Im Gespräch: Karin Doppelbauer
„Unsere Zukunft ist regional, international und digital“

Die Felder der eigenen Bio-Landwirtschaft hat Karin Doppelbauer vor zwei Jahren verpachtet. Gekümmert wird sich aber noch um die Einstellpferde und den eigenen Wald. | Foto: Privat
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  • Die Felder der eigenen Bio-Landwirtschaft hat Karin Doppelbauer vor zwei Jahren verpachtet. Gekümmert wird sich aber noch um die Einstellpferde und den eigenen Wald.
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Dieser persönliche Leitsatz der gebürtigen Kallhamerin Karin Doppelbauer ist bereits vier Jahre alt. Nach den Entwicklungen der letzten Monate aber aktueller denn je.

KALLHAM. Karin Doppelbauer wurde am 2. März 1975 in Grieskirchen geboren. Sie wurde in einem Elternhaus mit der Überzeugung groß, dass man auch als Frau alles schaffen kann und Unabhängigkeit durch Bildung erreicht wird. „Mein Vater sagte immer zu mir: Du kannst alles schaffen, was du willst. Wir geben dir das Werkzeug dafür in die Hand, und das ist die Bildung“, blickt Doppelbauer dankbar zurück. Nach der Volks- und Hauptschule in Kallham und dem Oberstufenrealgymnasium in Grieskirchen führte sie der Weg nach Wien zum Diplomstudium „Agrarökonomik“. „Ein freiheitsliebender Mensch aus der Mitte der Gesellschaft und überzeugte Europäerin“, lautet die Selbstbeschreibung der Powerfrau. Seit Mai 2006 ist die Bio-Landwirtin Director Operations EMEA* im Computerkonzern Dell und seit April 2017 Abgeordnete zum Nationalrat für die von ihr mitbegründete Partei „Neos - Das Neue Österreich und Liberales Forum“.

„Bist du wahnsinnig?“

Der Grundstein für die politische Karriere wurde bereits im Elternhaus gelegt, in dem viel über Politik diskutiert wurde. Weitere Mosaiksteinchen auf diesem Weg waren der ehemalige Dell-Osteuropa-Geschäftsführer und ihr Lebenspartner, der früher selbst politisch tätig war. 2012 investierte die Neos-Sprecherin für Budget, Finanzen, Landwirtschaft und den ländlichen Raum neben ihrem Job über 20.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit in die Gestaltung des Parteiprogramms. „Ich habe den Anspruch, diese Republik transparenter, fairer und zukunftsgerechter zu machen“, beschreibt Doppelbauer, was sie täglich antreibt. „Bildung ist das, was den Menschen befähigt, sich selbst eine Zukunft aufzubauen“, erklärt sie den Kern ihres Bemühens. Befragt nach den Reaktionen ihres Umfelds erzählt sie lachend: „Alle haben gesagt: Bist du wahnsinnig!“ Ihr Arbeitgeber unterstützt das politische Engagement und ruft die Mitarbeiter in Amerika dazu auf, sich politisch zu engagieren. „Die Firma ist sehr flexibel. Ich möchte mir meine Freiheit aufrechterhalten und würde meinen Job nicht aufgeben.“

Vielfalt nutzen

Doppelbauer tritt auch deshalb für mehr Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft ein. Sie ist der Überzeugung, dass es gut wäre, wenn Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen – für eine gewisse Zeit – politisch aktiv sind. „Ich habe immer sehr international gearbeitet und schätze Diversität. Man kann sehr viel lernen, wenn man zuhört und aufeinander schaut. Je mehr und bunter es wird, desto besser wird es für das Ganze“, empfiehlt Doppelbauer, ein paar Jahre lang seinen Beitrag zu leisten – ganz egal, für welche Partei, und ergänzt: „Mehr Frauen würden der Politik gut tun, aber das Umfeld ist zu schmutzig.“

Zeitalter der Frauen

Laut einer ÖGB-Aussendung verdienen Frauen in den Bezirken Grieskirchen und Eferding um 25 Prozent weniger als Männer. Hier klafft die Einkommensschere besonders weit auseinander. Doppelbauer arbeitet an der Spitze eines Computerkonzerns und steht ihre Frau im rauen Politikalltag. „Wir müssen den Mädchen Vorbildern geben und im Bildungssystem die Möglichkeiten aufzeigen.“ Bei ihrem Arbeitgeber sind Chefposten hauptsächlich weiblich besetzt. „Frauen wissen, was sie wollen oder können, brauchen aber ein System, das es zulässt. Daher müssen Männer den Wandel in der Gesellschaft unterstützen, damit das Potential der Frauen gehoben werden kann.“ Jungen Mädchen rät sie, eigene Entscheidungen zu treffen und Dinge auszuprobieren. Sie wünscht ihnen ein Umfeld, das sie bestärkt und unterstützt – wie sie es selbst im Elternhaus erfahren hat. „Man muss mutig bleiben und verstehen, dass ein Scheitern eine Bereicherung ist und kein Makel. Mit Leidenschaft kommt das Interesse. Man baut mit jeder Ausbildung Wissen auf, das einem keiner mehr nehmen kann“, kommt Doppelbauer erneut auf das Thema Bildung und seine Bedeutung zu sprechen.

