Der Alltag der Arbeiter bei der Munde-Verbauung

Foto: Reinstadler
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TELFS. Nicht alltäglich ist die Arbeit der neun Männer an der Südflanke der Telfer Hohen Munde – dort wo neben Widrigkeiten durch die Steilheit mit plötzlichen Wetterumschwüngen jederzeit gerechnet werden und ums Leben gerannt werden muss.

Montag, 7.45 Uhr, Leutasch. Seit zwei Stunden schon sind die Männer auf den Beinen, die meisten Arbeiter der Lawinenverbauung am Hausberg der Telfer kommen mit dem Zug aus Zell am Ziller. Es sind Pendler, deren letzter Weg mit dem Hubschrauber zurückgelegt wird, der bringt sie auf beinahe 2.600 Meter Seehöhe! Kleidung, vorgekochtes Essen von Daheim und was sonst noch bis Donnerstagabend oder Freitagmittag benötigt wird, ist schnell im Heli verladen.

Der herrliche Ausblick von oben wird bei aller Routine immer noch gewürdigt, doch jetzt hat man es eilig, denn der Hubschrauber steht bis maximal elf Uhr zur Verfügung und man braucht ihn jetzt. Die Schneenetze sind ins Lawinenanbruchgebiet anzufliegen. Die Vorarbeiten der Verankerungen im Fels wurden bereits abgeschlossen, jetzt geht es um Millimeter. Das gegenseitige Vertrauen ist die Basis für die gefährlichen Manöver. Ein kleiner Fehler des Piloten oder ein Fehltritt des Bodentrupps – nicht auszudenken!

Präzision, Vertrauen
Mittels spiegelverkehrtem Bild und seinem Funkkontakt am Boden gelingt es dem erfahrenen „Flieger“ die Lawinenwerke sicher und zielgenau zu „setzen“.

„Achtung!“ Der Schrei einer der Männer lässt alle das Steilgelände hoch blicken. Ein loser Felsbrocken stürzt nach unten auf sie zu. Weich wird er von einem der bereits errichteten Schneenetze abgefangen. Unbeeindruckt nehmen die Männer die Arbeit wieder auf und sind zwischen den Flügen sogar zu Scherzen aufgelegt. „Wir verstehen uns alle sehr gut und arbeiten schon lange zusammen. Das Vertrauen untereinander ist die Grundlage, dass „Gott sei Dank“ noch nichts passiert ist, erklären Hansjörg Fankhauser und sein Partieführer Josef Tipotsch. Doch bei aller Vorsicht gibt es Einflüsse, die nicht durch den Menschen gelenkt werden können. „Wenn die elektrische Spannung in der Luft so stark wird, dass sich die Haare an Kopf und Armen aufstellen, dann heißt es laufen!“ Blitze aus heiterem Himmel, deren Einschläge sichtbare Krater im Boden hinterlassen, sind keine Seltenheit und stellen die größte aller Gefahren dar. „Heuer hätte es fast einen aus der Riege erwischt, er wurde einige Meter zurückgeschleudert!“

Die Unterkunft, ein faradayscher Käfig, gilt es zu erreichen, bevor etwas passiert!

Seit vier Jahren spielt sich ein Großteil ihres Lebens dort ab, wo allenfalls ein paar geübte Wanderer vorbeikommen, die aber längst den Abstieg angetreten haben, wenn um 19 Uhr die anstrengende Tagesarbeit beendet wird. Dann versorgen sich die Männer auf der Munde mit dem Nötigsten. Es wird gekocht, geduscht und ferngesehen. Allenfalls über Telefon können die Ehemänner und Väter in dieser Zeit mit ihren Familien Kontakt halten. „Unsere Frauen sind zwar daran gewöhnt, aber wenn etwas Außergewöhnliches ist, sei es auch nur eine Schulaufführung, dann sind wir eben nicht da.“

Bald stellt sich die Müdigkeit des anstrengenden Tages ein. Am nächsten Morgen geht´s schon um sieben Uhr wieder durch die Steinwüste zum Bohren der vier Meter tiefen Ankerlöcher und Errichten der eigens entwickelten Arbeitsbühnen. Ihr Job auf der Munde wird erst in sechs Jahren erledigt sein, wenn 8500 Laufmeter Schneenetze und unzählige Bohranker den Ortsteil Sagl vor der Staublawine bewahren. (Text: Andrea Reinstadler)

Die Breitlehn-Lawine
Die Bahn der sog. Breitlehn-Lawine ist zwischen 2.200 m und 1.200 m Seehöhe von zahlreichen Wandstürzen geprägt und trifft diese nach 1.000 m Höhenunterschied auf die „Breitlahn“. Die Verbauungsfläche umfasst 15.8 ha (Schneenetze-Verbauungslänge ca. 8.500 m). Zur Minderung der Triebschneeverfrachtung in den Leebereich (Anbruchgebiet) der „Hohen Munde“-Südflanke wurde zwischenzeitlich eine ca. 300 m lange Treibschneeanlage von 3 – 6 m Höhe über das gesamte Gipfelplateau des Ostgipfels errichtet.

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