Medalp-Reportage
Vom Kommen und Gehen in einer Imster Privatklinik

Vier kleine Schnitte, damit die Schulter wieder so wird, wie sie sein soll. Der Patient hat gute Chancen, noch am selben Tag heimzukommen – wahrscheinlich sogar früher als sein Chirurg, Dr. Christoph Westreicher (r.) | Foto: Matt
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  • Vier kleine Schnitte, damit die Schulter wieder so wird, wie sie sein soll. Der Patient hat gute Chancen, noch am selben Tag heimzukommen – wahrscheinlich sogar früher als sein Chirurg, Dr. Christoph Westreicher (r.)
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Eine Privatklinik, die niemanden ausschließt: Vielmehr gewährt die „Medalp“ sogar Einblick – bis in den OP-Saal.

IMST. Die Pandemie ist vorbei und mit ihr das Warten: Darauf, dass es rasch wieder besser, so wird wie vorher. Im Foyer der Imster Medalp-Klinik ist es schon fast wieder so am jüngsten Freitagvormittag: Mehr Menschen sitzen wieder auf den Polstermöbeln, Masken dämpfen noch das Getuschel, die Stimmen aber sind wieder internationaler. So wie vorher, gefühlt mehr Skihotel-Lobby als Spitalsbereich, wo die Menschen warten – auf ambulante Versorgung, auf den Reha-Termin, vielleicht auf eine Operation. Platz nehmen heißt's da in der Privatklinik genauso wie anderswo auch: Nur soll alles etwas schneller gehen.

Klinik-Mitbegründer & Aufsichtsratvorsitzender: Dr. Alois Schranz | Foto: Matt
  • Klinik-Mitbegründer & Aufsichtsratvorsitzender: Dr. Alois Schranz
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Drankommen, im Optimalfall nach Minuten statt schlimmstenfalls nach Monaten: Dieses Versprechen gilt seit 2002, dem Jahr der Medalp-Gründung durch vier Ärzte, zu denen auch Dr. Alois Schranz zählt. „Wir haben einfach den Bedarf gesehen“, sagt der 64-Jährige heute, „durch den Schneesport, den Tourismus.“

Der Winter ist und bleibt so die Hauptsaison, auch in der Medalp. Jeder zweite Fall kommt von den Pisten – etwa per Helikopter, wie er am Imster Klinik-Landeplatz fünf bis zehn Mal pro Tag aufsetzt. Sölden und Mayrhofen verfügen überhaupt über eigene Standorte. Gedacht hätte sich das vor 20 Jahren niemand, sagt Schranz, der sich aber schmunzelnd an die anfängliche Skepsis erinnert: „Da hat's geheißen, wir würden uns die Fälle herauspicken wie die Rosinen. Das ist aber nicht unsere Philosophie. Wir weisen niemanden ab, schon gar nicht im Akutfall.“

Kaffee & Rock’n’Roll

Vor dem eigentlich OP-Bereich wartet die Schleuse, wo weiße Kittel gegen praktischere Berufskleidung der Chirurgie. | Foto: Matt
  • Vor dem eigentlich OP-Bereich wartet die Schleuse, wo weiße Kittel gegen praktischere Berufskleidung der Chirurgie.
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Etwa 100 Frischverletzte schickt ein typischer Wintertag in die Imster Klinik, wo untersucht und behandelt, teils auch stationär aufgenommen wird: So wie am Vorabend jener Mann, dem wir nun in den OP-Saal folgen – gemeinsam mit Dr. Christoph Westreicher, für den’s die erste Operation an diesem Tag sein wird.

Gut gelaunt zu Schichtbeginn: Dr. Christoph Westreicher, Unfallchirurg in der Medalp-Klinik | Foto: Matt
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Sein übliches Pensum seien etwa zehn Eingriffe pro Tag, fix sei aber nur der Espresso zu Schichtbeginn, verrät der 53-Jährige augenzwinkernd. Während die Kaffeemaschine also brummt und der Patient allmählich in den sanften Schlummer der Narkose fällt, wiederholt der Unfallchirurg gedanklich die Schritte der geplanten Schulteroperation, auch mittels dreidimensionaler Computer-Darstellung der ausgerenkten Schulter.

