbeitern. "Der Grund für den Facharbeitermangel liegt in der demografischen Entwicklung", sagte Jochen Werderitsch vom Regionalmanagement Obersteiermark Ost, das auf die Burg Oberkapfenberg lud.
Die Lehrstellen und die Eingliederung in den Lehrberuf für 15- bis 24-Jährige fördert der Staat mit rund 470 Millionen Euro pro Jahr; 160 Millionen Euro pro Jahr kommen aus dem Insolvenzentgeltfonds der Wirtschaft. Die Lehre mit Matura nehmen 15 % der Lehrlinge in Anspruch. Sie ist in der Steiermark kostenlos.
Bei den Beschäftigten über 60 Jahren konnten 2012 um 10 Prozent mehr im Erwerbsprozess gehalten werden. Für Requalifizierungen von Personen über 50 Jahre stellt das AMS österreichweit 150 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. In Österreich gibt es 70.000 Geburten. Gleich viele Personen suchen um I-Pension an, 30.000 werden tatsächlich genehmigt. 80 Prozent der Frauen, die in I-Pension sind, sind psychisch krank.
Sprachliche Barrieren verhindern oft den Berufseinstieg von MigrantInnen - vor allem bei Türkinnen in zweiter Generation. "Mama sprich Deutsch", ist ein oft viel gehegter Wunsch ihrer integrierten Kinder.
Barbara Pototschnig



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.