35 Jahre Kampf um die wilden Wasser

Luis Töchterle mit seinen Unterlagen, die er zur Causa gesammelt hatte
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Wer ihn nicht kennt, sollte das ändern: Den "WildeWasserWeg" in den Stubaier Alpen. Drei mächtige Wasserfälle wurden in alpiner Landschaft auf diesem Weg erschlossen: Der Grawa Wasserfall, der Mischbach Wasserfall und der Sulzenau Wasserfall. Nicht nur die Landschaft ist hier imposant, sondern auch die gesundheitsfördernde Wirkung des feinen Wassernebels am Grawa Wasserfall. Hier wurden vor zwei Jahren Holzliegen installiert, damit man die nachgewiesenen gesundheitsfördernden Effekte auf die oberen Atemwege (die Privatuniversität Paracelsus führte hier Studien durch) optimal nutzen kann. Vor 35 Jahren aber, wurde hart um dieses Gebiet gekämpft. Denn 1980 wurden erstmals Pläne zum bau eines Kraftwerks bekannt.

Kraftwerk bedrohte Wasserfälle

Was mittlerweile eine Stubaier Attraktion, Naturdenkmal und beliebtes Erholungsgebiet, ist und in das Schutzgebiet Serles/Habicht/Zuckerhütl eingegliedert wurde, war vor ziemlich genau 35 Jahren von Zerstörung bedroht. Damals erfuhr Luis Töchterle aus sicherer Quelle, dass sich zwei Stauseen einer im Hohen Moos und einer in der Sulzenau, für ein Kraftwerk in Planung befinden. Eine offizielle Information gab es nicht. Der Mischbach und Grawa Wasserfall wären versiegt und die Ruetz bis Milders praktisch trockengelegt, weil alle Seitenbäche gefasst worden wären. Töchterle, der zwei Jahre zuvor eine Stellung beim Österreichischen Alpenverein angenommen hatte, ging zwei Wochen vor den Gemeinderatswahlen 1980 – in der heißesten Phase des Wahlkampfs – mit dieser politischen Bombe im "Kontakt" (Lokalzeitung im Stubaital) an die Öffentlichkeit. Und gründete daraufhin eine Bürgerinitiative. Seine Hauptmitstreiter waren der damalige Talverbandsobmann Ander Haas und Robert Wallner. Haas schlug mit seinem ausgezeichneten Netzwerk die Brücke zu Tourismus und Politik und es dauerte nicht lange, da regte sich im gesamten Tal und besonders in der Gemeinde Neustift massiver Widerstand gegen das Projekt. Es wurden Unterschriftenlisten aufgelegt, Bürgerversammlungen durchgeführt, man ging weiter an die Medien und fuhr des öfteren nach Wien zum zuständigen Staatssekretär um dort für den Erhalt des Gebietes zu kämpfen. Mit wenig Erfolg am Anfang.
Bis die Stubaier nach einem Gutachten verlangten, einem integrierten, das auch ökologische, touristische und wasser- sowie hochwasserschutzrechtliche Faktoren berücksichtigt – ähnlich den heute durchgeführten UVPs (Umweltverträglichkeitsprüfungen). Dieses wurde 1985 vom Österreichischen Institut für Raumplanung vorgelegt und stellte ein vernichtendes Zeugnis aus: Es kam zum Schluss, dass während der Bauzeit der Tourismus im Stubaital um 30 Prozent und nach Bauschluss um dauerhaft zehn Prozent einbrechen würde. Danach wurde es ruhig um die Pläne, doch nur kurz. In den 90ern wurde eine abgespeckte Version des Karftwerks präsentiert, nur ein Stausee solle kommen.

Über Jahre für die wilden Wasser gekämpft

"Sie hatten damals schon das Equipment für Probebohrungen auf dem Parkplatz des Stubaier Gletschers gelagert. Weil uns die Gletscherbahn mit Heinz Klier voll unterstützt hat, haben wir das ganze Material in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abtransportiert und ins Falbeson gebracht", erinnert sich Ander Haas. Heute kann er schmunzeln, damals war das eine harte Geschichte, für die ein Kompagnon einige Tage ins Gefängnis musste.
Ans Aufgeben dachten die Stubaier aber nicht, im Gegenteil. Die Delegierten wurden eingalden und im randvollen Gemeindesaal bekamen sie die massive Ablehnung der Bevölkerung zu spüren. "Diese Sitzung war wohl entscheidend für den weiteren Verlauf", meint Haas heute. "Es war ein langer politischer Prozess und eine Zeit lang hat es gar nicht gut ausgeschaut für uns. Doch das ganze Tal hat sich gewehrt und dieser massive Widerstand und die Betroffenheit der Bevölkerung erzwangen schließlich das politische Zurückrudern, denn gegen das Volk zu entscheiden hat noch selten etwas gebracht", sagt Töchterle

Am 12. Juli wird neues Teilstück eröffnet

Und die Gegenwart gib ihnen Recht: Mittlerweile besuchen über unzählige Menschen jedes Jahr die Wasserfälle. Mit dem Ausbau des "WildeWasserWeg" wurde 2010 begonnen. Ideengeber für den Weg war Luis Töchterle, der die wilden Wasser für die Menschen zugänglich machen wollte. Er zeichnete auch für die wissenschaftliche Betreuung verantwortlich.
Heuer am 12.07. wird ein weiteres Teilstück fertiggestellt: Der Einstieg in den Weg ab Ranalt. Auch soll noch heuer der Grawa Rundweg eröffnet werden. Dies verdanken die Stubaier wohl der Weitsicht einer anfangs kleinen Gruppe, die sich für den Erhalt der Natur vor 35 Jahren stark gemacht hatten.

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