Internationales Lyrikfestival W:ORTE in Imst
Bewegende Texte und Klänge begeisterten beim großen Finale

Mit einem stimmungsvollen Abend endete das Internationale Lyrikfestival. Das Organisationsteam und die KünstlerInnen dürfen sich über viel Zuspruch freuen. v.l.n.r. Angelika Polak-Pollhammer, Obfrau Wortraum, Siljarosa Schletterer, Organisation W:ORTE, Precious Chiebonam Nnebedum, Mikael Vogel, Autor, Sara und Elias Latta, Duo Jack & Ace.
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  • Mit einem stimmungsvollen Abend endete das Internationale Lyrikfestival. Das Organisationsteam und die KünstlerInnen dürfen sich über viel Zuspruch freuen. v.l.n.r. Angelika Polak-Pollhammer, Obfrau Wortraum, Siljarosa Schletterer, Organisation W:ORTE, Precious Chiebonam Nnebedum, Mikael Vogel, Autor, Sara und Elias Latta, Duo Jack & Ace.
  • hochgeladen von Alexandra Rangger

IMST(alra) Bereits zum zweiten Mal war Imst Gastgeberort für das internationale Lyrikfestival W:ORTE. Zum Finale der Veranstaltungsreihe fanden sich wie schon im letzten Jahr zahlreiche BesucherInnen im Raika-Saal ein, um den zwei großartigen AutorInnen des Abends – Mikael Vogel und Precious Chiebonam Nnebedum sowie dem fantastischen Singer-Songwriter-Duo Jack & Ace – gebührend Aufmerksamkeit zu schenken.

2022 trafen sich erstmals LyrikerInnnen im Rahmen des Festivals in Imst und der damalige Erfolg bewies, dass das anspruchsvolle Genre auch über ausreichend interessiertes Publikum verfügt. Eine Fortsetzung wurde damals in Aussicht gestellt und erfreulicherweise mündeten die Bemühungen des Wortraum – Plattform für Oberländer Autorinnen mit Obfrau Angelika Polak-Pollhammer und des Kulturreferates im gelungenen Abschlussabend am Stadtplatz. Die Stationen der Veranstaltung sind gegenüber dem Vorjahr ausgedehnt worden, erstmals auch über die Grenzen Österreichs hinaus. Zur Begrüßung sprachen Angelika Polak-Pollhammer sowie stellvertretend für die Stadtgemeinde Imst Gemeinderat Christian Linser, der sich erfreut darüber zeigte, dass Imst erneut Gastgeber für das hochkarätige Festival sein durfte. Die Vorstellung der Vortragenden übernahm vom W:ORTE-Organisationsteam Siljarosa Schletterer.

Mit Feingespür und Ausdruckskraft

Mit Mikael Vogel, der seit 1994 in einer „ausschließlichen Schreibexistenz“ wirkt, erfolgte der Auftakt in den Abend. Der Autor lebt in Berlin und seinen Weg prägen zahlreiche Veröffentlichungen und Gedichtbände. Sein dritter und aktueller Lyrikband ist unter dem Titel „Dodos auf der Flucht: Requiem für ein verlorenes Bestiarium“ erschienen. Neben Auszügen aus diesem Buch bot der 1975 Geborene Einblicke in sein noch unveröffentlichtes Werk „Herzensbrecherin“. Er nahm die ZuhörerInnen mit auf eine Art Expedition, auf der er in tiefer Anmut der Kostbarkeit und der Vergänglichkeit von Leben und Liebe nachspürte. In seinen Texten bewahrt er vieles voller Achtsamkeit vor dem Schicksal des Vergessens. „Die Zeit hält sich nicht immer an ihre Singleauskoppelungen.“ Ob im romantischen Venedig oder nah an seltenen Kröten in Costa Rica, ob mitten in der Beziehung von Courtney und Curt (Cobain) oder unmittelbar vor Amys (Winehouse) Bühne – Mikael Vogel ist ein Meister der Beobachtung emotionaler Feinstabstufungen.„Bin jetzt ganz in meinem Element – traurig und allein.“ Er visualisiert Gedanken und greift nach Ahnungen, sein Vortrag ist sanft, nahezu meditativ – dennoch von unglaublicher Prägnanz und durchdringend. Jedes Wort trifft, trägt das Ganze, jede Betonung verleiht Kraft, selbst jede Pause hat ihre Aussage und ihren Klang. Er breitet eine große Gefühlswelt aus, die Räume der Klarheit öffnet. „Jede Liebe endet in Reichweite ihrer Erfüllung.“ Der Mikael Vogel hinterliess das Publikum leise, nachdenklich und berührt. Der Vortrag bereicherte mit dem Wissen um die Kraft von Worten, die mehr beschreiben als das Offensichtliche und die Tiefgründigkeit eines Autors, der mit Sorgfalt die Themen am Rande, Unscheinbarkeiten in die Mitte rückt und ihnen neben Gehör auch den Weg tief unter die Haut verschafft.

