Der Herr der Ringer
Er ist Österreichs bester Ringer: Amer Hrustanovic aus Wals brennt auf seine Olympia-Premiere in London.
WALS-SIEZENHEIM (et). Sein großer Traum wird wahr! „Seit ich damals als Achtjähriger mit dem Ringen begonnen hab, träume ich von Olympia. Dass ich es jetzt geschafft habe, ist ein Wahnsinnsgefühl“, freut sich Amer Hrustanovic. Für das 24-jährige Aushängeschild von Österreichs Rekordmeister AC Wals geht’s am 6. August in London zur Sache. „Es sind meine ersten Spiele, die Vorfreude ist dementsprechend groß. Ich kann’s kaum mehr erwarten bis der Wettkampf losgeht.“ Und er spürt das Kribbeln: „Ein bisserl Nervosität ist natürlich dabei.“
Alle kochen nur mit Wasser
Wie bei jedem seiner Kämpfe, hat Amer auch bei Olympia dieselbe Taktik. „Ich versuche immer, dass sich der Gegner auf mich einstellen muss und nicht ich mich auf ihn. Das bringt mir einen Vorteil. Mit der richtigen Tagesverfassung ist sicher viel drin.“ Von einer Medaille will er lieber aber nicht sprechen. Bei seinen möglichen Gegnern hat sich der 1,80 Meter große Kraftlackel längst einen Namen gemacht. „Seit ich mich für die Spiele qualifiziert habe, schauen sie mir genau zu. Sie kennen zwar meine Spezialtechniken und wissen wo ich vielleicht noch anfällig bin, aber jeder von ihnen kocht auch nur mit Wasser.“
Großes Stehvermögen
Was den 1988 in Bosnien geborenen und in Wals aufgewachsenen Ringer auszeichnet ist sein Stehvermögen. „Es kommt nicht darauf an, wie viel du austeilst, sondern wie viel du einstecken kannst.“ Den schwersten Schlag in seinem Leben musste er schon ganz früh einstecken. Als Vierjähriger flüchtete er mit seinen Eltern vor dem Krieg in Jugoslawien nach Österreich. In Wals fand er mehr als nur eine neue Heimat. „Meine Freunde im Verein sind wie eine Familie für mich. Die Trainer und Teamkollegen sind wie meine Brüder.“ Und auf sie kann Amer auch in London zählen. Rund 40 Verwandte und Freunde fahren mit, um ihn an seinem großen Tag anzufeuern. „Das ist einfach klasse!“, sagt Amer, der für Olympia täglich sechs Stunden trainiert hat.
London lässt ihn kalt
Nach London fährt er nur wegen Olympia. „Ich bin zum ersten Mal dort und ich muss zugeben, London ist nicht so meine Lieblingsstadt. Wahrscheinlich wegen des Wetters. Ich mag’s lieber wärmer.“ Statt Sightseeing wird sich Amer nach seinem Wettkampf lieber andere Bewerbe anschauen. „Ein Basketballspiel wäre spitze und bei einer Schwimmentscheidung möchte ich dabei sein.“ Aber so schön wie das Ringen kann für ihn kein anderer Sport sein. „Ringen ist so komplex. Vom Zeh bis ganz oben in die Haarwurzel brauchst du jeden Muskel und da werden so unglaubliche Glücksgefühle freigesetzt, die ein Nichtsportler sonst nur vielleicht beim Heiraten oder bei der Geburt seiner Kinder erlebt.“ Was wäre das wohl erst für eine Gefühlsexplosion, wenn er in London eine Medaille holt …
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