Ein Leben zwischen Himmel und Hölle

Begeistern als Katharina di Medici und Nostradamus: Astrid Vosberg und Uwe Kröger. | Foto: TLT
  • Begeistern als Katharina di Medici und Nostradamus: Astrid Vosberg und Uwe Kröger.
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Großer Jubel bei der österreichischen Erstaufführung von Roger E. Boggaschs Historien-Musical „Nostradamus“ im TLT

Zuletzt hatte man den Eindruck, als ob der Triumph – und der war es – sie selbst am meisten überrascht hatte. Denn das Leading-Team kam erst nach etlichen Verbeugungen der umjubelten DarstellerInnen auf die Bühne. Und ein sichtlich ergriffener Hausherr, der die Inszenierung des gemeinsamen Musicals „Nostradamus“ quasi stellvertretend für seinen Freund und langjährigen Weggefährten Roger E. Boggasch übernommen hatte, hob gleich mehrfach die gefalteten Hände und seinen Blick nach oben. So als ob er sagen wollte: Schau her, dieser Applaus gebührt jetzt dir. Was Boggasch, der im vergangenen Jahr so erschreckend schnell und früh verschied, und Johannes Reitmeier als Librettist mit „Nostradamus“ geschaffen haben, das ist tatsächlich beachtlich. Denn schon die Geschichte allein ist ganz großes Drama, zeigt sie doch den Wahnsinn und die Bösartigkeit der Inquisition ebenso wie die grausamen Lebensumstände der frühen Neuzeit, wo die Pest mehrfach über Europa hereinbrach und die Bevölkerung regelrecht dezimierte. Und in dieser insgesamt dunklen Zeit wird Nostradamus mit seinen düsteren Visionen und Prophezeiungen quasi über Nacht zum ebenso bewunderten wie gefürchteten Star. Michel de Notredame, so sein ursprünglicher Name, war zweifelsohne eine gleichermaßen schillernde wie getriebene Figur. Gleichwohl er bereits als junger Arzt viele an Pest Erkrankte retten kann, verliert auch er seine Frau und zwei Kinder an die mörderische Seuche. Als er mehr und mehr auch als Seher von sich reden macht, steht er schon bald auf der Liste der Inquisition, findet allerdings in keiner Geringeren als der Königin selbst eine mächtige Unterstützerin.

In Johannes Reitmeiers Libretto wird der alte Nostradamus zum Erzähler seines eigenen Lebens und erkennt im Rückblick durchaus selbstkritisch die eigene Verführbarkeit durch die Macht. Roger E. Boggaschs Musik changiert dabei überaus selbstbewusst zwischen den Genres und den Zeiten. So verweben sich Opernhaftes, Sinfonisches, Madrigales mit Rock- und Jazzanklängen zu einem eindrücklichen Musicalganzen. Der Musicalexperte Jürgen Tauber hat das Werk für Innsbruck neu orchestriert, Hansjörg Sofka formt daraus ein raffiniert akzentuiertes Wechselspiel von Orchesterklang und Bandsound. Hausherr Reitmeier hat zudem mit ungemein sicherer Hand inszeniert. Da passt einfach alles: jeder Übergang, jede Lichtstimmung. Michael D. Zimmermanns Bühnenbild und insbesondere Kostüme sind eine einzige Augenweide, und Enrique Gasa Valgas effektvoll gesetzte Choreografie gibt den anspruchsvollen Chorpassagen zusätzlich szenische Kraft. Uwe Kröger spielt und singt die Titelrolle. Als gefeierter Musicalstar verfügt er natürlich über eine enorme Bühnenpräsenz, seine EnsemblekollegInnen stehen ihm gesanglich freilich in nichts nach. Wenn etwa Astrid Vosberg als Katharina di Medici nach dem Tod des Königs in der Manier einer Popdiva ihren Machtanspruch besingt, dann bleibt einem schlichtweg der Mund offen.

Wo: Tiroler Landestheater, Rennweg 2, 6020 Innsbruck auf Karte anzeigen
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