Sommergespräch: Da wird‘s Gefechte geben

„Der Euro wird das aushalten.“ Ernst Schöpf sieht durchaus optimistisch in die Zukunft.
  • „Der Euro wird das aushalten.“ Ernst Schöpf sieht durchaus optimistisch in die Zukunft.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

BEZIRKSBLÄTTER: Wie geht es den Tiroler Gemeinden nach der Krise?
Schöpf:
„Die Krise wurde sehr gut überstanden, obwohl es natürlich Rückgänge bei den Ertragsanteilen gegeben hat. 2008 erhielten die Tiroler Gemeinden 680 Mio. Euro, 2010 nur noch 642. Dadurch wurden weniger Investitionen getä­tigt, aber Krise im eigentlichen Sinne war es sicher keine.“

Der Stabilitätspakt wird die Gemeinden treffen. Wo kann noch eingespart werden?
„Ab 1.9. gibt es keinen Vorsteuerabzug für Kommunale Immobiliengesellschaften, Investitionen in diesem Bereich werden dadurch um 20 Prozent teurer. Auch die Immobilienertragsteuer wird die Kommunen Geld kosten. Letztlich trifft es alle, also auch die Gemeinden.“

Kritik von Ihrer Seite gibt es an der vom Land verordneten Nachmittagsbetreuung. Wo liegen die Probleme?
„Die unkoordinierte und überhastete Vorgangsweise durch Bund und Land hat zu Irritationen geführt. Die Gemeinden werden hier auf Infrastrukturkosten hängen bleiben und man denke nur an den Kindertransport bei unterschiedlichen Schlusszeiten der Betreuung. Da wird es noch Gefechte geben. Es gibt eine Anschubfinanzierung bis 2014, aber die Welt dreht sich auch dann ja weiter.“

Aber Angebote wird es brauchen, um die Abwanderung in die Städte zu bremsen. Was tut der Gemeindeverband, um den Trend zu stoppen?
„Das ist Realität, dieser Tatsache stellen wir uns schon. Wohnen und Leben muss attraktiv gehalten werden, ein Arbeitsplatz in der Nähe und Einrichtungen wie Kinderbetreuung sind existenziell wichtig. Aber Grund und Boden sowie Mieten sind am Land einfach billiger, der Ausbau der Öffis muss auch deswegen weiter vorangetrieben werden.“

Und das reicht?
„Nein, es gibt bereits Gespräche, den anstehenden Finanzausgleich in Richtung der Landgemeinden hin zu verhandeln.“

Noch sind es vier Jahre bis zu den GR-Wahlen. Zeichnet sich ein KandidatInnenengpass ab? Will überhaupt noch wer in die Gemeindepolitik?
„Die Wahlen sind noch weit weg, es denkt derzeit niemand daran. Aber es stimmt. Immer weniger Menschen wollen öffentlich arbeiten, speziell in der Politik und im politischen Umfeld. Man findet nicht mehr so leicht die Besten für diese Ämter. Das Vereinswesen funktioniert aber noch sehr gut.“

Wo sehen Sie in den nächsten Jahren die größte Herausforderung für die Kommunen?
„Es ist der Spagat, die Anspruchshaltung der Bürger mit den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden in Deckung zu bringen. Vieles wird gewünscht, manches wird länger dauern, aber manche Vorhaben wird es nicht geben. Trotzdem muss den Menschen eine gute Infrastruktur zur Verfügung stehen, eben wegen der Abwanderung in Ballungszentren.“

Nun zur Parteipolitik. Sie fordern in Abständen einen neuen Politstil der ÖVP. Wie soll der aussehen?
„Probleme, wenn man sie hat, und Herausforderungen, wenn man sie erkennt, gehören gelöst und angenommen. Da geht manches zu langsam. Das sehe ich in der Causa Agrar jeden Tag. Auch im Bereich der Wasserkraft geht wenig weiter.“

Ihr Name, der von Anna Hosp und auch Franz Fischler werden immer wieder genannt, um eine ÖVP-Gegenbewegung zu gründen. Ist etwas dran und wie konkret?
„Es gibt zurzeit weder Gespräche noch Struktur und ich lanciere das auch nicht. Freilich fällt der Name Schöpf immer wieder, aber ich habe momentan nicht die Absicht, hier voranzurudern.“

Das Gemeinderessort in der Regierung hat nun Hannes Tratter. Wäre das nicht das Ihre gewesen?
„Nein, ich habe weder damit gerechnet noch hätte ich zugesagt. Ich kenne Hannes Tratter sehr gut und er war auch im Gemeindeverbandsvorstand. Wir messen Tratter in Zukunft an den Taten.“

Warum hätten Sie abgesagt?
„Ich habe keine Lust verspürt, jetzt in die Landesregierung zu wechseln.“

Ist ein Grund Toni Steixner in der Regierung?
„Nein, Politik ist kein Wunschkonzert. Wenn man einen Auftrag bekommt, hat man zu arbeiten, auch wenn einem der Arbeitspartner nicht jeden Tag um den Hals fällt. Mit Steixner arbeiten wir in etlichen Bereichen gut zusammen.“

Wie sieht der Sommer des Ernst Schöpf aus?
„Bis etwa Ende Juli ist noch Arbeit angesagt, dann geht‘s runter vom Gas. Ich kann nicht - wie manche - jeden Tag 17 Stunden unter Dauerstrom stehen. Ein wenig Zeit für mich nehme ich mir daher schon immer wieder.“

Zur Sache:
Ernst Schöpf ist Jahrgang 1960, seit 1986 Bürgermeister in Sölden, von 1994 bis 2003 war er für die ÖVP im Landtag, unter Landeshauptmann Herwig van Staa erfolgte der Rückzug ins Ötztal. 2009 wurde er in Hall für fünf Jahre als Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes gewählt.

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