"Kindern mehr zutrauen"
Eveline Doll aus Grieskirchen gründete vor mehr als zwei Jahren eine „Kinderlobby“.
GRIESKIRCHEN. Im Interview fordert Eveline Doll, dass Kinder wieder mehr freie Zeit mit Gleichaltrigen in der Natur verbringen sollten.
BezirksRundschau: Gemeinsam mit der Kinderwerkstatt haben Sie im Sommer ein Waldcamp für Kinder organisiert. Warum?
Eveline Doll: Eine meiner Töchter ist drei Jahre lang in den Waldkindergarten in Wilhering gegangen. Die Kinder sind dort das ganze Jahr im Freien. Das ist eine großartige Erfahrung. Mir ist dann klar geworden, wie wichtig und wertvoll der Wald für Kinder ist.
Wie profitieren Kinder davon, wenn sie sich oft im Wald aufhalten?
Kinder, denen freies Spielen mit Gleichaltrigen in der Natur ermöglicht wird, sind nachweislich motorisch super entwickelt. Denn auf Wald- und Wiesenböden muss man aufpassen wo man hinsteigt. Im Wald können die Kinder auch ihren Bewegungsdrang ausleben und werden körperlich fit. Sie erfahren dabei, dass die Natur etwas ganz Kostbares ist. Kein Waldkindergartenkind wird jemals böswillig einen Käfer zertreten. Zusätzlich lernen die Kinder sich beim Spielen im Wald auszudrücken. Denn sie müssen Pläne schmieden und Spielideen entwickeln. Sie bekommen dort nicht alles fertig vorgesetzt. Aber leider geht der Trend derzeit dahin, dass die Kinder das alles gar nicht mehr austesten dürfen und überbehütet werden.
Warum ist diese Überbehütung eine so große Gefahr?
Weil dadurch vielen Kindern einfach nichts mehr zugetraut wird. Sie dürfen nichts ausprobieren, weil die Eltern irrsinnige Angst haben, dass sich die Kinder weh tun könnten. So können Kinder ganz viele wichtige Erfahrungen überhaupt nicht mehr machen. Die Gesellschaft zieht sich somit lauter toll-
patschige Kinder heran.
Sie kritisieren auch, dass manche Eltern ihre Kinder überfördern. Was meinen Sie damit?
Es gibt viele ehrgeizige und bemühte Eltern – die zwar nur das Beste für ihre Kinder wollen – ihnen aber keine Freizeit mehr lassen. Die von mir gegründete Kinderlobby – der viele Experten angehören – will darauf hinweisen, dass weniger mehr bedeutet. Kinder sollen einfach wieder Kind sein dürfen.
Sie wünschen sich die Etablierung von „Elternbildung“. Warum ist Ihnen das wichtig?
Bis zur Geburt der Kinder sind wir super aufgestellt: Es gibt den Mutter-Kind-Pass, Geburtsvorbereitungskurse und vieles mehr. Doch sobald das Baby auf der Welt ist, ist keine Begleitung mehr da. Doch Eltern sollten gerade in dieser Zeit laufend über aktuelle, wissenschaftlich belegte Erkenntnisse in Bezug auf Kinderbetreuung informiert werden.
Sie warnen auch davor, dass Kinder zu viel Zeit vor dem Fernseher und PC verbringen.
Ja, das ist aus vielen Gründen eine ganz bedenkliche Entwicklung. Wichtig ist mir dabei zu betonen, dass Kinder bis zum Alter von sieben Jahren Realität und Fiktion gar nicht unterscheiden können.
Zur Person:
veline Doll (45) ist freie Journalistin, Kinderlobbyistin und Mutter von zwei Töchtern im Alter von acht und elf Jahren. Sie lebt mit ihrer Familie in Grieskirchen. Vor zweieinhalb Jahren gründete sie die
„Kinderlobby“. Nähere Informationen dazu gibt es unter:
http://kinder-lobby.at
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