Gaskrise in Tirol
Aufräumen mit Mythen und Schreckensszenarien

Seit Montag liefert Russland kein Gas mehr über die Pipeline Nord Stream 1. Grund dafür sind Wartungsarbeiten. | Foto: Jens Büttner / dpa / picturedesk.com
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  • Seit Montag liefert Russland kein Gas mehr über die Pipeline Nord Stream 1. Grund dafür sind Wartungsarbeiten.
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Viele Ängste und Sorgen gehen momentan in der Bevölkerung aufgrund der Situation am Gasmarkt um. Die Regierung ruft zu Gassparmaßnamen auf, während die Nachfrage nach alternativen Energiequellen auch in der Bevölkerung das Angebot sprengt. Dass trotz des aktuellen Stopps der Gaslieferungen, mehr Gas gespeichert als verbraucht wird und Österreichs Gasspeicher verhältnismäßig gut gefüllt sind, darüber informiert die TIGAS.

INNSBRUCK/TIROL. Was in den vergangenen beiden Jahren das Coronavirus war, ist seit einigen Wochen das Gas. Die Rede ist vom Aufreger-Thema Nummer eins. Jeden Tag neue Informationen über Lieferausfälle und Schreckensszenarien ab dem Herbst bestimmen, die österreichweite Berichterstattung. Dass Österreichs Gasspeicher aktuell im Vergleich zu den Vorjahren gut gefüllt sind, und trotz Lieferausfällen mehr Gas gespeichert als österreichweit verbraucht wird, darüber liest man wenig. Womit das zusammenhängt, und warum sich Tiroler Gaskunden, obwohl sie nicht am restlichen österreichischen Gasnetz hängen, nicht davor fürchten müssen, zum Bittsteller Deutschlands zu werden, weiß Georg Tollinger, technischer Leiter der TIGAS. "Es stimmt, dass Tirol und Vorarlberg am Deutschen Gasmarkt angeschlossen sind und wenn wir Gas kaufen, dann kaufen wir das auch im Marktgebiet Deutschland. Im Sommer klarerweise weniger als im Winter. Kurzfristige Ausfälle, wie beim Strom (Stichwort Blackout), kann es hier nicht geben, da wir Gas über Druck in den Leitungen speichern und transportieren. Tirol hängt zwar nicht direkt an den österreichischen Speichern, wenn Gas aus diesen benötigt wird, was in der Regel nur im Winter der Fall ist, dann wird die entsprechende Menge einfach ins Deutsche Netz geleitet und wir holen sie auch eins zu eins aus diesen Leitungen, das funktioniert in etwa so, wie wenn sie bei einem Möbelhändler eine Couch bestellen und die nur in Wels lagernd ist. Die wird einfach von dort hierher geliefert."

Georg Tollinger ist technischer Leiter der TIGAS. | Foto: TIGAS
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Gasspeicherung Tirol

Innerhalb Tirols wird das Gas quasi in den Leitungen gespeichert. Diese wären für einen Druck von bis zu 70bar ausgelegt, aus betriebstechnischen Gründen werden sie aber nur mit 35 Bar Druck betrieben. Da die TIGAS den Tiroler Verbrauch kennt, wird täglich immer jene Menge von außerhalb eingespeichert, die den Druck konstant hält. Sollte aus technischen Gründen einmal kein Gas geliefert werden, nimmt der Druck in den Leitungen einfach ab. "Es gibt unterschiedliche Gruppen von Konsument, der private Verbraucher benötigt jedoch lediglich einen Druck von 100 Millibar. Das bedeutet, dass bei eventuell veringerten Gasmengen schon rein aus technischer Sicht kein privater Haushalt Sorge haben muss, zu frieren", sagt Tollinger. Österreichweit nehmen trotz der reduzierten Gaslieferungen aus Russland die Speicherkapazitäten täglich zu. Grund dafür sind Lieferungen aus Norwegen und die Tatsache, dass der österreichische Verbrauch im Sommer fünfmal geringer als der im Winter ist. Gespeichert wird das Gas nicht etwa in Tanks, sondern in den früheren Fördergebieten unter der Erde: "Man kann sich das vorstellen wie bei einem Bimsstein, der trocken sehr leicht ist, aber sehr viel Wasser speichern kann. Das Gas wird einfach unter die Erde gepumpt und dort mit einem Druck von bis zu 100 Bar gespeichert" ergänzt Tollinger.

Österreichs Gasspeicher sind deutlich mehr gefüllt, als im vergangenen Jahr.  | Foto: Foto: AGGM
  • Österreichs Gasspeicher sind deutlich mehr gefüllt, als im vergangenen Jahr.
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Speicher gut gefüllt

Die Gaslieferungen, die nach Österreich kommen, sind über das gesamte Jahr gesehen relativ konstant. Da der Verbrauch im Winter höher ist, wird der Überschuss im Sommer gespeichert. Die Füllstände werden tagesaktuell von der E-Control veröffentlicht und zeigen, dass die Gasspeicher aktuell deutlich mehr gefüllt sind als beispielsweise im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. "Würde der Gasstrom aus Russland vollständig versiegen, bedeutet das, dass nach aktuellem Stand die Speicher die Versorgung bis in den Winter aufrechterhalten. In Nordtirol haben wir den Vorteil, am Deutschen Netz zu hängen. Denn auch ohne Russland bekommen wir 70 % des Bedarfs, da Private Haushalte und kritische Infrastruktur, wie Krankenhäuser, nur ein Fünftel des Gesamtbedarfs ausmachen, wird es in den Haushalten nach aktuellem Stand sicher nicht kalt. Die Aufgabe der Bundesministerin wird es dann sein, zu entscheiden, welche Betriebe weiterhin Gas nutzen dürfen und welche nicht", so Tollinger. Für jeden einzelnen bedeutet das, dass es zwar Sinn macht Energie zu sparen, damit im Ernstfall genug Energie für Industrie und Wirtschaft zur Verfügung stünde, vor kalten Wohnungen braucht sich aber niemand zu fürchten.

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