Lehrlinge gesucht

Ausbildung: Interesse ist stets am wichtigsten

Junge Fachkräfte auch weiterhin gesucht: Oftmals passen Bedürfnisse der Jugendlichen mit Arbeitsvorgaben nicht zusammen.

BEZIRKE EFERDING, GRIESKIRCHEN (jmi). Die Gastronomie ist ein hartes Pflaster. Davon kann Barbara Kocher-Oberlehner ein Lied singen. In ihrem Betrieb, dem Revita Hotel Kocher in St. Agatha, wird jedes Jahr je ein Lehrling in der Küche und im Service ausgebildet – wenn sich jemand finden lässt: "Einerseits kommen keine Bewerbungen, manche kommen gar nicht zum Vorstellungsgespräch. Andererseits merkt man teilweise, zweite Wahl zu sein, weil es für die Schule nicht gereicht hat", so Kocher-Oberlehner. Den Fachkräftemangel bestätigt das AMS: In den Bezirken Grieskirchen und Eferding gibt es gerade in der Gastronomie sehr viele offene Lehrstellen.

"Fehlendes Interesse"

Gesucht sind Lehrlinge auch in der Technik und im Handel: Thomas Hofer, geschäftsführender Gesellschafter bei Intersport Stöcker in Eferding, sucht derzeit einen Lehrling als Sportgerätefachkraft. Dieser muss sich im Verkauf auskennen, Fitnessgeräte zusammenbauen, Räder montieren und Tennisschläger bespannen. "Viele Bewerber haben kein Interesse, den Beruf auszuüben, etwa weil sie dann am Samstag arbeiten müssten. Ich habe das Gefühl, die Leute kommen an den berufspraktischen Tagen nur zu uns, weil es die Schule oder die Eltern so wollen", sagt Hofer. Er will in Zukunft nur noch jene einladen, die sich direkt bei ihm für die berufspraktischen Tage melden.

Gute Noten nachrangig

Momentan stehen Lehrstellensuchenden im Bezirk Eferding fast doppelt sowie im Bezirk Grieskirchen mehr als dreimal so viele offene Stellen gegenüber (siehe Auflistung ganz unten). Die Krux? Vielleicht bei den Bedürfnissen des Nachwuchses: "Weiterhin sind gute Erreichbarkeit, keine Arbeitszeit am Wochenende und kein Berufsschulinternat Grundbedürfnisse der Lehrstellensuchenden", sagt Franz-Reinhold Forster, AMS-Leiter in Grieskirchen. Auf Unternehmensseite komme es dabei gar nicht so auf Zeugnisse an, wie Forster ergänzt: „Jeder Jugendliche, der motiviert ist und schulisch gute Leistungen vorweisen kann, bekommt einen Lehrberuf. Die Unternehmen im Bezirk Grieskirchen sind auch zunehmend bereit, schwächeren Jugendlichen eine Chance zu geben."

Das bestätigt Hotelchefin Kocher-Oberlehner. Ein ehemaliger Lehrling, der noch "in der Hauptschule grottenschlecht" war, fand seine Berufung als Koch und schaffte es sogar bis in eine Haubenküche. "Wichtig ist, Leidenschaft mitzubringen, sich nicht abbringen lassen. Einigen Bewerbern, die wir haben, wird es teilweise vom Umfeld ausgeredet: Die Freizeit käme zu kurz, oder es sind Arbeiten zu machen, die zu doof seien", so Kocher-Oberlehner. Auch für Hofer von Intersport Stöcker ist das Zeugnis zweitrangig: "Uns ist es wichtig, sich ein Bild zu machen, wie interessiert der Bewerber an Sportgeräten und am Sport allgemein ist, außerdem, wie der Zugang zum Kunden ist." Forster appelliert an Jugendliche, bereits im Herbst mit der Lehrstellensuche zu beginnen. Laut dem AMS-Leiter sollten Unternehmen "weiterhin offen sein, auch für schwierigere Jugendliche, und die Unterstützungs- und Begleitangebote sowie Förderungen nutzen sowie Mädchen in technischen Berufen eine Chance geben".

Corona kein Einfluss auf Lehrlingssituation

Die Corona-Krise verunsicherte die Wirtschaft und viele angehende Lehrlinge. Aber: "Die Lehrbetriebe in den Bezirken Grieskirchen und Eferding suchen aktuell ähnlich viele Lehrlinge wie im Vorjahr zu dieser Zeit", sagt WKO-Leiter Hans Moser. Aistleitner kann das bestätigen, ebenso die dauerhaft "kritischen" Sparten: In Eferding stehen sehr viele Lehrstellen in den Bereichen Handel, Technik und Gastronomie offen. "Lehrlinge, vor allem in diesen Bereichen, waren vor Corona und bleiben auch nach Corona ‚Mangelware‘. Auffällig ist heuer, dass sich viele Firmen erst relativ spät dazu entschlossen haben, einen Lehrling zu suchen oder eine Lehrstelle bei uns zu schalten", so Aistleitner.

Forster berichtet: "Eigentlich hatten die Jugendlichen heuer trotz Corona-Krise bessere Chancen, einen Lehrplatz zu finden. Nur während ‚Corona 1‘, also von März bis Juni 2020, waren die Unternehmen verunsichert und haben die Zusage erst verspätet im Sommer gegeben." Weniger Schnuppertermine konnten laut Moser zwar zu Beginn von Corona vereinbart werden, das habe sich aber ab Mai wesentlich geändert. Zudem behilft sich die WKO bald mit digitalen Lehrlingsmes-sen.

Überblick: Lehrlingssituation

• Einen Überblick über die Situation gibt das AMS: Mit Ende August 2020 standen im Bezirk Eferding 36 Lehrstellensuchende 53 sofort verfügbaren Lehrstellen gegenüber. Im Bezirk Grieskirchen waren es 51 Lehrstellensuchende und 172 offene Lehrstellen.
• Trendberufe sind Kfz-, E-Techniker, Friseur sowie in den Bereichen Verkauf und Büro zu finden. Nachwuchssorgen bestehen bei Rauchfangkehrern, Spenglern, Tischlern, im Gastgewerbe und im Lebensmittelhandel. "Im Bau-, Elektro- und Metallbereich schaffen die Jugendlichen oft nicht die Anforderungen und brechen in der Probezeit ab", so AMS-Leiter Franz-Reinhold Forster.
• Informationen erhalten Lehrlinge im Berufsinformationszentrum des AMS unter Tel. 050/9044 40 oder ams.eferding@ams.at sowie ams.grieskirchen@ams.at