Mit offenem Blick und starker Botschaft

Precious Chiebonam Nnebedum ist in Nigeria und Österreich aufgewachsen. Geprägt vom Geschichtenerzählen und einer Kindheit voller Bücher, stand der Wunsch, selbst zu schreiben bald fest. Mit 17 Jahren eroberte sie sich erste Poetry-Slam-Bühnen. Es folgten zahlreiche Preise für ihre prägnante Lyrik. Die junge Autorin reflektiert in ihren Werken vielfach ihre Erfahrungen als schwarze Christin in einem vorwiegend weißen Umfeld. Im Oktober 2022 erschien ihr erstes Buch unter dem Titel „birthmarks“, an dem sie die ZuhörerInnen in Imst teilnehmen ließ. In Deutsch, Englisch und Igbo öffnete die Autorin die Tür in ihre Welt. Eine durchdringende Gefühlswelt, in der Precious Chiebonam Nnebedum sich selbst Stimme gibt und dadurch zugleich Sprachrohr für andere wird. Sie stellt große Fragen zu Themen wie Diskriminierung, Rassismus, Heimat und Wurzeln. „Where do I begin?“ Sie reicht Antworten nach, die von Mut und Respekt getragen sind. Nicht zuletzt wird jedoch deutlich, wie oft sie mit dem Fehlen von Achtung, der Zumutung von Ungerechtigkeit und Vorurteilen konfrontiert war und wie weitreichend die Folgen sein können. „Das ist, wenn ein Herz zu Stein wird.“  Ihre vom Poetry-Slam geprägte Rhythmik verstärkt die Eingängigkeit der Texte. Vielseitig ist die Autorin nicht nur, was die Sprachen angeht, die sie beherrscht – auch die Art ihres Vortrags wechselt und zwischendurch ertönt ihre sanfte Stimme gesungen. Sprachliche Barrieren gab es keine – unabhängig davon, ob jemand im Saal die nigerianische Sprache Igbo verstehen konnte – die Botschaft von Precious Nnebedum war auf der Gefühlsebene unmissverständlich, unüberhörbar. Ihr Vertrauen in die Einzigartigkeit und den „Farbenreichtum“, aus dem das Leben entsteht, brachte sie zum Schluss berührend in einer Hommage an die Schöpfung zum Ausdruck. „…denn der Tag meiner Geburt verwandelte einen stinknormalen Donnerstag in einen Jahrhundertsturm. Ich bin ein Sturm des Zeitalters und ich kann ruhen mit dem Wissen, dass mein Künstler immer noch ein Meisterwerk aus mir macht.“

Mit viel Gefühl und Tiefe

Nicht nur das gesprochene Wort bekam im Festivalprogramm seinen Raum. Mit „Jack & Ace“, einem jungen Singer-Songwriter Duo, bestehend aus Elias und Sara Latta, wurde das Niveau auch musikalisch hochgehalten. Elias Latta an Gitarre und Klavier und Sara Latta am Gesang ließen aufhorchen. Mit 18 und 20 Jahren beherrschen die Geschwister das Songwriting auf ausgereifte Weise. Mit wunderschönen, tiefgründigen Eigenkompositionen und ausgewählten Coversongs, bezaubernder Stimme und feiner instrumentaler Begleitung überraschte das Newcomer-Duo. Die Auswahl mit Titeln wie „Simple Twist of Fate“ von Bob Dylan, „Circus Child“ aus eigener Feder und „Man in the Mirror“ von Michael Jackson verwoben die jungen Talente ihre Musik perfekt mit dem lyrischen Inhalt des Abends zum feinsinnigen Stimmungsbild mit Tiefenwirkung.

Es gab viel Applaus für die achte Auflage und das gelungene Finale des W:ORTE Lyrikfestivals in Imst, das sich hoffentlich als zukünftiger Fixpunkt im Kulturprogramm der Stadt etabliert hat.

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