Digitalisierung als Chance

Die Digitalisierung entwickelt sich rasant weiter. „Die Politik ist gefordert, die Menschen mitzunehmen, damit diese nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen erkennen und am System partizipieren können“, so Doppelbauer. Sie ist unglücklich über das föderalistische System in Österreich, das Planungen, etwa im Bereich Breitbandinternet, verzögere. Die Budgetsprecherin vermisst in vielen Bereichen den Blick nach vorne: „Es wird mehr Geld für konservierende Maßnahmen – etwa die Kurzarbeit – ausgegeben und zu wenige Mitteln für Maßnahmen raus aus der Krise. Wenn man sich die Verhältnismäßigkeit ansieht sollte man zukunftsgerichteter sein.“ Eine Gewerbeordnung aus dem letzten Jahrtausend und fehlende Investitionen in die Bildung würden laut Doppelbauer dafür sorgen, dass Innovation politisch sehr langsam vonstatten geht. „Wir müssen eine der schwierigsten Situationen lösen und dafür braucht es mutige Schritte nach vorne. Allerdings müssen wir weg vom Gießkannen-Prinzip. Das war am Anfang wichtig, aber jetzt muss man – wenn man von Generationenfairness spricht – differenzierter vorgehen. 50 Milliarden Euro werden intransparent vergeben, ohne definierte Wirkungsziele und ohne zu wissen, wer etwas bekommt oder nicht und aus welchem Grund“, fordert Doppelbauer mehr Transparenz und parlamentarische Kontrollmöglichkeiten für die Fördervergabe.

Von der Landwirtschaft leben

Die eigene Bio-Landwirtschaft wurde ressourcenbedingt vor zwei Jahren verpachtet. „Der Budget- und Landwirtschaftsausschuss nimmt viel Zeit in Anspruch. Wir bewirtschaften den Wald noch selbst und es gibt auch noch Einstellpferde“, so die ehemals passionierte Reiterin, die mit dem Wechsel nach Wien den Sport aufgeben musste. „Wir müssen es schaffen, dass die Landwirte wieder Einkommen generieren können. Wenn Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette verknüpft werden, bietet es Planungssicherheit und sorgt dafür, dass die Menschen eine Zukunft in diesem Bereich haben“, so Doppelbauer über die Zukunft der Landwirtschaft. Sie setzt sich für eine Kennzeichnung ein, die einen Hinweis auf die Tierhaltung gibt, ohne irreführend zu sein und fordert die Bevölkerung zum bewussten Konsum auf.

Keine Zeit für Hobbys

Viel Freizeit bleibt Karin Doppelbauer nicht. Diese verbringt sie am liebsten mit ihrem Partner, den besten Freundinnen, am Herd oder bei Spaziergänge mit dem Hund. „Privat würde ich die Zeit am liebsten einfrieren da ich alles habe, was ich mir je gewünscht habe.“ Über ihre berufliche Zukunft lässt sich aufgrund der rasanten Änderungen nur schwer eine Prognose stellen lässt. „Politisch ist es eine sehr herausfordernde Zeit. Wir werden aufpassen müssen, dass es zu keinen Verteilungskämpfen kommt. Wir müssen klug navigieren und es braucht politisches Leadership, um klug aus der Krise herauszukommen“, so Doppelbauer über die Ziele in diesem Bereich.

WORDRAP

Auf eine einsame Insel nehme ich mit…
meinen Liebsten, ein paar Flaschen guten Rotwein & was zum lesen
 
Ich engagiere mich für…..
ein gutes Bildungssystem für alle
 
Bedanken möchte ich mich ….
bei meinen Eltern
 
Stolz bin ich auf….
die Gründung von NEOS
 
Darüber kann ich lachen…
über mich selbst
 
Ich liebe…
gutes Essen
 
Zuletzt geweint habe ich….
vor Lachen im Kino
 
Wütend macht mich….
Ignoranz
 
Diesen Menschen würde ich gerne treffen…..
Hans Rosling **)
 
Kanzler Kurz würde ich fragen ….
wann er einen Finanzminister bestellt

Meine Vorbilder sind ….
meine Eltern, Heide Schmidt und Erhard Busek
 
Ich glaube an….
Demokratie und Rechtsstaat
 
Ich wünsche mir….
das Ende der Pandemie
 
Unbedingt lesen sollten Sie…
„Letzter Weckruf für Europa“ von Helmut Brandstätter
 
Meine letzten Worte …
Pfiat eich
 

*) EMEA ist eine aus dem angloamerikanischen Sprachraum stammende Abkürzung für den Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika. Dies entspricht dem Wirtschaftsraum Europa-Arabien-Afrika.

**) Der Schwede Hans Gösta Rosling war Professor für Internationale Gesundheit am Karolinska Institutet und Direktor der Gapminder-Stiftung in Stockholm. Er hielt weltweit Vorträge, mitunter einige TED Talks, in denen er die Verwendung von Statistiken zur Analyse von Entwicklungsproblemen bewarb. Sein posthum veröffentlichtes Buch Factfulness, welches er gemeinsam mit seinem Sohn Ola Rosling und seiner Schwiegertochter Anna Rosling Rönnlund verfasste, wurde ein internationaler Bestseller. (Quelle: wikipedia, 8.10.2020)

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