Wenn Glück zum Unterricht gehört

- Immer mehr Schulen bieten Fächer an, in denen Jugendliche ihre persönlichen Fähigkeiten entfalten können.
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Um die Soft Skills der Jugendlichen zu formen, setzen Schulen auf lebensnahe Unterrichtsfächer.
BEZIRKE (jmi). Mathematik um 8 Uhr, Deutsch um 9 Uhr, Glück um 10 Uhr. Kein Witz, in der NMS St. Agatha steht Letzteres ebenfalls am Stundenplan. Was man sich unter Glücksunterricht vorstellen kann? „Das Fach 'Glück' enthält theaterpädagogische Inhalte, soziale Themen und soziales Lernen, Bewegung und gesunde Ernährung. In der Steiermark wird es bereits unterrichtet, und auch wir wollten es versuchen“, erklärt Direktor Thomas Ferchhumer. Die Agathenser NMS reiht sich damit als erste oberösterreichische Schule zu den rund 130 steirischen Bildungsanstalten, an denen Glück unterrichtet wird.
"Mit Auftritten im Schultheater können Kinder Selbstbewusstsein entwickeln."
Thomas Ferchhumer, Direktor NMS St. Agatha
Gute Planung und genaue Stundeneinteilung seien dafür ein Muss, wie Bezirksschulinspektorin Doris Baumann betont: „Schwerpunkte – wie das Fach Glück an der NMS St. Agatha – ‚finanzieren‘ Schulen aus ihrem verfügbaren Stundenkontingent. Das wird zudem mit den Eltern besprochen, bevor es im Stundenplan platziert wird.“ Den nötigen Freiraum im Lehrplan hat sich die NMS Alkoven für ihren Sprachenschwerpunkt reserviert. "Bilingualer Unterricht" ist dort Pflichtgegenstand für alle Schulklassen. „Englisch zu beherrschen, wird im Beruf immer wichtiger. Jeder sollte deshalb einen gewissen Grundwortschatz haben. Darum haben bereits unsere Erstklassler eine zusätzliche Stunde bilingualen Unterricht zum regulären Englischunterricht“, fasst Lehrerin Adelheid Pingitzer zusammen.
Spaßfaktor vor Prüfungen
Die Schüler setzen sich dabei intensiv mit der Sprache auseinander – anhand von Filmen, Spielen und Diskussionen. „Die Begegnung mit der Sprache wird möglich. In der ersten Klasse wird noch viel gespielt, die vierte befasst sich schon mit aktuellen Themen“, so die NMS-Lehrerin. „Es geht darum, über den Tellerrand zu schauen, der Spaßfaktor steht im Vordergrund. Darum gibt es keine Prüfungen, die Note entsteht alleine durch Mitarbeit.“ Schüler fit für die Zukunft zu machen, will auch das Gymnasium Dachsberg in Prambachkirchen.
"Es ist wichtig, dem Ego-Trend der heutigen Zeit etwas entgegenzusetzen und Schülern das Miteinander wieder zu lehren."
Pater Ferdinand Karer, Direktor Gymnasium Dachsberg
Dort steht das Fach „Leben lernen“ auf dem Stundenplan. „Es besteht aus einer bunten Mischung an Kursen: Erste Hilfe, der richtige Umgang mit Geld, Fragen zu Pubertät und Sexualität, das Auseinandersetzen mit digitalen Medien“, erklärt Direktor Pater Ferdinand Karer. Diese Workshops dauern einen oder mehrere Nachmittage, in Summe müssen Schüler 20 Unterrichtsstunden vorweisen. Warum das Teil der Schulbildung sein soll? „In der heutigen Zeit wird das eigene Ego gepusht, Jugendliche werden angetrieben, sich durchzusetzen. Das geht am Menschsein vorbei. Man muss erkennen, dass zum Leben ein Zusammenleben gehört – und das müssen wir weitergeben“, ist sich Karer sicher.
Skills für Beruf & Privatleben
Teamwork und Gemeinschaft lernen die Schüler nicht nur untereinander: Freizeitgestaltung in Altenheimen, im Heim für Beeinträchtigte St. Pius bei Peuerbach oder in Flüchtlingsunterkünften stehen ebenso zur Auswahl. Davon sollen Jugendliche in persönlicher und professioneller Ebene profitieren. „Soziale Kompetenzen, also Social Skills, in Beruf und Privatleben werden von Schülern immer mehr verlangt. Als Schule muss man sich Gedanken machen und darauf mit entsprechendem Unterricht reagieren“, so der Direktor.
"Schüler müssen teamfähig sein"
Bezirksschulinspektorin Doris Baumann erklärt die Bedeutung sozialer Fächer: "In allen Schulen steht im Vordergrund, Wissen zu vermitteln. Ebenso tut es Schülern gut, mit Fächern wie "Soziales Lernen" konfrontiert zu werden. In der Wirtschaft wird nicht nur Rechnen, Schreiben und Lesen verlangt, sondern auch Teamfähigkeit und andere Sozialkompetenzen. Dabei kann es nur ein Miteinander von Schule, Schülern und Eltern geben. Der ‚dritte Pädagoge‘ – Räumlichkeiten und Ausstattung – trägt ebenso zu einer guten Lernatmosphäre bei."
Kommentar: Zusammenhalt auch in der Schule lernen
Eines vorweg: Auch wenn das Fach "Glück" am Stundenplan steht, sind die Schüler der NMS St. Agatha wahrscheinlich nicht glücklicher als andere Kinder. Was die Agathenser Schule erkannt hat – genauso das Gymnasium Dachsberg, die NMS Alkoven und viele andere Schulen in unseren Bezirken: die Bedeutung sozialer Kompetenzen. Diese Schulen bieten Kindern und Jugendlichen bereits die Möglichkeit, über den Tellerrand zu blicken. Dabei geht es nicht darum, Deutsch, Mathematik und Co. vom Stundenplan zu verdrängen. Schultheater, Freizeitgestaltung mit Senioren, Diskussionen auf Englisch und vieles mehr helfen Schülern, sich nicht nur persönlich zu entwickeln. Ebenso können sie dadurch im Berufsleben die notwendigen Soft Skills wie Teamwork, Selbstbewusstsein, Empathie und Engagement vorweisen.
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