Unwetter
Wenn die Natur ihre Krallen zeigt
Wie ohnmächtig der Mensch Naturgewalten gegenübersteht, mußte auch die Bevölkerung in unserer Region wieder erkennen.
GAILTAL (jost). Mitte November 2019 wurde auch der Bezirk Hermagor etwa eine Woche lang durch extreme Wetter-Kapriolen gefordert. Bange Erinnerungen an die schweren Unwetter im Herbst 2018 wurden wach.
Anhaltender Starkregen, verbunden mit großen Schneemengen im Gebirge sowie im Lesachtal, machten in kurzer Zeit nicht nur Wege und Gemeindestraßen, sondern auch Landes- und Bundesstraßen durch umgestürzte Bäume, verstopfte Abfluss-Leitungen, überschwemmte oder unterspülte und abgebrochene Fahrbahnen sowie Muren-Abgänge teilweise für mehrere Tage unpassierbar. Untrennbar verbunden mit solchen Geschehnissen waren auch gerissene Stromleitungen, die teilweise länger anhaltende Stromausfälle zur Folge hatten.
Die WOCHE hat sich im Raum Hermagor umgeschaut.
Solidarität
Unsere Region kann sich glücklich schätzen, zu erkennen, wie gut und vorbildlich in solchen Fällen die Zusammenarbeit aller Blautlicht-Organisationen funktioniert.
Pressesprecher Florian Jost vom Bezirksfeuerwehrkommando Hermagor: „Zahlreiche Feuerwehren des Bezirkes Hermagor standen in den letzten Tagen wegen der Unwetterereignisse im Einsatz. So mussten etwa im Lesachtal wegen des Schneefalls umgestürzte Bäume von Straßen entfernt werden, während in den niedrigeren Lagen des Bezirkes die Regenfälle zu Murenabgängen und Überflutungen führten. Die Feuerwehren waren hier bei der Beseitigung behilflich und konnten zahlreiche überflutete Keller auspumpen. Des Weiteren wurden Bäche und Abflüsse von Verklausungen befreit oder Sandsackbarrieren errichtet, um noch größere Schäden zu verhindern“.
Nachts kam die Mure
In Latschach am Presseggersee kamen die beiden benachbarten Familien Jury und Janschitz mit dem Schock davon, als sich vom westseitigen Hang hinter ihren Wohnhäusern am Sonntag-Abend 17.November ohne irgendwelche Vorzeichen eine Mure löste und zwischen den beiden Gebäuden ihre verwüstende Spur aus Erdreich, Schlamm, Steinen und Brennholz bis hinunter auf die Landesstraße L25 zog. Auch ein am Hang stehender ausgewachsener Kiefern-Baum wurde mit in die Tiefe gerissen. Christian Jury: „Dieser Hang hat sich bisher noch nie bedrohlich gezeigt, aber jetzt hat man Angst, dass sowas jederzeit wieder passieren kann...“
Anrainer Fritz Janschitz: „Ich hörte und spürte um etwa 21 Uhr plötzlich ein Grollen und Zittern. Als ich vor das Haus trat, war es schon passiert. Wir hatten großes Glück, dass unsere Häuser weitestgehend unversehrt geblieben sind.“
Vom Rinnsal zum Wildbach
Was ein vermeintlich harmloses, namenloses Rinnsal anrichten kann, wurde ebenfalls am Sonntag 17.11.2019 im Kreuzungsbereich B111/B90, Abfahrt Tröpolach, sichtbar. Dort haben offensichtlich umgestürzte Bäume im Wald oberhalb des Kreuzungsbereiches den normalen Verlauf des dortigen unscheinbaren Bächleins blockiert und aufgestaut.
Als sich dieser Stau am Sonntag-Nachmittag plötzlich löste, wurden angrenzendes Erdreich sowie Schotter, Steine und Kleinholz mitgerissen, was zur vollkommenen Verstopfung des tieferliegenden Bundesstraßen-Entwässerungsrohres (Durchmesser ein Meter!) führte.
Als der diensthabende Streifendienst der Straßenmeisterei Hermagor im Kreuzungsbereich unübliches Oberflächenwasser bemerkte und Nachschau hielt, hatten sich im Bereich des verstopften Entwässerungsrohres schon extreme Material-Mengen aufgestaut, die gemeinsam mit dem unkontrolliert abfliessenden Wasser den gesamten Kreuzungsbereich überfluteten.
Straßenmeister Reinhard Krieber: „Wir haben als Sofortmaßnahme mit mit Hilfe von schweren Geräten und Schotterbarrieren den unkontrollierten Wasser-Überlauf in das naheliegende Bachbett gelenkt, um dadurch wenigstens die B111 für den Durchzugsverkehr frei zu halten. Die Erreichbarkeit der Ortschaft Tröpolach war während dieser Arbeiten nur mehr über Jenig und Rattendorf erreichbar.
Parallel dazu wurde fieberhaft an der Räumung des versandeten und verstopften Kanalrohres gearbeitet. Etwa 48 Stunden nach dem Auftreten dieses Schadens konnten wir den Kreuzungsbereich wieder ordnungsgemäss und uneingeschränkt freigeben.“
Meteorologen-Information
Gerhard Hohenwarter von der ZAMG in Klagenfurt: „Vom 2.bis 20.November 2019 gab es im Gailtal nur einen einzigen Tag, der niederschlagsfrei gebleiben ist.
Dadurch liegt die Monatsniederschlagssumme heuer sogar über dem gesamten Niederschlagsereignis vom Sturmtief Vaia Ende Oktober bzw. Anfang November 2018.
Der große Unterschied zwischen letztem Jahr und heuer war im Gailtal die Schneefallgrenze. Letztes Jahr Ende Oktober schneite es die längste Zeit erst über 2700m. Heuer lag die Schneefallgrenze zwischen 600 und 1700m. Am Berg wurde also – glücklicherweise – sehr viel Wasser in Form von Schnee gespeichert und ist nicht in den Abfluss gekommen.
Die Niederschlagsmengen waren letztes Jahr in ihrer zeitlichen Intensität noch höher als heuer, dafür dauerte die typische Südlage heuer länger an.
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