Verfahren wie die Computertomographie helfen bei der OP-Vorbereitung. Menschliches Geschick und Anpassungsfähigkeit kann die Technik aber nicht ersetzen, sagt Christoph Westreicher, Facharzt für Unfallchirurgie. | Foto: Matt
  • Verfahren wie die Computertomographie helfen bei der OP-Vorbereitung. Menschliches Geschick und Anpassungsfähigkeit kann die Technik aber nicht ersetzen, sagt Christoph Westreicher, Facharzt für Unfallchirurgie.
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Eine Pfannenrandverschraubung könnte es richten und bräuchte nur vier kleine Schnitte als Zugänge für Instrumente und eine flexible Kamera. Ein schonendes Prozedere, das aber selbst erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen viel Fingerspitzengefühl abverlangt, sagt Westreicher. Nach über 25 Jahren als Unfallchirurg und rund 10.000 Operationen geht er's gelassen an, weiß aber: „Bildhafte Diagnostik zeigt vorher, was zu erwarten ist. Wir müssen uns aber an die tatsächlichen Gegebenheiten anpassen.“ So bleibe Routinespannend, erklärt der Mediziner und lächelt: „Ja, etwas Rock’n’Roll muss auch sein.“ 

Rock plätschert dann auch tatsächlich aus den Lautsprechern im Operationssaal, manchmal ist's eher Pop. Was unverändert anhält, ist die Konzentration, die Ruhe, die Routine – vom ersten Schnitt für die Arthroskopie-Kamera und dem Öffnen weiterer Portale für die chirurgischen Instrumente, dem Bergen eines verlorenen Knochenfragments bis hin zur letztendlichen Fixierung per Verschraubung. 

Eine flexible Kamera liefert Einblicke aus dem Inneren. Einwandfrei ist die Sicht aber nicht immer, sagt Unfallchirurg Christoph Westreicher (r.). Ergänzend kommt deshalb immer wieder auch ein mobiles Röntgengerät im Operationssaal zum Einsatz. | Foto: Matt
  • Eine flexible Kamera liefert Einblicke aus dem Inneren. Einwandfrei ist die Sicht aber nicht immer, sagt Unfallchirurg Christoph Westreicher (r.). Ergänzend kommt deshalb immer wieder auch ein mobiles Röntgengerät im Operationssaal zum Einsatz.
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Hektik kommt nie auf, viel geredet wird auch nicht. Wenn, dann sind es kurze, präzise Sätze – weil alle ganz offensichtlich wissen, was zu tun ist. Das muss auch so sein: „Im Operationssaal kommt's auf jede und jeden an“, sagt Westreicher, dem der Medizinstudent Marinus Speth beim Eingriff assistiert. 

Das rechte Maß im Schlummer

Ruhig, unaufgeregt erklärt der erfahrene Unfallchirurg seinem jungen Kollegen die Abläufe und lässt ihn auch praktische Erfahrung sammeln. Sonst konzentriert sich Westreicher ganz auf sein Handwerk. Den Patienten wisse er in seiner Gesamtheit ja in besten Händen – und nicht zuletzt mit Dr. Max Schandert eben unter ständiger Beobachtung. Wenn die Narkose gewirkt hat, der Patient in tiefen Schlaf gefallen ist, hört die Arbeit eines Anästhesisten immerhin nicht auf. Nein, sie dauert den ganzen Eingriff über an, bis zum schlussendlichen Einleiten des Aufwachens: Bis dahin will der Patient in kontrolliertem Schlaf gehalten werden, seine Vitalzeichen im Auge behalten werden. 

Entspannt, wenn's der Patient auch ist: Schwester Bianca Dippl und Dr. Max Schandert, zuständig für die Anästhesie | Foto: Matt
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Dabei schaut Schandert – unterstützt in seinem Tun durch Anästhesie-Schwester Bianca Dippl – aber nicht nur auf den Monitor. Vielmehr ist ein Auge immer auf den Patienten selbst gerichtet. Sein Gesicht verrät vieles, weiß der Anästhesist und meint weniger Mimik als Farbe: Eine Rötung könne ein Zeichen sein, dass die Narkose nachzulassen beginnt – eine Blaufärbung hingegen legt nahe, dass der Mensch zu tief in den Schlaf abzutauchen, eine Unterversorgung mit Sauerstoff droht.

Eine gelungene Operation ist immer ein gemeinsamer Erfolg, ein gegenseitiges Unterstützen – ganz nah dran am Patientin ist dabei auch Schwester Lucie Hanakova (r.) als Instrumentarin, die chirurgisches Besteck reicht. | Foto: Matt
  • Eine gelungene Operation ist immer ein gemeinsamer Erfolg, ein gegenseitiges Unterstützen – ganz nah dran am Patientin ist dabei auch Schwester Lucie Hanakova (r.) als Instrumentarin, die chirurgisches Besteck reicht.
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Die Gesichtsfarbe bleibt aber gesund und rosig, der Patient ruhig – so wie alle im OP-Saal. Schwester Lucie Hanakova ist da ein weiteres Musterbeispiel. Sie reicht chirurgische Werkzeuge wie das Skalpell, aber auch den notwendigen Akkuschrauber. Als Instrumentarin ist sie ein weiteres, unterstützendes Paar an Händen, das viel zu tun hat – wie auch Schwester Martina Heel, die allerlei Aufgaben übernimmt, die zwar abseits vom Operationstisch geschehen, aber ebenso elementar für das Gelingen des Eingriffs sind.

Trägerin des schicksten Schutzmantels gegen die Röntgenstrahlung und überall dort, wo sie im OP-Saal gebraucht wird: Martina Heel | Foto: Matt
  • Trägerin des schicksten Schutzmantels gegen die Röntgenstrahlung und überall dort, wo sie im OP-Saal gebraucht wird: Martina Heel
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Privatversichert: Vorteil, aber keine Bedingung

Während die OP kontinuierlich auf ihr Ende zusteuert, schiebt Schranz, Chirurg mit 37 Berufsjahren und Chef des Medalp-Aufsichtsrates, wiederum Ambulanzdienst: Noch immer eine Leidenschaft, sagt er, der im Klinikgebäude auch eine Kassen-Praxis betreibt, gemeinsam mit Dr. Fabian Gerber. Sonst ärztlicher Medalp-Leiter im Zillertal, lenkt der 44-Jährige an diesem Tag aber als Arzt vom Dienst das Imster Geschehen: Das Kommen und Gehen, das auch das Gesundheitssystem entlaste – oft auch ohne Privatversicherung. „Wir tun alles dafür, dass es leistbar bleibt“, sagt Gerber.

Ärztlicher Leiter der Medalp-Klinik im Zillertal: Dr. Fabian Gerber | Foto: Matt
  • Ärztlicher Leiter der Medalp-Klinik im Zillertal: Dr. Fabian Gerber
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Eine private Klinik-Gruppe mit rund 250 Angestellten sei zwar auf schwarze Zahlen angewiesen, ein böses Erwachen müsse aber niemand fürchten: Auch nicht der Mann, dessen Schulteroperation dank Chirurgie, Anästhesie und assistierendem Pflegedienst erfolgreich war. Für ihn geht's noch am selben Tag nachhause. Schranz, Westreicher, Gerber und viele andere werden hingegen noch ein wenig länger bleiben: Bei den Patientinnen und Patienten. Damit es schnell wieder besser, so wird wie vorher.

Lieferten Einblick an einem typischen Wintertag in der Imster Medalp-Klinik: Dr. Fabian Gerber und Dr. Alois Schranz (v.l.) | Foto: Matt
  • Lieferten Einblick an einem typischen Wintertag in der Imster Medalp-Klinik: Dr. Fabian Gerber und Dr. Alois Schranz (v.l.)
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